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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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nicht angeschlagen wie sonst immer? Schließlich überlegte er, ob Henrietta mit so etwas überhaupt fertig werden würde. Momentan fielen ihm überhaupt keine tröstenden Worte mehr ein. Nicht einmal, wenn er sich Henriettas Stimme vorstellte.

 
     
     
    20. KAPITEL
     
    Odus nahm einen kräftigen Schluck Old Crow, der beste Bourbon, den man für vier Dollar kriegen konnte. Prediger Mose schaute nicht mal hin, als er die Flasche aus der Hüfttasche seines Overalls zog – obwohl es das erste Mal in seiner Amtszeit war, dass jemand Schnaps mit in die Kirche gebracht hatte. Am liebsten hätte Mose sich auch einen Hieb genehmigt, aber jetzt war wohl nicht die passende Zeit, seine Prinzipien fallenzulassen. Sie saßen nebeneinander auf der ersten Kirchenbank und starrten vor sich hin, als ob gleich jemand von der Kanzel zu ihnen herabpredigen würde.
    »Glauben Sie mir jetzt?«, fragte Odus.
    »Ich glaube an Gott, und jetzt in diesem Moment ist er das Einzige, woran ich wirklich glaube.«
    »Das war er. Harmon Smith.«
    »Tote erstehen nicht einfach wieder auf.«
    »Ich dachte, genau darum geht es in der Bibel? Verdammt noch mal, wenn man nicht wieder aufersteht, warum muss man dann den ganzen Spaß auf der Erde verpassen und darf nicht sündigen?«
    »Das mit der Auferstehung steht in der Bibel«, antwortete Mose. »Das hier ist das wahre Leben.«
    »Schöne Worte aus dem Mund eines Predigers!«
    Mose hielt noch immer den Hammer in der Hand. Er hielt ihn fest umklammert, seit das mysteriöse Wesen in der Kirchentür erschienen war. Drei Herzschläge lang hatte der schwarze Mann da gestanden, den Hut tief ins Gesicht gezogen. Sein Anzug aus dunklem Wollstoff hatte Löcher gehabt, die Armbündchen waren ausgefranst. Die Haut an seinen Händen hatte die Farbe geschälter Gurken. Er hatte seine Hand aufgehalten, wie ein Bettler, der um Almosen bittet. Weder Mose noch Odus hatten ein Wort gesagt, so dass der Alte schließlich seine Hand sinken ließ und rückwärts aus der Kirche getreten war, ohne sich umzudrehen.
    Und ohne seine Füße zu bewegen , dachte Odus. Nur leider war er sich gar nicht mehr sicher, was er wirklich gesehen oder ob er sich das Ganze nur eingebildet hatte. Als er endlich seine Schockstarre überwunden hatte und zur Tür rannte, war der seltsame Mann nirgends mehr zu sehen gewesen. Odus ging zwar nicht oft in die Kirche und hatte einen Hang zu unlauteren Dingen, doch er hielt immer sein Wort. Deshalb hatte er bei den Leuten, die ihn gern für Gelegenheitsjobs anheuerten, einen sehr guten Ruf.
    »Was wollen Sie jetzt unternehmen?«, fragte Odus.
    »Unternehmen? Wieso sollte ich jetzt irgendwas unternehmen?«
    »Sie kennen doch die Geschichten.«
    »Das ist alles nur dummes Gerede, Bruder. Ich kann dem keinen Glauben schenken. Ich bin ein gebildeter Mann, ich glaube nicht an solches Geschwätz.«
    »Aber ein Prediger muss doch an Wunder glauben. Warum kann dann nicht auch ab und zu mal ein böses Wunder geschehen?« Odus nahm noch einen Schluck Bourbon. Fast schien es, als hätte er bei unzähligen Schnäpsen schon darüber nachgedacht.
    »Na gut«, meinte Mose. »Nur mal angenommen – also so, als ob ich mir jetzt einen Gruselfilm ausdenken würde oder so – angenommen, Harmon Smith wäre nach zweihundert Jahren wieder von den Toten auferstanden. Was sollte er wohl wollen? Warum sollte er zurückgekehrt sein? Denn nach seinem Tod ist er direkt ins Himmelreich geflogen. Es gäbe also keinen Grund für ihn, wieder hierherzukommen.«
    »Außer den ältesten Grund aller Zeiten.«
    »Und der wäre?«
    »Rache.«
    »In den Kirchenbüchern steht, dass er durch einen Unfall ums Leben gekommen ist. Es gab keinen Grund, dass er nicht in Frieden hätte ruhen können.«
    »Was sollten sie denn sonst aufschreiben, Prediger? Dass er einen Schlag auf den Kopf bekommen hat und in den Fluss geworfen wurde, weil er die Leute missionieren wollte?«
    »Alles nur dummes Geschwätz, wie ich schon sagte.«
    »Die Primitiven Baptisten konnten sich mit Harmon Smiths Vorstellungen nicht anfreunden. Und die Free Will Baptisten auch nicht.«
    »Wir glauben an Erlösung. Warum sollten unsere Leute ihn umbringen wollen?«
    »Fragen Sie mal Gordon Smith. Er kann Ihnen alles erzählen.«
    Mose fuhr mit dem Daumen über das Eisen des Hammers und schaute auf das Holzkreuz, das hinter der Kanzel an der Wand hing. »Würden Sie denken, dass ich verrückt bin, wenn ich Ihnen etwas Verrücktes erzähle?«
    »Bestimmt nicht verrückter

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