Soljanka (German Edition)
recht
überlege, ich würde Sie beide umbringen.«
Stamm spürte, wie sich Evas Hand in seine krallte. Er streichelte
ihren Handrücken. Es sollte beruhigend wirken, war aber eher mechanisch.
»Eine ausgesprochen schlechte Idee«, sagte Stamm. Er konnte nicht
verhindern, dass der Kloß in seinem Hals seine Stimme holpern ließ. »Sie können
sich doch wohl denken, dass ich meine Erkenntnisse sicher hinterlegt habe. Wenn
mir etwas passiert, kommt alles raus.«
Tutschkin streckte den Unterkiefer vor. »Nein«, sagte er nach kurzem
Zögern. »Das kann ich mir eigentlich nicht denken. Wann wollen Sie das denn
getan haben?«
»Ich hatte in München etwas Zeit totzuschlagen.«
Tutschkin musterte Stamm lange und dachte nach.
Schließlich sagte er: »Ich bin ein wenig neugierig. Holen Sie mal
Ihren Laptop heraus.«
Stamm schluckte, sah aber schnell ein, dass es wenig Sinn hatte zu
blocken. Er machte Anstalten aufzustehen. Tutschkins Körper spannte sich sofort
an.
»Mein Laptop ist in der Reisetasche«, sagte Stamm.
Tutschkin nickte. Stamm ging zur Tür, kramte das Macbook aus der
Tasche, kehrte zurück zum Sofa und bootete. Er öffnete das Dokument, das er in
München angelegt hatte, und hielt Tutschkin den Rechner hin.
Während der Russe las, lauerte Stamm auf einen Moment der
Unaufmerksamkeit, doch Tutschkin unterbrach seine Lektüre alle zwei Sekunden
durch einen Blick über den Bildschirm. Als er fertig war, legte er den Rechner
sachte auf den Couchtisch.
»Nicht uninteressant, was Sie sich so zusammenfabuliert haben«,
sagte er. »Leider ist aber Ihre Phantasie ein wenig mit Ihnen durchgegangen.
Ich wüsste im Übrigen auch nicht, wie mir das schaden sollte.«
»Nein? Jetzt bitte ich Sie aber, Herr … Wie soll ich Sie eigentlich
nennen? Tutschkin? Dembski? Ackermann? Oder haben Sie noch mehr Namen?«
Tutschkin musterte ihn schweigend. »Die Polizei interessiert sich sowieso schon
für Sie wegen dieser Sache mit dem Privatdetektiv Nellissen. Was meinen Sie,
wie die Phantasie mit den Ermittlern der Mordkommission erst durchgeht, wenn
sie lesen, mit wem sie es wirklich zu tun haben? Ein Mann, der seinen eigenen
Tod vorgetäuscht hat und seit Jahren unter falscher Identität lebt. Und dann
die ganzen früheren Ermittlungen in Mecklenburg, die nur wegen des vorgeblichen
Todes des Verdächtigen eingestellt wurden. Ganz zu schweigen von den anderen
seltsamen Todesfällen aus der Vergangenheit, Rico Fenten, van Wateren, Josef Müller.
Also ich finde, das gibt auch diesem Immobilienkrimi hier so richtig Drall.«
Tutschkin schüttelte energisch den Kopf. »Wissen Sie was, Herr
Stamm, Sie haben ’ne richtige Meise. Mit all diesen Fällen habe ich nicht das
Geringste zu tun. Rico Fenten hat sich aus Reue über die Vergewaltigung meiner
Tochter umgebracht, Josef Müller ist bei einem Autounfall gestorben, und was
mit van Wateren passiert ist – nicht die blasseste Ahnung. Das ist einfach nur
hanebüchen.«
Stamm beugte sich vor. »Dann lassen Sie es doch darauf ankommen und
stellen sich.«
Tutschkin lächelte. »Nun, das werde ich ganz sicher nicht tun.
Allein schon wegen dieses Herrn hier.« Er warf Cordes’ Leiche einen kurzen
Blick zu.
»Da würden wir Sie sogar dabei unterstützen, wenn Sie auf
Hilfeleistung und Notwehr plädieren.«
Tutschkins Lächeln wurde breiter. »Sehr nobel, aber ich fürchte, ich
muss Ihr Angebot ausschlagen. Nein, je länger ich darüber nachdenke, desto mehr
komme ich zu dem Schluss, dass die beste Lösung wirklich darin besteht, Sie
beide umzubringen. Dann ist auch dieser lästige Bericht aus der Welt.« Er
zeigte auf den Laptop.
»Da muss ich Sie enttäuschen«, sagte Stamm heiser. Er räusperte den
Kloß im Hals weg. »Ich habe ihn per E-Mail verschickt. An meinen Anwalt und an
Thilo Bach.«
Das brachte Tutschkin doch noch aus der Fassung. »Thilo Bach?« Er
spuckte den Namen regelrecht aus. »Was zum Teufel hat der damit zu tun?«
Eva war bei Tutschkins Ausbruch aufgeschreckt. Dann sackte sie
wieder zusammen und wand frierend ihre Arme um ihren Oberkörper. Stamm
versuchte weiterhin, Ruhe auszustrahlen.
»Na ja, der hat doch eine gewisse Erfahrung darin, Sie mit brisanten
Infos in Schach zu halten.«
Tutschkins Blick schweifte für kurze Zeit ab. »Thilo Bach«, seufzte
er. »Für den sollten Sie sich lieber mal im Zusammenhang mit Rico Fenten
interessieren.«
»Wieso?«, fragte Stamm.
»Kleiner Tipp von mir. Natürlich nur für den Fall, dass ich mir für
die Situation
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