Soljanka (German Edition)
weg.
Zwischen den Reihen geparkter Autos erspähte Stamm einen
nigelnagelneuen silbernen VW Touareg, der
zur Ausfahrt raste. Stamm hatte sich wieder gefangen, orientierte sich schnell
und erspähte seinen nur ein paar Reihen entfernt stehenden Peugeot. Ein paar
Sekunden später saß er drin und jagte in ähnlichem Tempo wie zuvor der Touareg
zur Ausfahrt.
Er kam dennoch zu spät. Der SUV war
weg, Stamm hatte nicht einmal mehr erkennen können, in welche Richtung er in
den Rheinufertunnel eingefahren war. Instinktiv bog Stamm nach Norden ab. In
Gegenrichtung kam die nächste Ausfahrt erst beim Polizeipräsidium, zu weit weg,
um die Eile zu erklären. Dort hätte Wanja ohnehin keine Chance, einen Fußgänger
aus der Altstadt wiederzufinden. An der Fritz-Roeber-Straße bog Stamm nach
rechts ab und fuhr aufmerksam zurück in Richtung Altstadt. Auf der
Heinrich-Heine-Allee wälzte sich der Verkehr voran.
Weit vorn glaubte Stamm die hohen runden Rücklichter eines Touareg
zu erkennen. Er kam ihm näher. Der vermeintliche Wanja fuhr langsam, verlor
immer mehr an Fahrt, bis er in Höhe der Altstadtwache sogar auf die Parkspur
wechselte und stehen blieb. Stamm nahm Tempo raus, schließlich schlich er mit
zwanzig dahin. Er konnte nirgends anhalten, wollte Zeit schinden. Sein
Hintermann fuhr dicht auf und ging auf die Hupe.
Vor Stamm hatte sich eine Lücke von fünfzig Metern aufgetan. Er war
schon drauf und dran, rechts in die Mühlenstraße einzubiegen, um dort irgendwo
anzuhalten, als sich der Touareg in Bewegung setzte. Er nutzte die Lücke, die
Stamm gelassen hatte, um sich wieder in den Verkehr einzufädeln. Ein flotter
Taxifahrer setzte sich von der linken Spur zwischen sie. Der Touareg fuhr
langsam, als wisse der Fahrer nicht, wohin er wollte. In Höhe des Taxistandes
am Wilhelm-Marx-Haus wechselte er die Spur und reihte sich zum Linksabbiegen in
die Theodor-Körner-Straße zwischen Kaufhof und Breidenbacher Hof ein. Stamm
ließ zwei Wagen passieren und tat es dann dem Touareg gleich.
Die Ampel sprang auf Grün, aber der VW fuhr fast schon provozierend langsam. Stamm fuhr dicht auf seinen Vordermann
auf, damit er die Ampelphase nicht verpasste. Er bog noch bei Dunkelgelb ab.
Jetzt hatte er freie Sicht auf den Touareg. Er rollte im Schritttempo auf die
rote Ampel an der Kö zu. Als dritter Wagen blieb er stehen.
Das Fenster der Fahrertür glitt nach unten. Ein Kopf beugte sich
halb heraus und suchte offensichtlich Kontakt zu jemandem auf der anderen
Straßenseite. Stamm ließ das Fenster geschlossen. Er hätte ohnehin keine Chance
gehabt, etwas von dem zu verstehen, was Wanja der unsichtbaren Person zurief.
Die Ampel wechselte auf Grün, die Autokarawane setzte sich langsam in Bewegung.
Ein Fußgängerpulk überquerte die Kö, sodass die Rechtabbieger warten mussten.
Im Vorwärtsrollen schielte Stamm nach links. Hinter dem
Baustellenzaun vor dem Kaufhof stand Corinna Metzger neben einer schwarzen
Mercedes-S-Klasse und beobachtete den Haupteingang des Breidenbacher Hofes. Auf
dem breiten Bürgersteig vor dem legendären Luxushotel, das vor ein paar Jahren
mit Ölgeld aus Kuwait neu erbaut worden war, parkten zwei weitere Limousinen
des gleichen Typs. Drei sportliche junge Männer in eng sitzenden dunklen
Anzügen standen rauchend neben dem Hoteleingang – offensichtlich Chauffeure,
die auf ihre Fahrgäste warteten. Corinna Metzger hatte ihn nicht gesehen.
Nachdem Wanja vorbei war, hatte sie nur Augen für den Hoteleingang. Stamm
schlüpfte wieder bei Gelb durch. Die Anspannung wich.
Ganz egal, was Wanja vorhatte, auf der Kö, wo man ohnehin meistens
nur Schritttempo fahren konnte, würde er ihm nicht entwischen. Aber Wanja hatte
das erkennbar auch gar nicht vor. Er suchte offenbar einen Parkplatz, auf der
Kö um diese Zeit eigentlich ein hoffnungsloses Unterfangen. Vor der Dresdner
Bank nutzte Wanja eine Stelle, die nicht durch Poller abgeriegelt war, um auf
den abgeflachten Bürgersteig zu stoßen. Keine Chance, hinter ihm stehen zu
bleiben. Da die Ampel an der Benrather Straße gerade grün war, gab Stamm Gas,
um schnell an dem Touareg vorbeizurollen. Im Rückspiegel konnte er noch
erkennen, dass Wanja keine Anstalten machte auszusteigen.
Stamm bog rechts ab, und ein paar Meter weiter gleich wieder in die
Breite Straße. Er kurvte einmal um den Block und stieß wieder zur Kö. Vor dem WZ -Center quetschte er sich mit seinem kleinen Peugeot
auf der linken Straßenseite eng neben die schräg geparkten Autos.
Weitere Kostenlose Bücher