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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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Atelier Nummer zwei sah Bond einige Gruppen von Komparsen in Smoking und Abendkleid, die miteinander plauderten und Tee aus Pappbechern tranken. Eine stand von ihrem Klappstuhl auf, und Bond schnappte sich schnell das Drehbuch, das sie zurückgelassen hatte. Dann fragte er einen beleibten Mann, der endlose Kabel aufspulte, nach den Büroräumen der Produktion und bekam einen länglichen Wohnwagen direkt neben dem Atelier gezeigt.
    Als Bond an die offene Wohnwagentür klopfte, blickte eine gehetzt wirkende Frau verärgert von dem Rechenmaschinchen auf, in das sie hektisch Zahlen eingab.
    »Ja?«, fragte sie. Tapp-tapp-tapp.
    »Randolph Formby«, sagte Bond mit betont vornehmer Aussprache und reckte anklagend das Drehbuch hoch. »Von ›Equity‹. Ich muss dringend mit Astrid Ostergard sprechen. Sie ist schon zwei Jahre im Rückstand mit ihren Beitragszahlungen.«
    Bond war einst flüchtig mit einer Schauspielerin liiert gewesen, und sie hatte ihm erzählt, dass sich bei dem Wort »Equity« jede Tür öffnete, ob beim Theater, beim Fernsehen oder beim Film, so mächtig und einflussreich sei die Schauspielergewerkschaft. Er freute sich, weil ihm das wieder eingefallen war, und wollte nun gern die Probe aufs Exempel machen.
    »Dieses Miststück!«, rief die Frau. »Tut mir echt leid. Typisch. Herrgott nochmal!« Unablässig vor sich hin fluchend, führte sie Bond um das Atelier herum zu einer ganzen Reihe von Wohnwagen.
    »Dritter von rechts«, sagte sie. Dann fuhr sie beunruhigt fort: »Es wird doch keine Probleme geben, oder? Wegen Astrid, meine ich. Wir haben schon fünf Tage überzogen.«
    »Ich kann für nichts garantieren«, sagte Bond mit einem schmallippigen Bürokratenlächeln. »Sie muss ihre Beitragszahlungen leisten.«
    Die Frau ging wieder, immer noch vor sich hin murrend, während Bond den Wohnwagen ansteuerte, an dessen Seite ein Schild mit dem hingekritzelten Hinweis »Astrid Ostergard/Vampiria« befestigt war.
    Er klopfte an und sprach das Zauberwort aus:
    »Equity.«
    Wenige Sekunden später stieß Bryce Fitzjohn die Tür auf. Sie trug Netzstrumpfhosen und eine rote Satinkorsage, die ihr zu einem eindrucksvollen Dekolletee verhalf. Zunächst starrte sie Bond verständnislos an, dann lachte sie – laut und hellauf entzückt.
    »Nicht zu fassen«, sagte sie. »James Bond, das alte Schlitzohr.«
    »Hallo, Vampiria. Komme, um Abbitte zu leisten.«
    »Dann darf ich in den Salon bitten.«
    Bryce zog einen seidenen Morgenrock an und Bond setzte sich auf eine Bank gegenüber dem Schminktisch. Er zog sein Etui aus der Tasche, um ihr eine Zigarette anzubieten, die sie sich selbst ansteckte. Sie blies den Rauch seitlich weg und musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.
    »Ich weiß bis heute nicht, wie du in mein Haus eindringen konntest.«
    Bond zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. »Das war falsch, zugegeben. Ich wollte auf deine Party, aber es war niemand da. Und dann dachte ich, dass du mit mir irgendwelche Spielchen treibst. Deswegen habe ich dir diese Nachricht hinterlassen.« Er lächelte. »Du solltest ein besseres Schloss an deiner Küchentür anbringen. Es war kinderleicht.«
    »Ist das dein Beruf ? Einbrecher?«
    »Ich hätte das nicht tun dürfen«, fuhr Bond unbeirrt fort. »Darum bin ich hergekommen. Ich wollte mich entschuldigen und dich zum Abendessen einladen. Ins Dorchester. Gleich heute Abend, wenn du Zeit hast.«
    Bryce schlug die langen Beine übereinander. Bond betrachtete sie von Kopf bis Fuß. Sie trug eine dichte blonde Perücke mit roten Streifen, und er fand sie ungeheuer attraktiv. Genau wie bei ihrer ersten Begegnung, wenn er daran zurückdachte.
    »Das klingt verlockend, aber ich kann nicht in die Stadt fahren«, sagte sie. »Ich bin morgen schon früh dran.«
    Jemand klopfte an ihre Tür. »Wir brauchen Sie jetzt, Miss Ostergard.«
    Bryce stand auf. Bond tat es ihr nach, und so waren sie sich im beengten Wohnwagen einen Augenblick lang sehr nah. Er spürte, dass sie sich erneut zu ihm hingezogen fühlte. Er war genau ihr Typ, so wie sie seiner. Sie gefielen einander, von jeher, schon seit diesem ersten Blickwechsel im Lift des Dorchester.
    »Ich muss jetzt arbeiten«, sagte sie. »Du weißt doch noch, wo mein Haus in Richmond ist? In der Nähe gibt es ein nettes kleines Lokal, da können wir zusammen hingehen. Ich erwarte dich um acht.«

5. Import-Export
    Bond schlüpfte so leise wie möglich aus Bryce’ Bett und blieb einen Moment davor stehen, um sie zu betrachten. Sie

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