Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
Vom Netzwerk:
knallte die Tür zu.
    Während Lillian die Pistole aus ihrem Schlafzimmer holte, linste David zwischen den Gardinen hindurch. Die Ziegen vom Nachbargrundstück hatten wohl das Interesse verloren. Sie grasten wieder ganz gemütlich auf ihrer Wiese. Der Bock knabberte vorsichtig an einem kleinen Apfelbäumchen, dann ging er zurück auf seine Weide, wo seine Gefährtin schon am Unterstand auf ihn wartete. Zusammen lagen sie in der Nachmittagssonne und wackelten mit den Ohren, um die Fliegen zu vertreiben.
    »Ist das alles wirklich passiert oder bilde ich mir das nur ein?«, fragte Lillian.
    David fühlte sich plötzlich ziemlich bescheuert. Wenn man sich hier so umschaute, wirkte die Szenerie fast schon idyllisch. Das saftig grüne Gras, die Blumenbeete, und in der Ferne die Berge, auf denen sich graue Bäume abzeichneten. Wie würde es wohl aussehen, wenn er die Polizei anrufen und einen Angriff wilder Tiere melden würde? Er konnte schon fast die Stimme des Beamten am anderen Ende hören: »Was für Tiere waren es denn? Bären? Hunde? Waschbären?« Er verwettete seinen Pick-up, dass »Ziegen« ganz bestimmt nicht auf der Liste stehen würden.
    »Komm, wir verbinden erst mal deine Hand«, sagte er und zog die Gardine zu, so dass die skurrile Welt da draußen verschwand. Was die Offenbarung des Johannes wohl über die Rolle der Ziegen in der Apokalypse zu sagen hatte?

 
     
     
    27. KAPITEL
     
    Sue Norwood hatten den ganzen Vormittag lang Inventur gemacht. Im Winter ließ sich in Solom nicht allzu viel verkaufen, und sobald das Wetter kälter wurde, konnte man auch keine Kajaks mehr vermieten. Normalerweise machte sie im Dezember frei. Sie hatte zwar mal überlegt, ob es sich lohnte, in das Skilanglaufgeschäft einzusteigen. Vielleicht würden die reichen Touris aus Florida anbeißen. Nur leider reisten die meisten von ihnen beim ersten Frost ab. Außerdem musste man am Ende des Jahres immer zusehen, wie man noch schnell ein paar Steuern sparen konnte.
    Heute hatte sie nur drei Kunden gehabt: einen verlotterten Studenten, der einen Schlafsack von North Face kaufte, eine Hausfrau, die eine Tube Wundheilsalbe der Marke Wounded Warrior für zwei Dollar holte, und eine dickbusige Blonde, deren Rennrad einen Platten hatte. Da fiel Sue auf, dass die Everharts ihre Mieträder doch nicht über Nacht wieder abgegeben hatten.
    Sie flickte gerade eine kaputte Naht an einem Kajak mit Glaswolle und Epoxydharz, als die Türglocke klingelte. Das waren bestimmt die Everharts, völlig übermüdet und fertig. »Hallo?«, rief sie aus der kleinen Werkstatt in der hinteren Ecke des Ladens.
    »Sue?«
    »Odus? Komm mal hier hinter, ich habe total dreckige Hände.«
    Odus Hampton zählte nicht wirklich zu ihren Stammkunden, auch wenn er manchmal Angelhaken oder -schur kaufte. Wenn große Lieferungen kamen, half er ihr manchmal beim Ausladen. Dafür konnte er sich dann im Laden etwas aussuchen. Er hatte ihr eine Menge über den Fluss beigebracht, und sie hatte ihn ein paar Mal im Kanu mitgenommen, damit er ihr die Strömungen, Wasserfälle und schwierigen Stellen zeigen konnte.
    Sie hatte ihm einen Job als Flussführer angeboten, aber er wollte keine regelmäßige Arbeit. Manchmal, wenn es Sue nicht gut ging, war er aber für sie eingesprungen. Sie vertraute auf seine Fähigkeiten in der freien Natur. Schließlich verbrachte er den halben Sommer draußen – wenn auch auf die billige Tour, also ohne Coleman-Laterne, Moskitonetz und Herman Survivor Boots mit Stahlkappe.
    »Ist dir ein Boot kaputtgegangen?«, fragte Odus. »Du warst doch nicht etwa so verrückt und bist damit aufs Wasser gegangen? Es ist keine vier Grad mehr warm!«
    »Ich mache es fit für den Frühling. Ich hab ja nur jetzt Zeit für so was. Warst du heute angeln?«
    Odus schüttelte den Kopf. Sein Vollbart rauschte über seinen Overall. »Die Fische beißen jetzt nicht.«
    »Ich dachte, bei dir beißen sie immer.« Vom Geruch des Epoxydharzes bekam sie Kopfschmerzen.
    »Nicht, wenn das Wasser verseucht ist.«
    »Was ist mit dem Wasser? Ist es vergiftet?« Der Blackburn River stand unter Naturschutz, Präsident Clinton hatte hier sogar eine Rede gehalten. An seinen Ufern gab es weder Fabriken noch große Landwirtschaftsbetriebe, und der Fluss speiste sich aus kleinen Quellen, die in den unberührten Bergen entsprangen. Wenn Sue aufgefallen wäre, dass irgendetwas mit der Wasserqualität nicht stimmte, dann wäre sie die Erste gewesen, die alle Hebel in Bewegung gesetzt

Weitere Kostenlose Bücher