Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
verändert hat“, Seamus schüttelte knapp den Kopf, als Lilian etwas einwenden wollte, „ich bin nicht blöd, ich kann Körpersprache deuten. Und zufällig treffen sie auf einen Grund, aus der Nummer auszusteigen?“
Im Laufe des Tages hatte Lilian selbst diesen Gedanken gehabt, ihn aber schnell wieder abgeschüttelt. Sie glaubte Isaak und war sich sicher, dass er sie niemals anlügen würde. Und sie wusste, wie Ninive über das alles dachte. Es blieben keine Zweifel, dass er die Korridore wirklich für einen vielversprechenden Weg hielt. Dennoch konnte sie Seamus Argwohn nachvollziehen, auch wenn sie ihn nicht duldete.
„So etwas solltest du nicht denken, Seamus“, gab sie schroff zurück. „Seine Entscheidung die Korridore zu untersuchen war richtig.“
„Das ist schön zu hören“, Seamus grinste sie an, „das bedeutet also, dass wir durchaus Hoffnung haben, Isaak auf dem Weg zur Quelle des Sangre wiederzutreffen. Du solltest also deinen Pessimismus vergessen.“
„Darauf willst du also hinaus?“, Lilian lachte und drehte sich zur Tür des Cockpits, die gerade aufgegangen war. Rasmus kam herein.
„Der Sturm nimmt zu, hm?“, fragte er zur Begrüßung.
„Ja, aber wenn wir weiter so vorwärts kommen werden wir bald wieder aus dem Sturmgebiet draußen sein. In Hamburg wird das Ausmaß deutlich schlimmer werden“, antwortete Seamus.
„Ich hoffe Ninive und die anderen überstehen das unbeschadet.“
„Keine Sorge“, mischte sich Lilian ein, „wenn sie das durchziehen, was sie sich vorgenommen haben, wird der Sturm ihr kleinstes Problem sein.“
„Was genau sind diese Korridore eigentlich?“, wandte sich Rasmus an Lilian, während Seamus seine Aufmerksamkeit wieder auf die Kursdaten richtete.
„Eine hohe Konzentration an Sangre-Energie, die so eine Art Durchgang zu einem anderen Ort öffnet. Ich kann mir das nur schwer vorstellen, aber Isaak hat es so beschrieben, als wäre es eine Art Wurmloch oder so etwas in der Art.“
„Er hat Aufzeichnungen darüber von den Children of Chou gestohlen?“
„Das hat er. Willst du sie dir ansehen?“
„Was für eine Frage“, Rasmus Augen funkelten plötzlich vor Begeisterung, etwas, das Lilian bei ihm zum ersten Mal sah. „Meine Stärken liegen in der Forschung von Texten, alten Quellen ... solche Dinge eben. Ich kann vielleicht keine Waffe richtig bedienen, aber wenn in den Aufzeichnungen etwas Hilfreiches zu finden ist, dann weiß ich das bis zum Abendessen.“
„Dann bist du mein Mann für die Recherchearbeit“, stimmte Lilian zu und zog ihr Comdevice hervor. „Ich habe dir die Freigabe gegeben.“
Rasmus nickte zufrieden und wandte sich zum Gehen ab.
„Ach Rasmus“, rief ihm Lilian hinterher, „Danke dass du mir die nervige Nachforschungsarbeit ersparst!“
Er lachte und hob die Hand zu einer knappen Geste, dann war er aus dem Cockpitbereich verschwunden.
Als die verbliebene Mannschaft später zum Abendessen zusammengekommen war, hatten sie den Sturm bereits passiert. Der Flug verlief nun wieder so ruhig, dass sie die Bewegung des Schiffs kaum spürten.
„Ich habe einiges über diese Korridore herausgefunden“, begann Rasmus nach einer Weile das Gespräch. Er war der einzige in der Runde, der Appetit zu haben schien, die übrigen aßen wenig und ohne große Begeisterung. „Die Children of Chou – oder besser: ein Mann namens Aarick Zervett hat herausgefunden, dass die Korridore ein Zugang zu temporären Orten sind, die nur so lange bestehen, wie sich jemand dort befindet. Aber es gibt offenbar immer mehr als einen Ausgang aus diesen Orten. Man kann die Korridore also als eine Art Gang zwischen zwei Orten bezeichnen, womit die Bezeichnung Korridore selbst plötzlich Sinn macht.“
„Woher hat Zervett dieses Wissen?“, fragte Seamus nach.
„Das ist mir leider nicht ganz klar, aber wenn ich mich nicht irre, dann haben die Children of Chou die Korridore bereits mehrfach durchquert.“
„Dann war Isaaks Entscheidung richtig, die Korridore zu überprüfen?“
„Ich weiß nicht. Die Aufzeichnungen sprechen von Durchgängen verschiedener Größe. Es gibt gefährliche Orte mit gefährlichen Bewohnern wie den Ossfhang und sichere Wege. Ich habe aber leider nicht herausfinden können, wodurch sich diese unterscheiden.“
„Können die Children of Chou die Korridore beeinflussen?“
„Nein, das ist eines ihrer Probleme. Dazu braucht es einen Somatoniker. Ich vermute, dass das der Grund war, warum sie Ninive auf der Mission
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