Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
doch Seamus hatte gelernt auf Nummer sicher zu gehen. Er lief die Reihen an Frachtkisten ab bis hinüber zur großen Frachtluke. Eine Bewegung in seinem Augenwinkel ließ ihn herumwirbeln, doch es war nur Ilyena, die auf ihn zukam.
„Gute Arbeit“, brachte er hervor, „hättest du die Luke nicht geschlossen, wäre der Kampf aussichtslos gewesen.“
„Es war auch so noch hart genug für euch“, entgegnete Ilyena. Seamus bemerkte ihren beiläufigen Tonfall, doch sie wirkte nicht ganz so distanziert und unbeteiligt wie sonst. Der Kampf hatte sie alle gefordert, doch noch waren sie nicht in der Luft.
„Wir müssen die Luke wieder öffnen“, entschied Seamus ruhig.
„Bist du verrückt! Die Biester werden uns überrennen. Wirf einen Blick auf unsere Armee!“ Ilyena deutete hinüber zum Jeep, aus dem Lilian gerade ausgestiegen war.
„Martin ist noch draußen, wir können ihn nicht einfach zurücklassen! Die Monster werden ihn umbringen!“ Seamus ging an ihr vorbei auf die Lukensteuerung zu.
„Wenn er schlau ist, dann hat er sich irgendwo verkrochen. Und wenn nicht, dann wird er hier niemals lebend ankommen. Seamus! Bleib stehen! Wir sind tot, wenn du die Luke öffnest!“
Seamus ging einige Schritte weiter, doch dann wurde er langsamer und hielt inne. Natürlich hatte sie Recht, das wusste er. Und insgeheim hatte er gehofft, sie würde ihn aufhalten, damit er die Entscheidung nicht alleine treffen musste. Martin war neben Lilian die einzige Person, die noch Teil seines Lebens war, der er vertraute. Schon als sie zusammen im Sec-Team waren, hielten sie sich gegenseitig den Rücken frei, und das nicht nur bei gefährlichen Einsätzen. Er hatte in dem Moment, als Martin alleine mit dem Ortungsgerät zum anderen Hangar aufbrach, gewusst, dass er ihn nicht wiedersehen würde. Doch die Gewissheit, die letzte Hoffnung auf seine Rückkehr aufzugeben indem er die Luke geschlossen ließ, war für ihn nur schwer zu ertragen.
„Geh von der Steuerung weg, Seamus, ich schalte dich aus, wenn es sein muss!“
Er drehte sich um und zog eine Braue hoch. Ilyena hatte ihre Waffe gehoben und auf ihn gerichtet. Er schüttelte den Kopf und ging an ihr vorbei zurück in Richtung des Jeeps, als er eine Gestalt hinter einem Stapel Frachtkisten verschwinden sah. Er warf Ilyena einen alarmierenden Blick zu und gab ihr ein Zeichen, sich den Kisten von der anderen Seite zu nähern. Er hob die Waffe und umkreiste einen kleinen Frachtcontainer. Vorsichtig spähte er um die Ecke. Hinter den Kisten war ein Mann in einem schwarzen Kampfanzug in die Hocke gegangen. Er hatte eine Shotgun, an der er nestelte, als hinter ihm Ilyena erschien.
Seamus trat aus der Deckung und hielt die Waffe im Anschlag. „Hey! Ganz ruhig! Hände nach oben, Waffe fallen lassen!“
Der Mann sah überrascht auf und griff reflexartig nach der Shotgun. Seamus Finger krümmte sich um den Abzug, doch bevor sich der Schuss löste, war Ilyena mit einem Satz bei dem Mann und rammte ihm den Kolben ihrer eigenen Shotgun schwungvoll an den Hinterkopf. Der Mann taumelte einen Schritt nach vorne, dann sackte er zusammen.
„Wo kommt der denn her?“, fragte Seamus und nahm seine Pistole runter.
„Keine Ahnung. Er ist aber zumindest ein Mensch“, bemerkte Ilyena überflüssigerweise und stieß den leblosen Körper vor ihr mit der Fußspitze an. „Vielleicht ist der von Zervetts Leuten?“
„Vielleicht ... komm, fass mit an, wir sollten ihn zu den anderen bringen und dann schleunigst herausfinden, ob es auf diesem verdammten Schiff eine Zelle oder abschließbare Kammer gibt.“ Seamus durchsuchte den Mann mit einigen schnellen Handgriffen nach Waffen, dann griff er einen Arm und schleifte ihn mit Ilyenas Hilfe in Richtung des Jeeps.
„Wie geht es Ninive?“, erkundigte sich Seamus bei Isaak, der vom Beifahrersitz aufgestanden war und an der Motorhaube des Jeeps lehnte.
„Sie ist nicht für den permanenten Energieeinsatz ausgebildet, sie wird etwas Schlaf brauchen. Was habt ihr da mitgebracht?“
„Keine Ahnung, der lungerte zwischen dem Frachtgut herum. Ich weiß nicht, was der hier wollte. Hat sich vielleicht vor den Ossfhang versteckt.“ Seamus legte den bewusstlosen Mann ab.
„Wo ist Lilian?“, fragte Ilyena.
„Sie ist zum Cockpit um die Startsequenz einzuleiten. Hoffen wir, dass sie das schafft. Ansonsten war unsere Mission sinnlos“, Isaak kniete sich neben dem Mann zu Boden und durchsuchte die Taschen seiner Weste.
„Und ganz nebenbei wäre
Weitere Kostenlose Bücher