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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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Ecken, die ihn reizten, aber … ein andermal.
    Das Wetter hatte umgeschlagen. Wässriger Schneeregen rutschte
langsam auf der Windschutzscheibe hinunter. Er überlegte, die Pressestelle der
Polizei in Rosenheim noch einmal anzurufen, um die Stelle von Josef Müllers
Unfall präziser zu erfragen, kam aber zu dem Schluss, dass ihn das auch nicht
weiterbringen würde. Er suchte sein Flugticket heraus, fand in den Unterlagen
eine Telefonnummer von Air Berlin und rief an. Einen früheren Flug ab Salzburg
gab es leider nicht. Er wollte das Gespräch schon beenden, als ihm bei einem
flüchtigen Blick auf die immer noch aufgeschlagene Karte auffiel, dass München
nur unwesentlich weiter entfernt war als Salzburg.
    »Kann ich auf München umbuchen?«, fragte Stamm.
    »Ich schau mal«, sagte die freundliche Air-Berlin-Mitarbeiterin, und
nach zwanzig Sekunden bot sie ihm einen Platz in der Neunzehn-Uhr-Maschine ab
München an. Ankunft in Düsseldorf um zwanzig Uhr fünfzehn, fast zwei Stunden
früher als aus Salzburg, und er konnte die Zeit bis zum Abflug in seinem
schicken Mietwagen auf der Straße totschlagen.
    »Sehr schön«, willigte Stamm ein.
    Er rief noch bei Europcar an und teilte mit, dass er den Wagen in
München abgeben werde. Dann fuhr er los, bog ein paar hundert Meter weiter in
Richtung Kufstein ab, und nach knapp dreißig Kilometern fuhr er auf die
Autobahn in Richtung Rosenheim auf. Halb vier hatte er schon die Ausläufer von
München erreicht und hatte sogar noch Zeit für ein gemütliches Helles bei
Pschorr am Viktualienmarkt. Es wurden dann sogar zwei, und Stamm nutzte die
Zeit, seine Erkenntnisse zu ordnen, indem er sie in seinen Laptop eingab. Dann
fuhr er zum Franz-Josef-Strauß-Flughafen hinaus.

SIEBZEHN
    Um fünf vor neun hielt das Taxi, das Stamm am Flughafen
genommen hatte, an der Abteihofstraße. Stamm streckte sich gähnend, nachdem er
ausgestiegen war. Er sah dem wendenden Taxi nach und ging nach Hause.
    »Hallo Schatz, ich habe eine Maschine früher genommen«, rief er,
während er die Wohnungstür hinter sich schloss.
    Er wunderte sich ein wenig, dass Eva nicht antwortete, aber als er
aus der Diele ins Wohnzimmer trat, wunderte er sich noch mehr. Eva saß
unbeweglich auf dem Sessel, die Hände in die Armlehnen gekrallt und starrte ihn
an. Aber das war nicht die Überraschung. Sie war nicht allein.
    Neben dem Sofa lag ein Mann in grotesker Haltung, halb auf dem
Rücken, halb auf der Seite, der linke Arm verdreht unter dem Körper, der rechte
schlaff herabhängend, ein Bein gerade auf dem Parkett liegend, das andere
angewinkelt darüber. Am ungesündesten sah der weit in den Nacken überstreckte
Kopf aus. Aber Stamm war augenblicklich klar, dass sich sein Vermieter Günter
Cordes um seine Gesundheit keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Er blieb in
der Tür stehen.
    »Wollen Sie nicht erst mal reinkommen?«, fragte eine Männerstimme.
Sie kam von rechts aus dem Off. Stamm drehte den Kopf und blickte in die
Mündung einer ziemlich großen Pistole. Über ihr ein bekanntes, wettergegerbtes
Gesicht. Der Mann, den Stamm vom Ratssaal aus zu Keilmeiers Villa und zurück
zum Breidenbacher Hof verfolgt hatte, trug eine khakifarbene Jacke mit
Coyotenkapuze. Auch dies ein Déjà-vu, aber Stamm kam nicht sofort darauf,
woher. Die Pistole machte eine unmissverständliche Bewegung in Richtung Zimmer.
    »Am besten setzen Sie sich neben Ihren Ex-Vermieter.« Der Mann
sprach schleppend und emotionslos.
    Stamm fand keinen vernünftigen Grund, sich der Aufforderung zu
widersetzen. Er konnte den Blick nicht von Cordes’ Leiche abwenden. Am Körper
war keine Wunde zu sehen. Es war auch kein Blut geflossen. Das Gesicht sah
gleichwohl furchtbar aus. Die Augen rot und verquollen, die Gesichtszüge durch
die starke Überdehnung nach hinten zu einer Fratze verzerrt.
    »Ja, ja«, sagte Coyotenkapuze. »Man glaubt es kaum, aber Ihr
ehrenwerter Vermieter war ein ziemlich böser Junge. Schreibt Ihrer hübschen
Frau so hässliche Briefe, und dann will er ihr auch noch wehtun. Ein Glück,
dass ich zufällig vorbeigekommen bin. Sie hat sich ja bewundernswert tapfer
gewehrt, aber ich weiß wirklich nicht, wie das Ganze ausgegangen wäre. Wollen
nur hoffen, dass die Aufregung Ihrem Baby nicht geschadet hat.«
    Stamm sah zu Eva hinüber. Sie saß immer noch wie erstarrt da. Stamm
rückte auf dem Sofa rüber und ergriff ihre Hand. Coyotenkapuze beobachtete ihn
aufmerksam, unternahm aber nichts, um die Aktion zu unterbinden.
    »Frau

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