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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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allen Seiten um. Da, im letzten Moment sehe ich eine Palme. Ich stürze auf sie zu. Die Angst, wie gesagt, gibt mir ungeahnte Kräfte; ich klettere hoch und höher, bin auf einmal unter der Palmenkrone. Der Löwe hechelt unten. Ich bin gerettet!«
Breites, hörbares Aufatmen in der Zuhörerrunde, bis einer skeptisch einwirft: »Du sag mal, in der Wüste gibt es aber doch gar keine Palmen.«
Der Erzähler schaut ihn kurz an: »Du glaubst gar nicht, wie scheißegal mir das in diesem Augenblick war!«
     
    Eine andere Geschichte:
     
    Sie handelt von zwei Freunden, die sonst ständig, was im Handyzeitalter nicht schwer, eher lästig ist, in Kontakt stehen. Doch auf einmal kann der eine den anderen nicht erreichen. Vierzehn Tage lang nicht. Endlich meldet sich der lang Verschollene wieder. »Wo warst du denn?«, fragt ihn sein Freund. »Ich habe dich einfach vierzehn Tage nicht erreichen können. Nie bist du ans Telefon gegangen. Nie hast du meine SMS beantwortet.«
     
    (Den letzten Satz habe ich jetzt eingefügt, um den Witz à jour zu bringen, um ihn auch für die unmittelbare Gegenwart glaubhaft und aktuell zu machen. Ich gebe zu, es geschieht nicht ohne Gewalt, ich habe den Witz in den Achtzigerjahren zum ersten Mal gehört, von einer illustren Kollegin, mit der ich mit oder ohne Handy seit Jahrzehnten nicht mehr Kontakt hatte. Mit dem Löwenwitz ist sie aus meinem Leben gewandert. Jedenfalls telefonisch.) Doch zurück zu den Freunden, zurück in den Witz.
     
    »Ich war in Afrika. Auf Löwenjagd«, sagt der eine.
»Auf Löwenjagd in Afrika, das ist ja toll«, sagt der andere.
»Ja«, sagt der eine stolz, »vierzehn Tage!«
»Vierzehn Tage«, echot der andere, »Toll! Wie viele Löwen hast du denn geschossen?«
»Keinen«, antwortet der eine.
»Keinen? Das ist aber nicht viel«, sagt der andere enttäuscht.
»Bei Löwen schon«, antwortet der eine.
     
    Der Löwe, kann man an dieser Stelle nur als Kenner der fabelgerechten und heraldischen Tradition der Tierhierarchie feststellen, ist der König der Tiere. Ohne Zweifel. Mit einer auch geschlechtlich klar gegliederten Ordnung. Er, der Mann, der Herr, erkennbar an seiner gewaltigen Mähne. Sie, umspielt von Löwenkindern, die »mater familiae«, wie es sein soll. Ich habe inzwischen auf friedlichen Safaris Löwenfamilien gesehen, in meinem Fall war es am Rand einer Flugpiste, wo man nur noch mit der Kamera wild auf die wilden Tiere schießt, die in paradiesischer Friedlichkeit um einen herum grasen, flüchten und jagen.
    Die Löwenfamilie liegt meist träge und satt in der Savanne. Alle ruhen mächtig und nur mit sich selbst beschäftigt in sich selbst. Der Löwe scheint meist wohlig ermattet und satt zu sein, nur manchmal fährt er sich träge blinzelnd mit der Zunge über die satte Schnauze. Ein Bild selbstzufriedener Macht. Das Auge fantasiert sich fast automatisch Zepter und Krone hinzu.
    Sie haben eine lange Kulturgeschichte, die Löwen. Schon im Kolosseum (»Ave Caesar, morituri te salutant!« – Heil dir, Caesar, die Todgeweihten begrüßen dich!) sind sie auf Gladiatoren (glänzend besetzt mit Russell Crowe) zugestürzt. In Witzen beten sie, nach der Christianisierung, vorher noch: »Komm Herr Jesu, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast.« Den ersten Löwenkampf in Rom gab es allerdings schon 94 vor Christus. Kaiser Hadrian tötete im Zirkus mehrmals, so ist es überliefert, hundert Löwen. Das ist viel mehr als keiner.
    In der Mythologie gibt es Daniel in der Löwengrube und Patrokles und den Löwen. Der biedere Amateur Zettel ist so kühn, inShakespeares Sommernachtstraum zu bitten: »Laßt mich den Löwen auch spielen.«
    Was der Löwe in der römischen Arena war, ist der Stier in der spanischen Corrida, dem Stierkampf. Fast muss man auch hier schon statt »ist« »war« sagen, wenn man vom Kampfstier spricht. An dieser Stelle sei gestanden, dass ich ein »afficionado« (Liebhaber) war. Natürlich redete ich mich auf Hemingway, García Lorca und Ähnliche heraus und habe, darauf angesprochen, immer die herausragende Rolle des Stierkampfs in den Grafik-Reihen der beiden großen spanischen Zeichner und Maler Goya und Picasso hervorgehoben. Beide haben gewaltige Bilder der »Tauromaquia« (ursprünglich ein Lehrbuch für Torreros) geschaffen. Auch diese kulturgeschichtliche Festschreibung wird den Stierkampf nicht lange retten, auch nicht als Touristenattraktion. Zu sehr sind die Tierschützer und die katalanischen Antizentralisten dem

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