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Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Titel: Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Faras
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vorerst. Das Frühstück würde sie auch ohne überstehen.
    Als Ninive sich einen Getreidebrei in einer gesprungenen Steingutschüssel anrührte, erschien Martin draußen vor dem offenen Küchenfenster.
    „Guten Morgen, Sonnenschein!“, grüßte er gutgelaunt, und Ninive verwunderte sich selbst, als sie mit einem unbeschwerten Lächeln antwortete.
    „Auch schon auf den Beinen?“, fragte Ninive überflüssigerweise.
    „Seamus und ich werden die Nachbarschaft unsicher machen und mitgehen lassen, was uns nützlich erscheint. Genau das richtige, um wach zu werden“, antwortete Martin und fügte nach einer Pause hinzu. „Du siehst heute Morgen besonders hübsch aus, das kann nur an unserer guten Meeresluft liegen.“
    „Ich fühle mich gut“, entgegnete Ninive und überlegte, ob Verlegenheit an dieser Stelle angebracht wäre, „ich habe wohl einfach gut geschlafen.“
    „Entweder das, oder es ist Seamus modischer Kapuzenpullover“, Martin lachte und warf dann einen Blick durch den Garten, als ein kurzer Pfiff erklang. „Entschuldige mich, wenn man vom Teufel spricht ... Seamus wartet auf mich.“
    Ninive lehnte sich aus dem Fenster und sah ihm nach, wie er durch das hohe Gras den Garten verließ. Seamus wartete bereits an der Straße auf ihn. Einen Moment später waren die beiden hinter der Hecke verschwunden. Sie rührte durch den Getreidebrei und ging zur Bank vor dem Haus. Eine kühle Brise wehte durch Camaret. Ninive versuchte, das Salz aus der Luft zu schmecken. Es war eine willkommene Abwechslung zum praktisch nicht vorhandenen Geschmack des Getreidebreis. Die Morgensonne wärmte ihre nackten Füße und sie ertappte sich für einen Augenblick bei dem Gedanken, ob sie nicht doch noch etwas länger hier in Camaret bleiben könnten. Doch andererseits war sie sich ziemlich sicher, dass ihre gute Laune und Leichtigkeit daher rührte, dass sie endlich wusste, wie es weiter gehen sollte. Endlich wieder einen Weg vor Augen, wenn auch noch kein klares Ziel.
    Im Stockwerk über ihr hörte sie ein Fenster aufschwingen und kurz darauf Schritte auf den Stufen der Treppe. Dann klapperte jemand mit dem Sammelsurium aus halbwegs benutzbarem Geschirr in der Küche, bevor neben ihr in der Haustür eine Person erschien. Ninive sah auf und zur Seite. Isaak, in eine etwas zu weite Cargohose, einen löchrigen, beigen Strickpullover und schwere, offene Armeestiefel gekleidet, warf ihr einen kurzen Blick zu, bevor er seinerseits sein Essen löffelte. Ninive erwartete eine Unterhaltung, doch Isaak sagte kein Wort, also sagte auch sie nichts und hing stumm ihren Gedanken nach.
    Der Seitenblick auf Isaak hatte etwas in ihrer Erinnerung angeregt, doch es war so tief vergraben, dass sie nicht sagen konnte, was es war. Sie versuchte sich zu konzentrieren. Es musste etwas mit dem Sangre-Institut zu tun haben. Isaak war Somatoniker, doch niemand – nicht einmal Lilian – schien näheres über ihn zu wissen. Ilyena sagte, Klone reagierten eigenartig auf ihn, und Ninive fragte sich, ob das auch bei ihr der Fall war und sie es nur nicht gemerkt hatte. Andererseits hatte sie bislang nicht ein Wort mit ihm gewechselt, und obwohl Lilian ihr am Vortag dazu geraten hatte, hielt sie Ilyenas Bemerkung nun davon ab. Dann war sie der Klon, der nicht magisch von Isaak angezogen wurde. Er hatte sie holen lassen, er wollte sie hier in Camaret haben, also sollte er auch mit Informationen rausrücken, wenn er es für richtig hielt.
    „Ich wecke Lilian und Ilyena“, sagte er schließlich, ohne sich direkt an Ninive zu richten, „wir haben nicht mehr viel Zeit, wenn wir Zervett und seine Leute nicht verpassen wollen.“
    Dann war er wieder im Haus verschwunden und zu Ninives entsetzen verspürte sie so etwas wie Reue, dass sie nicht das Gespräch begonnen hatte. Sie schüttelte sich innerlich und ein Teil ihrer morgendlichen Unbeschwertheit verflog. Sie stellte zähneknirschend fest, dass sie sich in letzter Zeit selbst sehr kompliziert fand. Diese Grübeleien kannte sie vorher fast nur von Rasmus. Das Absetzen der Neurohemmer hatte Nebenwirkungen, und sie hoffte, dass sie diese im Griff behalten würde.

20 | SQUARE NICOLAY
     
    Der Square des Batignolles war fast verlassen, als Sequana um halb neun von der Transitstation kommend den Weg zum Institut einschlug. Am anderen Ende des kleinen Parks sah sie zwei Jogger, ein Stück weiter eine alte Frau auf einer Bank, die sich unter ihr blaues Regencape duckte. Sequana zog den Parka enger um sich. Sie

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