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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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Vossen steht anscheinend immer noch ein wenig unter Schock«,
nahm er den Faden wieder auf. »Wer kann es ihr verdenken?« Er betrachtete Eva
und Stamm mit einem Lächeln, das offensichtlich so etwas wie besorgtes
Wohlwollen ausdrücken sollte. Als Stamm nicht reagierte, gefror es allmählich
zu einem Ausdruck aufgesetzter Enttäuschung.
    »Also zumindest einen Hauch von Dankbarkeit hatte ich mir für meinen
Einsatz schon erhofft«, murrte Coyotenkapuze, aber er wirkte immer noch
amüsiert.
    »Sie halten mir eine Pistole unter die Nase«, sagte Stamm. »Und in
meiner Wohnung liegt eine Leiche. Da können Sie ja wohl keine Begeisterung
erwarten. Ich weiß ja noch nicht einmal, wer Sie sind.«
    Coyotenkapuze hörte auf zu lächeln. »Jetzt wollen wir aber mal nicht
übertreiben, Herr Stamm. Ich bin über Ihre Aktivitäten in den letzten Tagen
ganz gut im Bilde. Versuchen Sie bitte nicht, mich zu verarschen. Das ist so
eine Saite, auf deren Anschlag ich höchst empfindlich reagieren kann.«
    Stamm hob die Hände und nickte. »Ich versichere Ihnen, dass mir ganz
und gar nicht nach Verarschen zumute ist. Ich vermute, dass Sie Viktor
Tutschkin sind.«
    »Schon besser.« Tutschkin legte wieder sein wohlwollendes Lächeln
auf.
    »Sie sprechen akzentfrei Deutsch«, stellte Stamm fest.
    »Danke für die Blumen«, sagte Tutschkin. »Wir hatten gute Ausbilder
beim KGB .« Er musterte Stamm lauernd.
    » KGB «, murmelte Stamm.
    Er bemühte sich, seinen Tonfall mit Ehrfurcht zu versehen. Tutschkin
ließ es dabei bewenden, aber die Art, wie er auf die Uhr sah, wirkte
beunruhigend. Stamm versuchte, das Gespräch in Gang zu halten.
    »Ehrlich gesagt, hätte ich mir nie träumen lassen, dass wir mal von
der profunden Ausbildung des KGB profitieren
könnten. Was ist hier eigentlich genau passiert?« Sein Blick pendelte von
Tutschkin zu Eva und zurück. Tutschkin ließ sich darauf ein und sah Eva
erwartungsvoll an.
    »Wollen Sie oder soll ich?«, fragte er.
    Eva brachte immer noch kein Wort über die Lippen.
    »Nun gut«, seufzte Tutschkin, »dann will ich das mal aus meiner
Sicht schildern. Ich wollte Frau Vossen einen Besuch abstatten. Auf meine
Gründe können wir ja gleich noch zu sprechen kommen. Also ich verschaffe mir
Zugang zum Treppenhaus, und schon beim Raufgehen merke ich, dass da etwas im
Gang ist. Ich weiß natürlich nicht genau, was da vorher vorgefallen ist, aber
ich kann es mir lebhaft ausmalen. Frau Vossen hat Ihren Vermieter offenbar
dabei überrascht, wie er einen neuen Brief unter die Tür geschoben hat. In
einem Anflug von Tapferkeit hat sie die Tür geöffnet und den Stalker mit einer
Dose Pfefferspray im Anschlag gestellt. Leider konnte sie ihn aber nicht sofort
außer Gefecht setzen. Ihr Vermieter hat sich gewehrt und war gerade dabei, Ihre
Freundin zu überwältigen. Sehr schäbig, konnte man sich gar nicht ansehen. Eine
schwangere Frau … Da habe ich eingegriffen.«
    »Und ihn mal eben umgebracht«, entfuhr es Stamm.
    »Nun ja, ich habe ihn vielleicht ein wenig grob angefasst. Kann im
Eifer des Gefechts mal passieren. Ich bin ein wenig aus der Übung. Aber wir
wollen andererseits auch keine Krokodilstränen vergießen. Viel entscheidender
ist ja die Frage, wie wir weiter verfahren. Sie haben die Dinge ein wenig
durcheinandergebracht. Ich hatte eigentlich erst in zwei Stunden mit Ihnen
gerechnet. Da wäre ich normalerweise längst mit Frau Vossen über alle Berge
gewesen.«
    Stamm musterte Tutschkin fasziniert. »Sie haben in zwei Stunden mit
mir gerechnet? Haben Sie meinen Terminkalender gehackt, oder was?«
    »Ach, kommen Sie, Herr Stamm, ersparen wir uns doch die
Albernheiten. Wenn Sie schon verdeckt auftreten, sollten Sie wenigstens nicht
den Namen Ihrer Freundin verwenden. Und dann hat ja Frau Juraschek auch noch
dieses hübsche Foto von Ihnen geschossen, das keinen Zweifel mehr an Ihrer
Identität zuließ.« Er lachte kurz auf. »Nur wie gesagt, vor acht Uhr geht
meines Wissens keine Maschine von Salzburg nach Düsseldorf.«
    »Ich habe umgebucht auf München. Ich war so geschockt von den
schlimmen Nachrichten über Ulrich Dembski, dass ich die Berge nicht mehr
genießen konnte.«
    Tutschkins Blick ruhte für ein paar Sekunden wieder ausgesprochen wohlwollend,
ja regelrecht entzückt auf Stamm. Dann leckte er sich über die Lippen und
schüttelte bekümmert den Kopf.
    »Wie auch immer, jetzt haben wir die Situation, und wir müssen
überlegen, wie es weitergeht. Das Einfachste wäre, wenn ich es mir so

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