Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
Fahrgast, sieht dessen Fahrkarte und sagt:
»Mein Herr, Sie sitzen im Eilzug. Sie haben aber nur eine Karte für den Personenzug. Sie müssen nachzahlen.«
Darauf Itzig: »Wozu? Fahren Sie doch einfach langsamer. Ich habe Zeit.«
Manchmal können Eisenbahnwitze auch recht kurz sein. Und diese Kürze behandelt das ganze Elend der Welt.
Zwei Juden sitzen in einem Eisenbahnabteil.
»Oj«, seufzt der eine.
»Ojojojoi«, seufzt der andere.
Sagt der erste: »Mein Herr, hören wir besser auf, über Politik zu reden.«
Schließlich noch der von zwei Schwarzfahrern, die der Schaffner unter der Bank hervorholt.
»Haben Sie doch bitte ein Einsehen«, bettelt der eine. »Meine Tochter feiert Hochzeit in Lemberg. Sie ist mein einziges Kind, und ich hab kein Geld für eine Fahrkarte.«
Der Schaffner kratzt sich am Kopf und wendet sich dem anderen zu.
»Und Sie?«, fragt er.
»Ich bin sein Schwager. Er hat mich zur Hochzeit eingeladen.«
Ein weiterer Witz unter dem Motto »Schicksale unterwegs«:
In der Eisenbahn, auf der Strecke nach Przemyśl, sitzt ein nobler Herr in einem Abteil und liest Zeitung. Da steigt ein Vater mit seinen vier kleinen Söhnen ein, und sofort ist es mit der Ruhe zu Ende. Die Kinder balgen sich, lärmen, schubsen und toben durch das Abteil.
Der Zeitung lesende Herr wendet sich an den Vater und sagt:
»Könnten Sie bitte Ihre Kinder zur Ruhe bringen?«
Nichts passiert. Die Kinder lärmen weiter und benehmen sich schlimmer als zuvor. Darauf blickt der feine Herr zornig über seine Zeitung und sagt:
»Mein Herr, die nächste Station ist Przemyśl. Der Bahnhofsvorstand dort ist mein Freund. Da werden Sie Ihr blaues Wunder erleben.«
Der Vater der Jungs erwidert: »Mein Herr, mein Jüngster hat kurz nach dem Einsteigen die Fahrkarte verschluckt. Ich habe kein Geld, um eine neue zu kaufen. Meine Frau ist mir mit meinem Prokuristen durchgebrannt und hat mir die vier Jungs überlassen. Ich habe Syphilis und nur noch kurze Zeit zu leben – und keine Arbeit. Und als Sie eben den Bahnhof Przemyśl erwähnten, habe ich bemerkt, dass ich in einen Zug in die falsche Richtung eingestiegen bin. Nun sagen Sie mir: Was soll mir schon noch in Przemyśl passieren?!«
Einmal passiert Löwenthal im Zug die deutsch-französische Grenze.
Der Zöllner: »Haben Sie was zu verzollen?«
Löwenthal: »Nein.«
Zöllner: »Und was ist in der Flasche hier?«
Löwenthal: »Wasser aus Lourdes.«
Der Zöllner öffnet die Flasche und riecht daran. »Das ist französischer Cognac«, sagt er streng.
»Nanu«, staunt Löwenthal. »Schon wieder ein Wunder!«
Der folgende Graf-Bobby-Grenzwitz scheint mir auch aus einem jüdischen Witz nach Österreich ausgewandert zu sein.
Fährt Graf Bobby (also Löwenthal) von Wien nach Budapest. Die Zöllner kontrollieren sein Gepäck. Im ersten Koffer: lauter Butterbrote drin. Im zweiten Koffer: lauter Butterbrote drin. In der Reisetasche: wieder lauter Butterbrote.
Sagt der Zöllner: »Es ist zwar nichts zu verzollen, aber warum haben Sie so viele Butterbrote bei sich?«
Sagt Graf Bobby (Löwenthal): »Was mein Freund Esterházy (Levy) in Budapest ist, der sagt: ›In Budapest kannst a Frau für aan Butterbrot haben.‹«
Eine Krönung der Eisenbahnwitze ist für mich der folgende, der wieder vom »Klären«, vom Zu-Ende-Denken handelt, was im Jüdischen auch »Ausrechnen« heißt.
Der Krämer Amschel aus dem galizischen Sambor ist geschäftlich in Wien. Als er sich auf dem Bahnhof die Rückfahrkarte kaufen will, vernimmt er, wie ein elegant gekleideter Herr vor ihm ebenfalls ein Billett nach Sambor verlangt. Er glaubt, er habe sich verhört – was sollte ein so vornehmer Herr in Sambor verloren haben? Doch tatsächlich steigt der Herr in denselben Zug ein. Die Sache lässt Amschel keine Ruhe, er beginnt zu kombinieren:
Was hat der Herr in unserm gottverlassenen Nest zu suchen? Vielleicht ist er auf Brautschau? Kaum. Der einzige vermögende Mann bei uns ist Simon Stern, und der hat seine Jüngste vor zwei Jahren verheiratet. Geschäfte? Was kann man bei uns schon für Geschäfte machen! Plötzlich geht dem Krämer ein Licht auf: Natürlich, das ist es! Pinkas Berger, der alte Fuchs, hat zum dritten Mal Bankrott erklärt. Zweimal ist er mit heiler Haut davongekommen, diesmal sieht’s brenzligaus. Also braucht er einen guten Rechtsanwalt. Aber kann er sich das leisten – einen Anwalt aus Wien? Amschel klärt weiter:
Stimmt …
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