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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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Sie haben Durst. Und sie haben je einen Hund. Da hat der eine eine Idee. Er setzt sich eine Sonnenbrille auf, zieht den Hut ins Gesicht, lässt sich von seinem Hund gleichsam per Leine in den Gastraum ziehen.
Der Ober sieht ihn und seinen Hund und sagt: »Tut mir leid! Aber Hunden ist der Zutritt zu unserem Restaurant verboten.«
Darauf der Mann: »Verzeihung, aber sehen Sie nicht, dass das mein Blindenhund ist? Ohne ihn kann ich nirgends hin!«
»Oh Verzeihung! Oh Entschuldigung!«, sagt der Ober, »das habe ich übersehen.« Und er weist dem Mann mit Hund einen Tisch beim Eingang zu.
Der Zweite hat das von draußen beobachtet. Also setzt er sich auch die Sonnenbrille auf und betritt mit seinem Hund das Lokal.
»Hunde verboten!«, schallt es ihm entgegen.
»Entschuldigung, das ist mein Blindenhund!«
Der Ober schnaubt ihn verächtlich an. »Blindenhund. Dass ich nicht lache! Dieser kleine Pinscher! Dieser Chihuahua!«
Darauf der vermeintliche Blinde entrüstet, ja empört: »Was! Die haben mir einen Chihuahua gegeben!?« What, they gave me a Chihuahua!
     
    Man sieht durch die geheuchelte Empörung eines düpierten armen Blinden die jüdische Pointe blinzeln. So bin ich betrogen worden! So hat man mich armen Blinden übers Ohr gehauen!
    Auch der folgende Witz führt in die Tristesse einer Bar, die abgedunkelt ist, die Domäne einsamer Männer, die bestenfalls einen Hund mit sich führen, die armen Hunde! Ich verdanke diesen Witz Marcel Reif, der ihn mir erzählte, als wir uns die Zeit in den Warteschleifen bei der 5-Millionen-SKL-Show während der Aufzeichnung vertrieben. Allerdings, um fit und wach zu bleiben, bei Kaffee und Sprudel. Witze, will ich damit sagen, sind auch Pausenfüller für Männer, die zusammen hinter einerBühne in irgendeiner Kantine warten. Auch diese Pausen sind Übertragungsorte für Witze.
     
    Wieder kommt ein Herrchen mit Hund in eine abgedunkelte Bar, in der es noch leer ist. Er ist aus dem Regen, aus dem tristen Nachmittag, dem Vorabend hierher geflüchtet in die Hemingway-Stimmung einer Kneipe. Zwei Männer. Barkeeper und Gast. Und ein Hund.
Der Mann setzt den Hund auf den Tresen. Bestellt seinen Drink, für den Hund Wasser in einer Blechschale. Er entschuldigt sich beim Kellner.
»Ich muss den Hund auf den Tresen setzen. Er hat nämlich keine Beine!«
»Oh«, sagt der Kellner, und um so etwas wie Anteilnahme zu zeigen, fragt er: »Wie heißt denn Ihr Hund?«
»Och«, sagt der Mann, »der hat gar keinen Namen. Der würde ohnehin nicht kommen können, wenn ich ihn rufe.«
»Verstehe«, sagt der Kellner voller Verständnis. Und dann, nach einer Pause: »Was machen Sie denn so?« Pause. »Ich meine, mit Ihrem Hund?«
»Ich? Mit meinem Hund? Um die Häuser ziehen!«
     
    Solche Witze haben für mich eine unverwechselbare Stimmung, eine ganz eigene (ernste) Atmosphäre, eine Beckett’sche Trostlosigkeit. Sie sind, obwohl ausgedacht, irgendwie wahr. Und die Doppelbedeutung von »ziehen« hat eine gruselige Komponente, wie ein Sack oder eine Kiste, die kratzend ohne Räder über den Boden geschleift wird. Der Hund hat seine beste Eigenschaft verloren, das schnelle »Geläuf«. Es ist ein Witz wie von Beckett. Endspiel.
    In dem folgenden Witz, in dem sogar der Hund fehlt, herrschen die gleiche Tristesse und Langeweile, wenn auch die eines Sonntagsspaziergangs mit Familie. Und es gibt eine ähnliche knappe Pointe, die buchstäblich sitzt und stimmt. Wie die Faust aufs Auge! Aber deutlich und doppeldeutig.
     
    Ein Ehepaar geht mit seiner Tochter am Sonntag zum Waldspaziergang. Gesittet und gut angezogen geht man spazieren. Das Mädchen ist achtzehn. Sie hat zum ersten Mal ihren Freund dabei, ihren »Verlobten«, wie man damals sagte.
    Man geht, offenbar stundenlang. Auf einmal sind die Tochter und ihr Freund verschwunden. Sie sind zurückgeblieben. Die Frau fragt ängstlich ihren Mann:
    »Wo stecken die Kinder? Was machen die?«
    Knurrt der Mann: »Was werden die schon machen? Nachkommen!«
     
    Der folgende Witz spielt bei einem Impresario. Der ist genervt und gelangweilt, weil er an dem Tag schon viele Möchtegern-Artisten, die sich um ein Engagement bemühten, abgewimmelt hat. Die Zeiten sind schlecht.
     
    Der nächste Klient betritt sein Büro.
»Was kann ich für Sie tun? Was können Sie?«, fragt der Impresario.
»Ich kann Klavier spielen. Virtuos. Schnell. Doppelt so schnell wie der beste Pianist der Welt. Chopin!«
»Ach, wissen Sie«, sagt der Agent. »Chopin. Klassische Musik. Das

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