Soljanka (German Edition)
kann ich Ihnen auch nicht sagen, ob sie im Einklang mit der
Bauleitplanung stehen. Viertens: Da ich keine entsprechenden Pläne kenne, kann
ich auch keine Hilfestellung zu ihrer Realisierung leisten. Fünftens kann ich
logischerweise keinen Zusammenhang zwischen einem fiktiven Bauprojekt und einer
realen polizeilichen Ermittlung herstellen. Sechstens: Über die Eindämmung
eines Image-Schadens für die Stadt Düsseldorf sollten sich diejenigen Gedanken
machen, die diesen Image-Schaden durch unausgegorene Zeitungsberichte
herbeigerufen haben. Ich hoffe, ich konnte die Fragen zu Ihrer Zufriedenheit
beantworten, Herr Ahlemeier.«
In die Reihen der CDU -Fraktion kam
Leben. Heftiges Klopfen auf den Tischen, vereinzeltes Johlen. Ein weißhaariger
Mann im grauen Anzug meldete sich zu Wort.
»Herr Wilcke«, erteilte ihm Kostedde das Wort.
Der Weißhaarige erhob sich. »Ja, sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, wir danken Ihnen für die klaren
Worte. Sie haben die unerträglichen Unterstellungen, die in den letzten Tagen
hier und anderswo im Umlauf waren, auf eindrucksvolle Weise in die Schranken
gewiesen. Für die CDU -Fraktion war von vornherein
klar, dass diese Diffamierungen jeglicher Grundlage entbehren. Das ist hier und
heute auch den Bürgern unserer liebenswerten Stadt klar und deutlich geworden.
Mehr ist unserer Ansicht nach zu diesem Thema nicht zu sagen.«
Auch auf den Zuschauerrängen befanden sich die Kostedde-Fans
eindeutig in der Mehrheit. Stamm sah vergnügte Gesichter, das Publikum
amüsierte sich gestenreich am rhetorischen Kabinettstückchen des
Oberbürgermeisters. Stamm schielte zu Waleska hinüber. Er zeigte keine Regung,
ebenso wenig wie sein Sitznachbar. Nun bekam der Fraktionssprecher der Grünen
das Wort, ein eisgrauer Lockenkopf mit zerfurchter Stirn, der in seinem leicht
zerschlissenen, aber gut sitzenden Tweed-Sakko nach ländlichem Adel aussah.
»Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, also ich habe ja
fast ein paar Gewissenbisse, dass ich die enthusiastische Erleichterung von
Herrn Wilcke etwas trüben muss. Aber ich finde es schon leichtsinnig, wenn Sie
es sich bei diesem ernsthaften Thema so einfach machen. Es ist doch schlichtweg
unvorstellbar, dass die Zeitungsberichte, die uns in den letzten Tagen alle so
beunruhigt haben, völlig aus der Luft gegriffen sind. Herr Oberbürgermeister,
Sie haben sich in Ihren Ausführungen darauf zurückgezogen, dass das so genannte
›Russenhaus-Projekt‹ in den Berichten nicht näher bestimmt wurde. Nun,
vielleicht können wir alle gemeinsam zur Identifizierung beitragen. Ich würde
Sie daher bitten, uns einen Überblick über sämtliche Hochhaus-Vorhaben, die zurzeit
im Gespräch sind, aufzulisten. So viele können es ja in der aktuellen Marktlage
nicht sein, zumal die Standorte für solche Vorhaben im Stadtgebiet eng begrenzt
sind. Des Weiteren möchte ich Sie bitten, Stellung zum heutigen Bericht im
Magazin zu nehmen. Darin wird der Name eines russischen Geschäftsmannes
genannt, mit dem Sie in Cannes Gespräche über ein entsprechendes Projekt
geführt haben sollen. Konkret würde uns interessieren, ob Sie den dort
genannten Herrn Tutschkin kennen, und wenn ja, in welchem Stadium sich das
diskutierte Projekt befindet.«
Kostedde richtete sich in seinem Chefsessel auf und stützte sich mit
den Unterarmen auf seinem Pult ab. Er nahm den wortgewandten Grünen erkennbar
ernster als den SPD -Fraktionsvorsitzenden.
»Ich bin über Ihr Ansinnen ehrlich erstaunt, Herr Müller-Waldeck«,
begann er bedächtig. »Ich kenne Sie doch als ein insbesondere in
Planungsangelegenheiten einigermaßen informiertes Ratsmitglied. Sie müssten
doch über unsere für eine Hochhausbebauung vorgesehenen Flächen in der
Innenstadt und in Derendorf genau im Bilde sein. Die dort möglichen Projekte
wurden im Übrigen auch in der WZ alle
aufgelistet. Baureif ist davon aber nichts. Natürlich gibt es diesbezüglich
immer wieder Anfragen möglicher Investoren aus dem In- und Ausland.
Insbesondere bei einer Immobilienmesse wie der Mipim in Cannes werden
zahlreiche Gespräche geführt, das ist ja schließlich der Sinn solcher
Veranstaltungen. Ob da auch ein russischer Interessent dabei war, der womöglich
Tutschkin hieß, will ich gar nicht ausschließen. Man müsste da mal die
ansehnliche Sammlung an Visitenkarten durchsehen, die meiner Abteilung für
Wirtschaftsförderung in Cannes überreicht wurde. Ein konkretes Bauvorhaben hat
sich dabei
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