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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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Situation, die peinlich zu werden droht.
     
    Auf einer privaten Gesellschaft werden, üblicherweise zum Kaffee und Cognac nach einem guten Essen, Witze im Wettbewerb zum Besten gegeben. Beflügelt von einem anderen Elefantenwitz, legt ein Gast, ohne zu überlegen, nach: Kennt ihr den vom Elefanten am Nil? Nein! Also der geht so:
     
    Ein Elefant stapft am Nil entlang, es ist heiß und trocken.
    »Moment«, unterbricht ihn ein Gast, »am Nil gibt’s doch gar keine Elefanten, die leben doch im Urwald.«
    Dessen Frau Käthe unterbricht ihren Mann, missmutig. »Nun sei doch kein so grässlicher Pedant wie immer, lass doch den Herrn Karasek seinen Witz erzählen.«
    »Na gut, ich sag ja nur so«, grummelt gekränkt der zurechtgewiesene Ehemann.
    Der Witzeerzähler blickt sie dankbar an und fährt fort.
    »Also, trottet ein Elefant am Nil entlang, es ist heiß und trocken« − er unterbricht sich und blickt den Mann an, der ihn unterbrochen hat –, »es ist übrigens ein afrikanischer und kein indischer Elefant, und am oberen Nil können durchaus Elefanten entlanglaufen, das nur zu deiner Korrektur!
    Also stapft ein Elefant am Nil entlang, es ist heiß und trocken, und er hat Durst, also geht er näher ans Ufer, streckt seinen Rüssel ins feuchte Nass und will sich Wasser zum Trinken schöpfen« – er wendet sich wieder zu dem Mann, der ihn unterbrochen hat. »Elefantentrinken nämlich nicht durch den Rüssel, eher mithilfe des Rüssels …
    Also schöpft Wasser, will Wasser mit dem Rüssel schöpfen. Da taucht ein Krokodil auf, beißt dem Elefanten den Rüssel ab und fängt furchtbar zu lachen an:
    Ha ha ha uahaha!
    Darauf der Elefant, ohne Rüssel, gleichsam durch die Nase:
    Daff find ich aber gar nifft komiff.«
    Aber noch bevor der Mann diese Worte mit dem S-Fehler herausgebracht hat, fällt ihm, zu seinem Glück, wie er denkt, im letzten Moment ein, dass der Hausherr den gleichen Sprachfehler hat, also keine S-Laute aussprechen kann, sondern nur »auffpreffen«, wie der lädierte Elefant im Witz, und er versucht verzweifelt, die Kurve zu kriegen.
    Also erzählt er: »Das Krokodil beißt dem Elefanten den Rüssel ab und lacht grauenerregend komisch: Uaahahähaha!
    Und der Elefant läuft weg und läuft und läuft.
    Darauf sagt der Hausherr: Daff find iff aber gar nifft komiff!«
     
    »Das find ich aber gar nicht komisch!« ist übrigens dieselbe zurechtweisende, korrigierende Bemerkung wie die: »Soll das ein Witz sein?« Das sagen Mütter, wenn Kinder eine Schlammschlacht in ihrem Zimmer angerichtet haben, oder Frauen, die ihren Mann bei einer Umarmung der besten Freundin in ihrer Küche ertappen.

DER JÜDISCHE WITZ
    In den Sechzigerjahren, als es den Deutschen im Zuge des Auschwitz-Prozesses und anderer Prozesse und Veröffentlichungen über die Verbrechen des Holocaust allmählich dämmerte, dass sie Urheber oder mindestens Teilhaber eines der schrecklichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte waren, erhielt die bis dahin verdrängte Vergangenheit einen Namen: Auschwitz. Damals leistete sich Henryk M. Broder einen sarkastischen Witz:
     
    »Die Deutschen werden uns Juden Auschwitz nie verzeihen.«
     
    Broder leugnet bescheiden, der Urheber dieses Satzes zu sein, und da ja Witze meist »Volksgut« oder frei wie ein »Volkslied« sind, also Allgemeinbesitz, mag man ihm diese Bescheidenheit gerne zugestehen. Apropos Volkslied. Die Nazis haben Heines »Loreley«-Gedicht zum Volkslied umorganisiert, damit nicht mehr ein Jude als sein Autor galt. Um es zu verbieten, war es viel zu populär. Ich begnüge mich mit der Feststellung, dieser Satz ist die Essenz eines jüdischen Witzes. Er ist der jüdische Witz schlechthin. Er zeigt, was es heißt, das »auserwählte Volk« zu sein. Der Witz ist voller sardonischer Selbstaggression, die seit der Aggressivität der Umwelt, der Zerstörung des Tempels und der Zerstreuung der Juden in alle Welt zur Geschichte der Juden gehört, zu ihrer Religion, ihrem Schicksal, ihren Verfolgungen.
     
    In der antisemitischen christlichen Tradition, nach der die Juden ja den christlichen Gottessohn umgebracht haben, spielt eine verhängnisvolle Rolle, dass der Verräter (der andererseits für den Ablauf der Heilsgeschichte unentbehrlich ist, weil die Christen ohne Jesu Tod ja gar nicht hätten erlöst werden können) ausgerechnet Judas heißt. Auch darüber gibt es einen Witz über das letzte Abendmahl.
     
    Jesus sagt beim letzten Abendmahl zu seinen Jüngern:
    »Dies ist mein

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