Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
Vom Netzwerk:
Birgit gefallen
würden.«
    »Ich kann sie fragen«, sagte Dr. Terlinden zurückhaltend. »Aber
ich habe nicht die mindeste Ahnung, ob und wann sie sich melden wird.«
    »Ich sag ja nur, wenn …«
    Er legte auf und widmete sich mechanisch seinem Rechner. Nach einem
routinierten Schnelldurchgang über Bild, Spiegel und RP online wechselte er schulterzuckend auf Google und gab noch einmal Birgit
Dembskis Namen ein. Man konnte ja nie wissen … Aber das Ergebnis war erneut
wertlos. 287 Treffer, allein fünfundzwanzig bei Stayfriends, die sich aber
auf nur zwei Personen bezogen, von denen wiederum mit Sicherheit keine die
Gesuchte war. Der große Rest waren Sackgassen-Links auf Verkaufs- und
»Beratungs«-Portale. Sobald man dem Pfad folgte, löste sich der Bezug zum
gesuchten Namen sofort in Luft auf. Stamm schaltete den Rechner aus und stand
auf.
    »Wenn du mich nicht mehr brauchst …«, sagte er an die Adresse der
Redaktionsleiterin gerichtet. Hanne Lohmeyer sah gar nicht von ihrem Bildschirm
auf, gab ihm nur durch ein Handzeichen zu verstehen, dass er sich verziehen
konnte.
    Er rief Eva an, um zu fragen, ob er etwas mitbringen sollte. Sie
verneinte und ordnete sein unverzügliches Erscheinen an, sie habe einen
Bärenhunger.
    Um halb sechs betrat Stamm die Wohnung. Eva stand in Schürze,
die sich dekorativ über ihren Bauch wölbte, am Herd und rührte in einem Wok
herum. Stamm umfasste sie von hinten, streichelte ihren Bauch und küsste sie
auf den Hals.
    »Stör mich nicht, das hier muss auf den Punkt gegart werden.«
    »Seit wann haben wir einen Wok?«, fragte Stamm.
    »Seit heute. Gab’s bei Tchibo. Rezepte inklusive.«
    Sie deutete mit dem Kopf auf ein Faltblatt, das neben dem Herd lag.
Stamm ließ sie los, trat neben sie und hob den Wok kurz an.
    »Ganz schön schwer«, motzte er. »Du sollst doch das Schleppen sein
lassen.«
    »Du bist schuld«, erwiderte sie. »Durch deinen indonesischen Reis
habe ich einen permanenten Heißhunger auf Asiatisch bekommen. Außerdem geht’s
mir wieder gut.«
    Stamm schnupperte und begutachtete das geschnetzelte Gemüse- und
Fleischensemble in der Pfanne. In einer sämigen, süßlich nach Knoblauch
duftenden Paste konnte er marinierte Fleischstücke identifizieren,
wahrscheinlich Pute, Paprika, Pilze, Mangoldblätter und Linsen. Linsen? Er
schaute genauer hin, aber am Rand des Woks klebten tatsächlich rote Linsen. Eva
hielt sie warm und versuchte gleichzeitig, sie vor dem Zerfall zu bewahren,
während sie von der Arbeitsplatte eine Handvoll Mungobohnensprossen in die Mitte
des Woks beförderte.
    Stamm ging um Eva herum und studierte die Ansammlung von Fläschchen,
Gläsern, Tuben und Gewürzstreuern auf der Arbeitsplatte. Vietnamesische
Fischsauce, thailändische süße Chili-Sauce, chinesische Sojasauce, indonesische
Chili-Paste, eine Tube Tomatenmark, Kurkumapulver, daneben die Schalen von
mindestens fünf Knoblauchzehen und eine Ingwerknolle, von der Eva ein paar
Zentimeter abgeschnitten und wahrscheinlich ins Curry hineingerieben hatte.
    »Kannst du mal schauen, ob der Reis gar ist?«, fragte sie
geschäftig, während sie die Platte, auf der der Wok stand, ausstellte. Stamm
hob den Deckel des kleinen Topfes daneben auf und atmete genussvoll den
parfümierten Duft von Basmati-Klebreis ein. Mit einer Gabel kostete er.
    »Perfekt«, sagte er. »Ich decke den Tisch.«
    Er schnupperte noch einmal an der Pfanne, um sich klar zu werden,
was für ein Wein passen könnte. Ein Riesling vielleicht, aber dann verwarf er
die Idee, er wollte Eva nicht ihren Lieblingswein vortrinken. Er schenkte ihr
Mineralwasser ein und genehmigte sich selbst ein Uerige. Das ging immer.
    Nach dem Essen, es war längst dunkel draußen, drehte er seine
Runde durch die Nachbarschaft. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, abends
Patrouille zu gehen, nur um sicherzugehen, dass sich niemand in der Gegend
herumtrieb, der als Stalker in Frage kam. Außerdem konnte er bei der
Gelegenheit eine rauchen. Er sah keinen Unterschied, ob er sich auf der Straße
oder der Dachterrasse mit klammen Fingern eine Zigarette anzündete. Oder zwei.
Die Abteihofstraße war wie ausgestorben. Nur auf dem Rheindeich ließen zwei
Frauen mit hochgeschlagenen Kragen einen Labradormischling und einen
Riesenpudel laufen.

ZWÖLF
    Stamm ließ den Tee viel zu lange ziehen. Nachdem er den
Frühstückstisch gedeckt und den Tee aufgegossen hatte, holte er aus dem
Briefkasten die WZ und blieb nach einem Blick auf
die Schlagzeilen des

Weitere Kostenlose Bücher