Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
zwar wie ein Slogan, den man beispielsweise auf einer Demonstration skandierte, aber der Mann schürte mit dieser Zuversicht seine Neugier auf Janjaville. Angesichts der friedlichen Beinahenormalität in Port Dunbar vermutete er, dass die zanzarische Armee sich auf die Eroberung des Flugplatzes konzentrieren würde. Janjaville war der strategische Dreh- und Angelpunkt des ganzen Kriegs. Da fiel ihm der strategische Dreh- und Angelpunkt seiner Mission ein.
Bond lächelte den Leutnant an.
»Im Auftrag der Agence Presse Libre würde ich gern um einen Interviewtermin mit Brigadegeneral Adeka ersuchen.«
»Das ist leider unmöglich, Sir. Der Brigadegeneral spricht nicht mit der ausländischen Presse.«
»Sagen Sie ihm, dass es sich um eine französische Agentur handelt. Das könnte für Dahum in Frankreich den Ausschlag – «
»Das spielt keine Rolle«, unterbrach ihn der Leutnant. »Seit Kriegsbeginn haben wir über hundert Interviewanfragen erhalten. Von jeder Zeitung, jedem Radiosender, jeder Fersehanstalt der Welt. Der Brigadegeneral gewährt niemandem ein Interview.«
Bond ging ziemlich ratlos in die Bar. Vielleicht sollte er es über Abigail Kross versuchen. Am Tresen saß bereits Breadalbane und fragte ihn, ob er ihm wohl ein bisschen Geld borgen könne, er säße gerade auf dem Trockenen, kleiner Engpass und so. Bond gab ihm ein Bündel Scheine und spendierte ihm ein kühles Bier.
12. Janjaville
Über Schlaglöcher holpernd, näherte sich Sundays Peugeot dem Begrenzungszaun des Flugplatzes. Er hatte sein einzig verbliebenes Vorderlicht ausgeschaltet, um der strengen Verdunklungsvorschrift zu genügen. Hier und da am Straßenrand verteilt, brannten ein paar kleine Ölkolben als schummriges Leitlicht – gerade hell genug, um die richtige Spur zu halten. Bond sah auf seine Uhr. Die Fahrt hatte vierzig Minuten gedauert, von Port Dunbar aus Richtung Osten.
Am Tor zeigte Bond seinen Passierschein vor, und sie wurden durchgewinkt. Der Begrenzungszaun war hoch und mit viel Stacheldraht bewehrt, wie Bond erkennen konnte, als Sunday hinter dem Gebäudekomplex des Flugplatzes parkte. Dazu gehörte ein Hochbunker mit einem emporragenden Funkmast, der durch Drahtschlingen mit einer mobilen, sich unablässig drehenden Radarantenne verbunden war. Ein Wellblechhangar und ein paar niedrige Holzhütten bildeten den Rest des Komplexes. Vor dem Hochbunker saßen mehrere Dutzend Soldaten im Gras und warteten geduldig. Daneben stand eine Reihe von größeren und kleineren Lastwagen, alle leer.
Bond trug die Buschjacke, die Sunday für ihn aufgetrieben hatte – besser gesagt eine Armeefeldjacke mit geflicktem Einschussloch im Rücken und einem Aufnäher an der rechten Schulter: die Flagge von Dahum, die rote Sonne auf weißem Feld, darunter ihr schwarzer Schatten. Ob die Jacke wohl von einem Toten stammte, fragte sich Bond, gereinigt und mit Gewinn weiterverkauft? Es kümmerte ihn nicht weiter.
Er stieg aus und sah sich um. Die Rollbahn bestand aus kurzgeschorenem Gras, schien aber über herkömmliche Landescheinwerfer zu verfügen, auch wenn sie gerade ausgeschaltet waren. Vor dem Hangar standen drei Schulflugzeuge des Typs Malmö MFI , in den Tarnfarben Grün und Schwarz angestrichen – einmotorig, kistenartig, mit einem merkwürdig ausgestellten dreirädrigen Fahrwerk, das den Anschein erweckte, das Flugzeug könnte jederzeit nach hinten kippen. Techniker machten sich an den Maschinen zu schaffen, und Bond sah den Funkenregen der Schweißbrenner. Er hatte den Eindruck, dass sie Maschinengewehre Kaliber .50 an die Triebwerksaufhängung montierten.
»Das wird unsere neue Luftwaffe«, sagte Sunday sichtlich stolz. »Madame Kross hat mich gebeten, Sie mit Mr Hulbert Linck bekannt zu machen. Wenn Sie mir bitte folgen, Mr Bond.«
Bond ging mit Sunday zum Hangar. Dort erblickte er einen auffallend großen Weißen, der die Aufrüstung der Malmös beaufsichtigte. Sunday trat auf ihn zu, verbeugte sich kurz und deutete auf Bond, der ein paar Schritte entfernt stand. Wie groß der Mann tatsächlich war, zeigte sich, als er sich umdrehte und Bond in Augenschein nahm: gut zwei Meter, wie ein Basketballprofi, und so schlaksig und ungelenk wie alle Hochaufgeschossenen. Er war in den Fünfzigern und hatte feine, schüttere, weißblonde Haare, die der Abendwind zu einem zottigen Heiligenschein verwehte. Er trug verblichene Jeans und Leinenboots, sein Hemd war am Ellbogen aufgerissen. Insgesamt wirkte er eher wie ein schrulliger
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