Solo
ersticken, einen Handschuh trug. Und
dann war sie zusammen mit ihm in dem dunklen Schrank, die Tür
glitt so weit zu, daß nur ein ganz schmaler Spalt offen blieb,
durch den man ins Zimmer sehen konnte.
Er lockerte seinen Griff, und in
ihrem Schock sprach sie instinktiv griechisch. «Bitte, töten
Sie mich nicht!»
«He, ein
Griechenmädel», sagte er zu ihrem größten
Erstaunen in ihrer Muttersprache. Sie erkannte den besonderen Akzent
sofort.
«Oh, mein Gott, Sie sind der Mann aus Kreta.»
«Ganz richtig, mein Herz.» Er drehte
sie herum, ließ die Hand leicht auf ihrer Kehle ruhen. «Es
wird dir nichts geschehen, wenn du vernünftig bist. Wenn nicht,
wenn du versuchen solltest, ihn auf irgendeine Art zu warnen, dann
töte ich dich.»
«Ja», jammerte sie.
«Gut. Wann kommt er?»
«Um acht Uhr.»
Er blickte auf seine Armbanduhr.
«Dann müssen wir noch zwanzig Minuten warten. Wir
können es uns getrost bequem machen, nicht wahr?»
Er lehnte sich an die Wand und hielt
sie fest an sich gepreßt. Sie fürchtete sich jetzt nicht
mehr, zumindest nicht mehr so sehr wie anfangs, vielmehr empfand sie
eine seltsame Erregung, als er so nah bei ihr stand und mit einem Arm
ihre Taille umschlang. Sie schmiegte sich noch ein wenig mehr an ihn,
zögernd zuerst, dann unverhohlen, als er lachte und ihren Nacken
küßte.
Noch nie war sie so erregt gewesen
wie jetzt hier im Dunkeln; sie wandte sich ihm zu, als er sie an die
Wand drängte und das dunkle Kleidchen hochschob.
Danach band er ihr sehr behutsam die Handgelenke hinter dem Rücken zusammen und hauchte ihr ins Ohr:
«So, du hast gehabt, was du wolltest, und jetzt sei ein braves Mädchen und sei still.»
Er band ihr, wiederum mit
erstaunlicher Behutsamkeit, ein Taschentuc h als Knebel vor den Mund,
dann wartete er. Man hörte, wie ein Schlüssel im Schloß
gedreht wurde, die Tür ging auf, und General Stephanakis wurde von
zwei Männern seines Gefolges ins Zimmer geleitet.
Alle trugen Uniform. Der General
wandte sich um und sagte: «Ich werde duschen und mich umkleiden.
Kommen Sie in fünfundvierzig Minuten wieder. Wir essen
hier.»
Die Männer salutierten, gingen hinaus, und der
General schloß die Tür. Er warf die Mütze aufs Bett und
fing an, den Waffenrock aufzuknöpfen. Hinter ihm glitt die
Tür des Wandschranks zur Seite und Mikali trat heraus. In der
Rechten hielt er eine Pistole mit Schalldämpfer. Stephanakis
starrte ihn entgeistert an, und Mikali zog den Gesichtsschutz hoch.
«Oh, mein Gott», sagte der General. «Sie – Sie sind der Mann aus Kreta!»
«Willkommen in Berlin», sagte Mikali und erschoß ihn.
Er knipste alle Lampen aus, zog den
Gesichtsschutz wieder über, öffnete dann das Fenster und
entrollte das Seil, das er um die Taille geschlungen hatte. Sekunden
später schwebte er im Dunkeln hinunter auf das vier Stockwerke
tiefer liegende Garagendach. Es war kein besonderes Kunststück.
Beim Training in Gasfa an der marokkanischen Küste mußte
jeder Fallschirmjäger der Legion sich über eine dreißig
Meter hohe Klippe abseilen können, wenn er die Ausbildung bestehen
wollte.
Sobald er sicher auf dem Dach
gelandet war, zog er das Seil nach, rollte es sich rasch wieder um den
Leib und sprang dann vom Rand des Garagendachs auf den Boden.
Bei den Mülltonnen in der
Hintergasse blieb er stehen und nahm den Kopfschutz ab, den er
säuberlich faltete und in die Tasche steckte. Dann holte er hinter
den Mülltonnen eine gewöhnliche Tragtüte aus Papier
hervor, entnahm ihr einen billigen dunklen Regenmantel und zog ihn an.
Wenig später ging er schnellen
Schritts durch die belebten Straßen zurück in sein Hotel. Um
halb zehn Uhr abends traf er in der Berliner Universität ein, wo
er vor überfülltem Auditorium Bach und Beethoven spielte.
Am nächsten Morgen erhielt Jean Paul Deville ein Telegramm aus Berlin. Es lautete kurz und bündig: Dank für Mizwa. Zu Gegenleistung gern bereit.
Das Telegramm trug keine Unterschrift.
2
Der britische Geheimdienst, genauer
als MI 5 bekannt, existiert offiziell überhaupt nicht, ist nicht
einmal gesetzlich verankert und residiert dennoch in einem
weißroten Ziegelbau im Londoner West End, unweit des Hilton
Hotel.
Die Männer, die dort arbeiten, haben keine Gesichter, keine
Namen und widmen ihre Zeit und ihre
Fähigkeiten der pausenlosen Beobachtung ausländischer
Agententätigkeit in Großbritannien und neuerdings einem
Problem, das
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