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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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seinem grob nadelgestreiften nachtgrauen Sakko strahlte
Korn wie immer eine geradezu einschüchternde Stilsicherheit aus.
    Er erhob sich, kam um den Schreibtisch und schüttelte Stamm die
Hand. »Da wären wir wieder einmal«, sagte er, »und wie es aussieht, erneut
nicht unter allzu erfreulichen Umständen.«
    »Nein, das kann man wirklich nicht sagen. Was macht der Nachwuchs?«
    »Ach, fragen Sie nicht. Mein Sohn ist letzte Woche fünfzehn
geworden. Ganz furchtbares Alter.«
    »Bahnte sich da nicht eine vielversprechende Fußballkarriere an?«
    »Hatte ich auch gedacht. Ich wollte ihn vor zwei Jahren bei Fortuna
anmelden, aber er hat nur geweint. Fragte mich, ob ich wirklich will, dass er in
der dritten Liga versauert. Er wollte zu Schalke. Aber die meinten, er wäre
schon zu alt.«
    »Ach du je!«
    »Ja, ja, war ein ziemliches Drama. Er hat dann die Lust am
Fußballspielen verloren. Hängt nur noch am Computer rum. In ein paar Jahren
werden Sie nachempfinden können, wovon ich spreche.«
    »Wie’s aussieht, kriegen wir eine Tochter.«
    »Na, da wird manches einfacher, aber wenn Sie schlau sind, legen Sie
schon mal einen Sparplan auf. Da werden Ausgaben auf Sie zukommen, von denen
Sie jetzt noch keine Vorstellung haben.«
    »Werd’s mir zu Herzen nehmen.«
    Korn ging wieder zu seinem Platz und machte Stamm ein Zeichen, sich
zu setzen. »Lassen Sie uns gleich anfangen, Sie sehen ja, dass ich in Arbeit
ersticke.« Er wies auf seinen Schreibtisch, auf dem an einem Rand ein
säuberlich aufgeschichteter, knapp zehn Zentimeter hoher Stapel Papier lag. So
sah Stamms Arbeitsplatz nach der jährlichen Generalausmistung aus.
    »Okay«, setzte Korn an, »Sie sagten, dass Sie Anton Nellissen
kannten.«
    »Nein«, entgegnete Stamm, »ich sagte nur, dass er für uns ein paar
Nachforschungen anstellen sollte. Kennengelernt habe ich ihn nie.«
    Korn runzelte die Stirn. »Moment, nur damit ich das richtig
verstehe: Sie haben Nellissen einen Auftrag erteilt, ohne ihn zu kennen?«
    »Genau genommen habe ich ihm nicht einmal einen Auftrag erteilt. Ein
Bekannter von mir, der Nellissen kannte, hat das für mich erledigt. Es sollte
so eine Art Gefallen sein. Ich hab das so verstanden, dass Nellissen einen
größeren Auftrag in einer anderen Angelegenheit erhalten hat, und dass er
nebenbei, wenn seine Zeit es erlaubt, auch ein wenig bei uns nach dem Rechten
schaut. Ich könnte mir eine ausgedehnte Überwachung unseres Hauses doch gar
nicht leisten. Das Problem ist nur, dass ich bei diesem Arrangement auch nicht
über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten wurde. Ich weiß deshalb
nicht einmal, ob Nellissen überhaupt mal an der Abteihofstraße war. Und wie Sie
mir schon am Telefon angedeutet haben, wissen Sie es leider auch nicht.«
    Korn schürzte die Lippen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Lassen Sie uns eins nach dem anderen machen! Ich will erst die
Umstände dieses Quasi-Auftrags verstehen. Was war das für eine andere Sache, in
der Nellissen ermitteln sollte.«
    »Genaues weiß ich nicht darüber. Muss irgendeine Baugeschichte
sein.«
    »Okay. Und wie genau sind Sie in den Genuss dieser außergewöhnlichen
Vergünstigung gekommen?«
    »Ein alter Bekannter von mir war mir noch einen Gefallen schuldig.
Nichts Besonderes eigentlich. Wir sind nur irgendwann zufällig auf diesen
Stalker zu sprechen gekommen, und da fiel ihm ein, dass ein Bauunternehmer, den
er kennt, gerade die Dienste eines Privatdetektivs in Anspruch genommen hatte.
Er wollte mal schauen, ob er etwas für uns tun kann.«
    »Mhm«, machte Korn. »Kennen Sie den Namen des Bauunternehmers?«
    »Keilmeier.«
    Korn nickte vor sich hin. »Und wann war das?«
    »Eine Woche, zehn Tage, so was. Warten Sie, am vorletzten Sonntag,
als wir dieses Glatteis hatten.«
    »Okay, und in dieser Zeit haben Sie nichts von Nellissen gehört?«
    »Nein, ich habe mich auch, ehrlich gesagt, nicht mehr darum
gekümmert. Ich konnte ja keine Ansprüche stellen, und eigentlich war ich auch
nicht besonders optimistisch, dass die ganze Aktion etwas bringt.«
    Korn beendete eine Notiz und nutzte die kurze Pause zum Nachdenken.
Schließlich fragte er: »Hat sich in diesem Zeitraum der Stalker noch einmal
bemerkbar gemacht?«
    Stamm nickte. »Gestern hatten wir wieder einen Liebesbrief. Eva war
ziemlich aufgelöst, weil das Arschloch den Umschlag unter der Tür
durchgeschoben hatte. Ich habe ihn mitgebracht.«
    Er griff in seine Jackentasche und schob Korn den Umschlag

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