Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
ich möchte stattdessen einen Likör.«
Nachdem er den Likör ausgetrunken hat, verlässt er die Konditorei. Der Ober kommt ihm nachgelaufen.
»Mein Herr, Sie haben den Likör noch nicht bezahlt.«
»Ich habe Ihnen doch dafür den Apfelkuchen zurückgegeben.«
»Den hatten Sie auch noch nicht bezahlt.«
»Nu, hab ich ihn denn gegessen?«
Um ihre Identität in der Fremde zu bewahren, hielten die Juden in Osteuropa, wo sie immer noch keine Rechte hatten, an ihrem alten Glauben und dessen Traditionen fest. So drehen sich die meisten Witze um die Religion, um den Rabbi, um die Eheschließung. Dazu gehören vor allen Dingen die Witze vom »Schadchen«, dem Heiratsvermittler, der das Eheschließen zum Geschäft machte, was es heute durch Annoncen, durch das Internet, durch Heiratsagenturen etc. immer noch vorwiegend ist. Natürlich haben die vermittelten Bräute im Witz meist einen Haken. Wenn sie reich sind, sind sie nicht schön.
Der kürzeste Heiratsvermittlerwitz ist der, dass der Schadchen dem Bräutigam zum ersten Mal seine Braut vorstellt und der ganz erschrocken flüstert: »Um Gottes willen, sie schielt, hat einen Buckel und hinkt.«
Worauf der Schadchen sagt: »Sie können ruhig laut sprechen. Schwerhörig ist sie auch.«
Im folgenden Witz weist der Heiratsvermittler seinen Sohn in das schwierige Geschäft des Verkuppelns ein.
Er sagt dem Sohn: »Es wird Zeit, dass du etwas lernst. Begleite mich auf meinen Geschäftsbesuchen, damit du weißt, wie man es macht. Du musst wissen, ein Heiratsvermittler darf, ja muss übertreiben. Wenn ich eine Partie anpreise, dann wirst du mich unterstützen und sie noch mehr als ich loben.«
Der Sohn sagt, das hat er begriffen. Als Erstes besuchen sie einen jungen Mann, und der Vater beginnt: »Das Mädchen ist aus gutem Hause.«
Darauf der Sohn: »Aus gutem Hause? Von Adel ist sie, von höchstem Adel.«
»Und sehr gebildet ist sie«, fährt der Alte fort.
»Gebildet ist gar kein Ausdruck«, sagt der Sohn, »an drei Universitäten hat sie studiert.«
»Hat sie Geld?«, fragt der Freier.
»Sie kommt aus einer sehr reichen Familie«, sagt der Vermittler.
»Reich?«, ergänzt der Sohn. »Ihr Vater ist Millionär!«
»Oh Gott«, meint der Freier, »bei so vielen Vorteilen wird sie mich am Ende gar nicht nehmen wollen.«
»Nu«, sagt der Alte, »es gibt da auch einen kleinen Schönheitsfehler. Sie ist nicht ganz gerade gewachsen, sie hat gewissermaßen einen Buckel.«
»Einen Buckel?«, echot der Sohn, »einen Buckel! Einen Berg von einem Buckel hat sie!«
Kohn sieht seinen Freund Chaim nach Jahren und erschrickt, als er dessen Frau sieht. Als sie weggeht, sagt er:
»Chaim, wie konntest du dir nur so eine hässliche Frau nehmen?«
»Ach, weißt du«, sagt Chaim, »sie ist innerlich schön.«
»Warum lässt du sie dann nicht wenden?«
Natürlich hat der Witz einen engen zeitlichen Bezug, als man Anzüge ein Leben lang trug und sie, wenn sie außen glänzten, wenden ließ.
Manchmal soll auch der Rabbi bei der Ehevermittlung helfen.
Zum Rabbi von Stryj kommt ein junger Mann und fragt ihn um Rat:
»Ich kann mich nicht entschließen, ob ich heiraten soll oder nicht.«
»Also«, fährt er fort, »der Vater ist ein angesehener und gebildeter Mann.«
Der Rabbi: »Also heirate.«
»Aber die Tochter ist hässlich wie die Nacht.«
»Dann heirate nicht.«
»Sie bekommt aber 20 000 Gulden mit.«
»Dann heirate sie.«
»Aber sie hinkt.«
»Dann heirate sie nicht.«
»Der Vater will mich als Kompagnon in sein Geschäft nehmen.«
»Dann heirate.«
»Aber die Tochter soll zänkisch sein.«
»Also heirate sie nicht.«
»Heirate – heirate nicht – was ratet Ihr mir denn nun?«
Der Rabbi denkt eine Weile nach und sagt dann: »Du solltest dich taufen lassen.«
»Aber Rabbi, wozu das?«
»Dann würdest du dem katholischen Pfarrer auf die Nerven fallen und nicht mir.«
Die Ehen, die aus solchen Geschäften resultieren, kann man sich vorstellen. So wird ein Fabrikant gefragt:
»Ich höre, Ihr Herr Sohn hat sich verehelicht. Hat er aus Liebe geheiratet oder des Geldes wegen?«
Fabrikant: »Aus Liebe zum Geld.«
Ein Heiratsvermittler führt seinen Klienten in die Familie der künftigen Braut ein. Sie sehen, was für ein vornehmes Haus das ist.
»Schauen Sie nur, wie hier gedeckt ist. Alles feinstes Porzellan, feinstes Kristall und echtes Silber.«
Der Künftige: »Woher weiß ich, ob das den Leuten wirklich gehört?
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