Soljanka (German Edition)
hier doch noch einen Plan B überlege.«
Stamm starrte den Pseudo-Russen an. »Als Rico Fenten starb, war
Thilo Bach meines Wissens noch gar nicht nach Waren zurückgekehrt.«
»Sagt er vielleicht. Aber ich weiß es besser.«
Stamm versuchte, sich die Chronologie der alten Vorkommnisse in Erinnerung
zu rufen.
»Selbst wenn«, sagte er schließlich. »Was sollte er für einen Grund
gehabt haben, Fenten was anzutun?«
»Fragen Sie ihn. Wenn Sie sich genau so viel Mühe geben wie bei mir,
finden Sie es vielleicht heraus. Aber das alles ist ja letztlich wohl doch
müßig.«
Er nahm den Laptop wieder an sich und führte ein paar Operationen
durch, ohne Stamm und Eva länger als ein paar Sekunden aus den Augen zu lassen.
Schließlich legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
»Wie ich es mir gedacht habe. Keine E-Mail an irgendeinen Anwalt
oder an Thilo Bach.«
»Ich habe sie gelöscht«, sagte Stamm.
»Glauben Sie doch selbst nicht.«
»Die E-Mails laufen über das Redaktionskonto des Magazins. Ich
wollte nicht, dass Unbefugte sie lesen. Außerdem hatte ich in München auch
reichlich Zeit, um zu telefonieren. Glauben Sie’s oder lassen Sie’s sein. Ihr
Risiko.«
Tutschkin knabberte an der Unterlippe. Lange. Sehr lange.
Schließlich sagte er: »Ich glaube Ihnen zwar immer noch kein Wort,
aber es ist wohl trotzdem das Beste, wenn wir zu meinem ursprünglichen Plan
zurückkehren, wenn auch unter etwas anderen Vorzeichen. Hören Sie mir bitte gut
zu! Ein Fehler Ihrerseits, und Sie werden Ihr Baby niemals kennenlernen. Ich
werde jetzt mit Frau Vossen eine kleine Reise unternehmen. Das schöne
Bauprojekt kann ich angesichts der Situation zwar nicht mehr retten, aber ein
paar Scherereien werde ich mir schon ersparen können. Sie werden, sobald wir
weg sind, zwei Stunden still halten. Dann können Sie die Polizei rufen. Den Tod
Ihres Vermieters nehmen Sie auf sich. Erzählen Sie die Stalker-Geschichte! Frau
Vossen ist wegen Ihrer Dienstreise aus Sicherheitsgründen zu Verwandten oder so
gefahren. Als Sie zurückgekehrt sind, haben Sie Ihren Vermieter in Ihrer
Wohnung überrascht. Es kam zum Kampf. Dabei ist er zu Tode gekommen. Wir werden
da gleich etwas arrangieren. Über mich kein Wort! Glauben Sie mir, ich verfüge
über gute Quellen bei der Polizei. Ich würde sofort erfahren, ob nach mir
gesucht wird. Das wäre nicht gut für Frau Vossen. Wenn ich in Sicherheit bin,
werde ich sie freilassen. Was Sie danach erzählen oder schreiben, ist mir egal.
Alles verstanden?«
Eva starrte Tutschkin erschrocken an. Stamm legte den Arm um sie.
»Kommt nicht in Frage«, sagte er. »Die Aufregung würde sie …«
Tutschkin schnitt ihm das Wort ab. »Stopp! Dies ist kein
Verhandlungsangebot. Es wird gemacht, wie ich gesagt habe. Sonst …« Er richtete
die Pistolenmündung auf Stamms Kopf.
Eva schrie leise auf.
»Still!«, knurrte Tutschkin. »Gehen Sie lieber in die Küche und
holen Sie ein Küchenmesser her. Das größte, das Sie haben.«
Eva sah Stamm ängstlich an. Er streichelte ihr Gesicht und nickte
ihr zu. Sie stand langsam auf und ging auf wackeligen Beinen in die Küche. Kurz
danach kam sie mit einem Fleischmesser in der Hand wieder. Tutschkin holte
Lederhandschuhe aus seiner Jacke und zog sie an.
»Fassen Sie es an der Schneide und geben Sie es mir!«, sagte er. Sie
folgte dem Befehl zögernd. »Schneller, verdammt noch mal! Wir müssen das hier
allmählich zu Ende bringen.«
Eva stolperte fast, brachte dann das Messer doch noch zu Tutschkin.
Dann flüchtete sie sich wieder zu Stamm auf das Sofa. Tutschkin ging mit dem
Messer zu Cordes, kniete sich neben ihn hin und wischte das Messer ausgiebig an
der Strickjacke, der Hose und dem entblößten Unterarm des Leichnams ab. Dann
stand er wieder auf und winkte Stamm zu sich.
»Was haben Sie vor?«, fragte dieser, während er sich langsam vom
Sofa erhob.
»Wir müssen was für Ihre Glaubwürdigkeit tun. Es wird ein bisschen
weh tun, aber das nehmen Sie für Ihre Frau doch sicher gern auf sich.« Als
Stamm weiter zögerte, wurde Tutschkin ungeduldig. »Jetzt haben Sie sich mal
nicht so! Einen kleinen Pieks werden Sie doch wohl vertragen!«
Stamm kam langsam näher. Tutschkin bedrohte ihn mit der Pistole in
der linken Hand und dem Messer in der rechten. Mit einer schnellen Bewegung
stach er Stamm in den Arm. Zufrieden betrachtete er den Blutstropfen auf der
Spitze des Messers.
»So, jetzt umfassen Sie die Schneide«, sagte Tutschkin. Und als
Stamm abermals
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