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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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sie:
»Du, Mama, wie kommt es, dass ich farbig bin, obwohl du und Papa beide weiß seid?«
Darauf die Mutter: »Bei der Party, bei der dein Vater und ich uns kennengelernt haben, kannst du froh sein, dass du nicht bellst.«
     
    Wie gesagt, eine große Spannweite des Zu-weit-Gehens.
    Und den »gefiederten Freunden« bin ich auf Umwegen in einem Witz von einem Apotheker noch einmal begegnet.
     
    Ein Mann kommt mit einem Reizhusten zu einer Apotheke, die während der Geschäftszeit geschlossen hat. Er blickt durch die Scheibe und sieht den Apotheker mit seiner Assistentin beim Schäferstündchen. Er geht hustend weg, kommt eine halbe Stunde später wieder, die Apotheke ist offen, und der Apotheker sagt:
»Entschuldigung, ich habe vorher ein kurzes Nickerchen gemacht.«
Darauf der Kunde: »Ja, das habe ich durchs Nenster gesehen.«
     
    Hier dient der bewusst gewählte Versprecher der Enttarnung. Es ist wie ein Augenzwinkern des geheimen
     Einverständnisses.

DAS »ALTE REIN-RAUS-SPIEL«
    Über die Hamburger Deern »Klein Erna«, die als Witzfigur mit ihrem Freund Hein unterwegs und manchmal auch zugange ist, gibt es die folgende »Beim ersten Mal«-Geschichte (für mich datiert in den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts):
     
    Hein macht es zum ersten Mal mit Klein Erna. Nach einer Weile sagt sie genervt zu ihm: »Rein oder raus! Das dauernde Hin und Her macht mich ganz nervös!«
     
    Von dem »alten Rein-Raus-Spiel« habe ich zuerst in Stanley Kubricks Film Clockwork Orange gehört, dem Kultfilm über die Gewalt und die Tolerierung von Gewalt und deren schrecklichem Zusammentreffen im »Swinging London« der Rolling Stones, der Beatles, der neuen Mode, dem Twiggy-Minirock und der sexuellen Befreiung, der die totale Langeweile folgte. Hier gab es den Slang einer Jugendgang, die sich zwischen Langeweile, brutalen Exzessen und zwischen Drogentrips den Ekel an der neuen Zeit vertreibt.
    Das Rein-Raus-Spiel wurde damals, als sich die Jugend die totale Freiheit angeeignet hatte, wirklich angeekelt gespielt. Es half nicht, den Frust zu überwinden, sondern war ein Teil des Frusts geworden. Nur leicht übertrieben könnte man sagen, dass 110  Prozent aller Witze von ihm handeln. Vom Vorspiel, vom Spiel, vom Nachspiel, von der Eifersucht, der Neugier, dem Frust, der Wiederholung.
    Nicht immer aber machen Mädchen beim ersten Mal soernüchternde Erfahrungen wie Klein Erna beim Rein-Raus-Spiel mit Hein.
    Die nächste Szene spielt in Schwaben. Lange vor der sexuellen Aufklärung, lange, bevor man darüber sprach, pädagogisch, genau, vor Oswalt Kolle, kam ein Stuttgarter Mädchen heim:
     
    Das Mädchen kommt ungewöhnlich spät nach Hause. Die Mutter fragt die Fünfzehnjährige besorgt:
    »Wo warst du denn so lange?«
    »I war mit Peter, mein Freund.«
    »Und was hebt ihr denn so lange gemacht?«
    »Spaziere gange sim mir.«
    »Die ganze Zeit?«, fragt die Mutter.
    »Ha noi. Mir hent uns dann auch eng zusamme auf eine Bank gesetzt und geküsst.«
    »Und was hent ihr danach gmacht?«
    »Mir sind sitze bliebe, zsamme.«
    »Und was habt ihr gemacht?«
    »I woiß net, wie man das nennt, aber i weiß, das wird mei Hobby.«
     
    Ewiger Held des Witzes, sein Dauerbrenner, ist der Witz, der im Sex und im Sexspiel die ewige Wiederkehr des Gleichen erlebt, die »variatio«, die laut lateinischem Sprichwort »delectat«, die Spaß macht und das immer Neue ist in dem alten Spiel. Kurz, das Hobby, das, was Charlotte Roche in ihrem neuen Bestseller im Titel als Schoßgebete bezeichnet, das in den Körperzonen spielt, die ihrem ersten Roman den Titel gaben, den Feuchtgebieten .
    Ein Witz, er stammt aus der Renaissance, hat zum Beispiel das Spiel von Eifersucht, Betrug, von Nachspionieren und Aufspüren, schon bei Adam und Eva entdeckt. Die Voraussetzung dieser ersten Eifersuchtsszene ist, dass Gott den Menschen alsMann aus Lehm gebacken hatte. Und er hat schnell kapiert, dass der Mensch allein kein Mensch sein kann – selbst Gott hat sich ihn zum Ebenbild geschaffen, weil er sich langweilte und ihn nach Theater gelüstete. So nahm er ihm eine Rippe aus der atmenden Brust, durch Atem hatte Gott den Lehmklotz zum Leben animiert. Und aus der Rippe schuf er Eva.
    Das ist eine Geschichte aus einer ziemlich männlichen Perspektive, aber immerhin zeigt sie, dass selbst ein Mann (»Selbst ist der Mann«), »Gottes Ebenbild« (eben ein »Mannsbild«), ohne Frau nicht auskommen, vor allem aber sich nicht fortpflanzen kann. An Zellteilung hat

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