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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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Die Fahrspur
blieb so breit genug, und er hatte Wanjas Touareg bequem im Blick.
    Fast eine halbe Stunde lang passierte nichts. Dann leuchteten die
Rücklichter des Touareg plötzlich auf, gefolgt vom Rückfahrscheinwerfer.
Rücksichtslos stieß Wanja zurück in den Verkehr. Ein BMW musste scharf bremsen und bedankte sich mit einem Hupkonzert. Stamm war schon
unterwegs. Drei Wagenlängen hinter Wanja bog er in die Benrather Straße ab,
dann in die Breite Straße, wo er Vollgas geben musste, um mit Wanja
mitzuhalten. Sie jagten über die Einmündung der Trinkausstraße hinweg, dann bog
Wanja in Rallye-Manier nach rechts in die Theodor-Körner-Straße ab.
    Stamm nahm Gas weg, erwischte die Ampel aber auch noch bei Grün –
und ging sofort auf die Bremse. Der Touareg stand auf der toten linken Spur
hinter der Baustelle vor dem Kaufhof. Corinna Metzger rannte, das Handy in der
Hand, um die Motorhaube herum, riss die Beifahrertür auf und sprang hinein.
Noch bevor sie die Tür zugezogen hatte, gab Wanja schon wieder Gas. Er nutzte
die Lücke im Verkehr, die ihm Stamm verschafft hatte.
    Über die Kö hinweg ging es mit hoher Geschwindigkeit über die
Blumenstraße. An der Johanneskirche bog der Touareg links ab und nahm abrupt
Tempo weg. Sie unterquerten den dem Abriss geweihten Tausendfüßler, und durch
die gespenstische Kulisse der gigantischen Baustellen der Wehrhahn-U-Bahn-Linie
und des Kö-Bogens ging es auf die Hofgartenstraße. In normalem Tempo folgte
Stamm dem Touareg bis ins Zooviertel. Sie passierten den Brehmplatz, und kurz
danach bog der Touareg rechts ab.
    Stamm hielt Abstand, trotzdem konnte er erkennen, dass vor
Keilmeiers Villa zwei Männer aus einem Taxi stiegen. Wanja hielt an und setzte
rückwärts in eine Parklücke. Stamm musste vorbeifahren, wenn er nicht auffallen
wollte. Er blickte ostentativ nach links, als er den Touareg passierte. Das
Taxi war inzwischen wieder losgefahren, die beiden Männer standen vor der Tür
zu Keilmeiers Haus.
    Auf die Entfernung war es schwer, sie genau zu erkennen, aber Stamm
glaubte, dass es sich um Waleska und seinen unbekannten Sitznachbarn handelte.
Stamm fuhr bis zur nächsten Einmündung und stellte den Peugeot ab. Er lief
zurück und hatte im Schatten eines Hauses freie Sicht auf Keilmeiers Villa und
Wanjas Touareg. Wanja und Corinna Metzger waren offenbar im Wagen sitzen
geblieben. Jedenfalls sah Stamm sie nicht.
    Geschlagene zwanzig Minuten harrte er in der feuchten Kälte aus. Eine
Kirchenglocke läutete sechs Uhr. Er freundete sich gerade mit dem Gedanken an,
nach Hause zu fahren, als wieder Leben in die bis dahin beinahe ausgestorben
wirkende Friedrich-Springorum-Straße kam. Ein dunkler Mercedes rollte heran und
hielt vor Keilmeiers Haus. Eine schlanke Gestalt im Anzug sprang aus dem Fond
heraus und eilte zur Haustür. Achim Kostedde. Sein scharfes Profil mit der
markanten Brille wäre selbst in einem Scherenschnitt eindeutig zu erkennen
gewesen.
    Die Tür öffnete sich, der bullige Bauunternehmer streckte dem
Oberbürgermeister die Hand entgegen. Anscheinend hatte der Stadtrat nicht mehr
viel zu beraten gehabt.
    Stamm wartete ein paar Minuten, dann holte er sein Handy heraus und
rief Wanja an.
    »Grüß dich«, meldete sich Wanja. Er hatte Stamms Handynummer
offenbar eingespeichert.
    »Warst ja schnell weg vorhin. Zeit für eine kleine Nachschau?«
    »Ja klar, bin jetzt wieder frei, war nur ein bisschen im Stress. Ein
kleines Date, das ich aber schon wieder hinter mich gebracht hab. Ich nehme an,
ich habe nicht mehr viel verpasst?«
    »Nein, gar nichts, die Luft war ja raus. Inzwischen ist die ganze
Sitzung zu Ende.«
    »Hab ich mir gedacht.«
    Stamm grinste vor sich hin. »Und, wie fanden wir denn unseren
Oberbürgermeister?«
    »Abgefuckt wie immer. Das ist ja das Tragische, dass er im Rat keine
ernst zu nehmenden Gegner hat. Deshalb hatte ich mir von der Sitzung ohnehin
nicht viel versprochen.«
    »Wir sind so schlau wie zuvor, was!«
    »So mehr oder weniger.«
    »Mhm, hab mich nur ein wenig gewundert, dass Waleska da war.«
    »Wieso?«, sagte Wanja. »Der ist doch ganz heiß drauf, dass sein
Entwurf gebaut wird. Da will er natürlich auf dem Laufenden sein. Allerdings
wird ihm die Sitzung auch nicht viel gebracht haben.«
    »Nee, wahrscheinlich nicht. Kanntest du eigentlich den Typen, der
neben ihm saß?«
    War da ein Zögern? Es kam Stamm so vor. Aber vielleicht spielte
Stamm auch nur die Erwartung einen Streich.
    »Was für ein Typ?«, fragte Wanja

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