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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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erzählt, wenn man ihm den Witz erklärt und wenn er den Witz versteht);
    seitens des Gutsherrn, der zweimal lacht (wenn man ihm den Witz erzählt und wenn man ihm den Witz erklärt – denn verstehen wird er ihn nie);
    seitens des Offiziers, der einmal lacht (wenn man ihm den Witz erzählt – denn erklären läßt er sich ihn nicht und verstehen wird er ihn nicht); und schließlich seitens des Juden.
     
    In Rosinkess mit Mandlen , der unvergleichlichen, jiddisch transkribierten Anekdotensammlung, die Salcia Landmann als eine ihrer drei Quellen angibt, steht diese klassische Geschichte an führender Stelle, unter dem Titel ›Wi wer lacht‹. In der höchst verdienstvollen, von Dr. May Präger und Dr. Siegfried Schmitzbesorgten Auswahl aus dieser Sammlung erscheint sie geradezu als Motto, unter dem Titel ›Wie sie lachen‹. Bei Salcia Landmann, die diese Auswahl nicht als Quelle angibt – und man muß sich fragen, was da wohl unverzeihlicher wäre: daß sie die deutsche Bearbeitung ihres wichtigsten Quellenmaterials nicht kennt oder daß sie ihre Kenntnis verschweigt –, bei Salcia Landmann also kommt jene klassische, von beiden Sammlungen mit gutem Grund als tonangebend vorangestellte Geschichte erst ganz zum Schluß, auf Seite 510 . Sei’s drum. Wer kein Gehör hat, braucht keine Stimmgabel anzuschlagen. Ferner verwandelt sich der vielsagende Originaltitel bei Salcia Landmann in die wässerige, nichtssagende Präambel: ›Die Ostjuden pflegen zu behaupten.‹ Das erträgt man schon etwas schwerer. Denn weder handelt es sich um eine ›Behauptung‹, noch liegt der mindeste Anlaß vor, gerade hier auf die ostjüdische Provenienz hinzuweisen, die ja bei gut drei Vierteln aller in diesem Buch enthaltenen Anekdoten gegeben ist. Und vollends unerträglich wird’s bei der Pointe. Sie lautet im Original (d. h. sowohl bei Obvanger wie bei Präger-Schmitz):
     
    Erzählst du aber einem Juden einen Witz, so unterbricht er dich: ›Ach was, ein alter Witz!‹ –
und er kann ihn dir besser erzählen.
     
    Bei Salcia Landmann lautet sie:
     
    Erzählt man aber einem Juden einen Witz, so sagt er: »Den kenn’ ich schon!«, und erzählt dir einen noch besseren.
     
    Nein! Nein!! Erstens ›sagt‹ er nichts, denn das würde bedeuten, daß er den Witz bis zum Ende anhört – er ›unterbricht‹ ihn. Zweitens erzählt er keinen ›noch‹ besseren Witz, denn daswürde bedeuten, daß er diesen hier für gut hält – er hält ihn aber für schlecht. Und drittens erzählt er überhaupt keinen ›besseren‹, denn das würde bedeuten, daß er einen andern erzählt – er erzählt aber den gleichen Witz anders, weil er überzeugt ist, ihn besser erzählen zu können. In dieser rechthaberischen Überzeugung, in dieser Ungeduld, mit der er dem Partner dazwischenfährt, liegt ja das eigentlich Jüdische der Geschichte, liegt die ganze Atmosphäre, die ganze Pointe. Sie hat unter Salcia Landmanns mörderischem Zugriff gleich dreimal ihre Seele ausgehaucht.«
     
    Ich kenne sogar einen Witz, er gehört eigentlich in die Kategorie Elefantenrüssel-Witze, da basiert die Pointe darauf, dass der Witz, weil er auf einmal in eine Art Notsituation gerät, die gute Pointe vermeidet und eine schlechte riskiert, die dann die gute übertrifft. Klingt geschwollen? Ja. Also hier der Witz, der gut ist, weil er schlecht erzählt ist.
    Oder: Versuchen wir es anders! Witzeerzähler sollten sich das Sprichwort vor Augen halten, das da lautet: »Im Hause des Gehenkten spricht man nicht vom Strick.« Da man selten in Häuser der Hinterbliebenen von Gehenkten eingeladen wird, auch weil die Todesstrafe abgeschafft ist, lautet die Regel etwa so: Bevor du einen Stottererwitz erzählst, überleg, ob der Hausherr der Runde oder ein Gast ebenfalls ein Stotterer ist.
    Man kann den Stier auch bei den Hörnern fassen und etwa so mit einem Witz beginnen: »Obwohl Ihr Sohn die größten Segelohren hat, die ich je gesehen habe, erzähle ich jetzt einen Witz von einem Mann mit Segelohren.« Man kann! Aber es gehört Todesmut dazu!
    Merkwürdigerweise erzählen Leute mit Mundgeruch (zu Zeiten, als es den noch gab, sei hier beschwichtigend ergänzt) mit Vorliebe Witze von Leuten mit Mundgeruch. Sie beherzigen ein anderes Sprichwort nicht (auch eine Regel für den Witzeerzähler), nämlich das vom Glashaus: »Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen schmeißen.« Schmeißen oder werfen? Schmeißen!
    Nun aber der schlecht erzählte Witz in einer

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