Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
der Geschichte eures Projekts vor dreißig Jahren zu tun.“
„Und der andere?“
„Der andere nicht direkt. Da geht es um Ninive Solheim.“ Sequana machte nur eine kurze Pause, um Gallea nicht die Zeit zu geben, sich auf ein anderes Thema festzulegen. „Und dennoch ... Ninive Solheim, Sasha Bréa und ich haben etwas gemeinsam. Wir alle waren als Kinder hier in eurem Programm.“
„Oh Gott ...“, hauchte Gallea und sah so aus, als wolle er auf dem Sofa sitzend vor ihr zurückweichen.
„Um gleich eine Sache klarzustellen: Ich halte das, was ihr getan habt, für richtig“, teilte ihm Sequana ruhig mit. „Ich hätte es gerne auf einem anderen Weg erfahren als durch einen Journaleintrag an einen verstorbenen, aber manche Dinge kann man sich nicht aussuchen.“
„Wie kannst du das für richtig halten? Kennst du die ganze Geschichte?“, hakte Gallea nach, richtete sich dabei aber langsam wieder auf.
„Keine Ahnung. Aber es interessiert überhaupt nicht, was ich davon halte. Mir geht es darum, den Professor zu finden. Der muss mir nämlich noch ein paar ganz andere Fragen beantworten.“ Sequana seufzte. Sie hatte gehofft, ihre Informationen sparsamer einsetzen zu können. doch Gallea schien nur dann zu etwas zu gebrauchen zu sein, wenn sie reinen Tisch machte. Zumindest was ihre Vergangenheit betraf. „Sind wir hier sicher und ungestört?“, fragte sie, wartete jedoch die Antwort erst gar nicht ab. „Ich erzähle dir jetzt, was ich weiß ...“
33 | MARTIN
Es war still geworden in der Mannschaftsmesse. Nachdem Lilian das Schiff auf Kurs gebracht hatte und sie die Ortungssignatur lokalisiert hatten, die Martin an dem Schiff der Children of Chou angebracht hatte, hatte sich die Gruppe dort zum Essen eingefunden. Sie waren sich alle einig gewesen, dass Lumière an Bord nicht willkommen war, doch sie konnten ihn auch nicht ohne weiteres zurück zu den Ossfhang schicken. Immerhin hatte Rasmus berichtet, dass er durch ihn gerettet worden war. Natürlich kannte niemand die genauen Gründe dafür, und so lange sie unschlüssig waren, wie sie mit Lumière verfahren sollten, blieb er in einer verriegelten Kabine eingesperrt.
Seamus war als einziger noch in der Messe geblieben. Rasmus war ins Cockpit gegangen um die Protokolle des Autopiloten zu überwachen, die übrigen in ihre Kabinen auf dem mittleren Deck, die sie noch vor dem gemeinsamen Essen aufgeteilt hatten. Er selbst fühlte sich noch nicht bereit, den Tag zu beenden. Außerdem traute er Rasmus nicht. Er hielt ihn nicht für gefährlich, und er glaubte Ninive auch, dass er ein guter Freund war, der keine Gefahr darstellte, doch sein Auftauchen hielt Seamus für einen zu großen Zufall, als dass er ihn gleich am ersten Abend mit dem vollen Zugriff auf die Schiffssteuerung betraut hätte. Er hatte überlegt, zu ihm ins Cockpit zu gehen, doch andererseits wollte er nicht, dass sein Argwohn schon in der ersten Nacht an Bord zu Unstimmigkeiten führen könnte.
Er legte die Füße hoch und dachte an das Essen. Die Stimmung war trotz aller Strapazen des Tages und dem Verlust eines Mitstreiters euphorisch. Natürlich war die Anspannung bei jedem spürbar, und doch fühlten alle, dass sie einen wichtigen Schritt auf ihrem Weg erfolgreich gemeistert hatten. Lilian hatte sie fast das ganze Essen über unterhalten. Kaum an Bord und schon erzählte sie ihr Seemannsgarn von ihrer Kindheit in der Forschungskolonie und den Geschichten der Soldaten und Wissenschaftler, die dort stationiert waren.
Ilyena kommentierte das alles mit ihrem spärlichen aber treffenden Sarkasmus. Sie und Lilian zusammen waren äußerst unterhaltsam, solange man ihr Freund war. Er selbst konnte sich ebenfalls mit Kommentaren nicht zurück halten, doch Seamus hatte im Nachhinein oft das Gefühl, dass die Blicke und Lacher, die er erntete, mehr aus Mitleid geschahen. Er war nicht gut mit Worten, das wusste er, doch wenn er guter Laune war, vergaß er das gerne.
Ninive und Rasmus unterhielten sich anfangs untereinander, ohne die anderen einzubeziehen. Später jedoch stieg Rasmus in das Gespräch mit ein, und Seamus bewundert ihn dafür, dass er vom ersten Moment an nicht mehr wie ein Fremder in der Runde wirkte. Ninive hingegen war schweigsam, wie die letzten Tage auch schon. Sie stellte immer nur dann eine Frage, wenn es etwas wissenswertes in Erfahrung zu bringen gab. Ansonsten hatte sie aufmerksam zugehört und hin und wieder stumm gelächelt. Seamus mochte sie, doch sie schien
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