Soljanka (German Edition)
nicht aus der Ruhe bringen. »Wenn Sie auf
den Ihnen zustehenden Informantenschutz abheben, der findet im Einzelfall seine
Grenzen in den Gesetzen. Ein Recht auf Strafvereitelung haben Sie nicht.«
Stamm lenkte ein. »Ich sage ja nicht, dass ich irgendwelche Hinweise
auf den wahren Täter habe. Es geht nur um eine Entlastung von Rico Fenten.«
»Nun, wenn Sie die zurückhalten und dadurch die Wiederaufnahme des
Verfahrens, das zur Ermittlung des Täters führen könnte, unterlaufen, bewegen
wir uns schon im Bereich der Vereitelung. Das wäre gegebenenfalls gerichtlich
zu prüfen.«
Stamm seufzte und sah auf die Uhr. Fünf vor vier. »Ich glaube, diese
Diskussion führt in die falsche Richtung. Ich will ja von meinem Recht auf
Informantenschutz im Grunde gar keinen Gebrauch machen. Wenn Sie an meinen
Erkenntnissen interessiert sind, kann ich Sie Ihnen gern mitteilen. Aber können
wir das vielleicht demnächst in Ruhe machen? Ich bin nämlich gerade auf dem Weg
zu einem wichtigen Termin.«
Mit dem Handy am Ohr ging er in Richtung Rathauseingang.
»Kein Problem«, sagte Frau Eichhorn. »Nach der langen Zeit und bei
den vagen Aussichten kommt es auf ein paar Tage sicher nicht an.«
»Gut«, sagte Stamm. »Ich melde mich. Aber die andere Sache könnten
Sie mir vielleicht noch schnell mitteilen. Sie wissen schon, die Nachricht über
den Tod von Ulrich Dembski.«
»Ja nun, da gibt es nicht viel zu sagen. Frau Dembski hat uns einen
Brief der Gerichtsmedizin Salzburg vorgelegt, aus dem hervorging, dass Dembski
beim Bergbahnunglück von Kaprun umgekommen ist.«
Stamm betrat das Rathaus. »Soso«, sagte er. »Auch diesbezüglich
werde ich ein paar Neuigkeiten für Sie haben. Bis die Tage.«
Er beendete das Gespräch, stellte das Handy auf stumm und machte
sich auf den Weg zum Ratssaal.
Die Sitzung begann mit leichter Verspätung. Um sechzehn Uhr zwei
stand Stamm im Eingang und orientierte sich. Die meisten Ratsmitglieder saßen
schon auf ihren Plätzen, einige standen aber noch zwischen den Stühlen und
unterhielten sich mit wichtigem Habitus. Oberbürgermeister Achim Kostedde saß
auf seinem Vorsitzenden-Sessel und beobachtete grimmig die Szenerie. Stamm
blickte in die Runde. Der Pressetisch war gut besetzt, ein paar Plätze waren
aber noch frei. Auf den Zuschauerrängen entdeckte er eine bekannte Lederjacke
mit Pelzkragen. Wanja winkte ihm zu, als sie Blickkontakt hatten.
Stamm beschloss, die Show von der Bürgerwarte aus zu verfolgen, und
machte sich auf den Weg zu Wanja. Erst als er neben ihm stand, stellte er fest,
dass sein alter Kumpel nicht allein war. Neben ihm saß Corinna Metzger, gerade
Haltung, unbewegte Miene.
Wanja stand auf und klopfte Stamm auf die Schulter.
»Hallo, Frau Metzger, freut mich, Sie wiederzusehen. Sie erinnern
sich an mich?«
Corinna Metzger lächelte zurückhaltend und streckte ihm die Hand
entgegen.
»Corinna, ich glaub, ich muss dir was erklären. Ich hab Hans ja bei
Keilmeier als PR -Heini aus Köln vorgestellt. In
Wirklichkeit arbeitet er aber beim Magazin. Kleine Notlüge, ich wollte die
Truppe nicht unnötig verunsichern. So nervös, wie die alle sind, hätten sie
einen Journalisten in der Runde wohl kaum akzeptiert. Aber wir brauchten unbedingt
den Rat eines Kommunikationsprofis. Und auf Hans kann ich mich hundertprozentig
verlassen. Stimmt’s, Alter?«
Stamm lächelte und ließ die Finger seiner rechten Hand auf und zu
klappen. Laber du mal! Neben Corinna Metzger war ein Stuhl frei. Stamm zog
seine Jacke aus und hängte sie über die Lehne.
»Sie wirken gar nicht überrascht«, sagte Stamm, während er sich setzte.
»Bin ich auch nicht.« Sie blinzelte ihm zu, was mit ihren
verschiedenfarbigen Augen irgendwie besonders verschwörerisch wirkte. »Der PR -Anzug stand Ihnen nicht.«
»Oh«, machte Stamm, »da muss ich aber ein ernstes Wort mit meiner
Frau sprechen. Sie hat mir versichert, der Anzug sehe gut aus.«
Sie zog die Mundwinkel zu einem angedeuteten freundlichen Lächeln
hoch. »Eva ist eine außergewöhnlich nette Frau, davon habe ich mich ja auf
unserer gemeinsamen Heimfahrt überzeugt. Noch so ein Punkt, der nicht zu diesem
unseriösen Gewerbe passt.«
Stamm lehnte sich kopfschüttelnd zurück. »Da kann ich ja nur hoffen,
dass die Herren in der Runde nicht über Ihre Beobachtungsgabe verfügen.«
»Da würde ich mir keine übertriebenen Sorgen machen. Im Zweifel
waren die Herren viel zu besoffen.«
Sie wurden durch Oberbürgermeister Achim Kostedde
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