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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Garten gelang, was Sex und Drogen nicht vermochten: Er gab ihm das Gefühl, etwas Sinnvolles getan und erreicht zu haben. Etwas Gutes anzubauen und eine reiche Ernte einzufahren – besonders, wenn es sich dabei um erstklassiges Marihuana handelte, das einem ordentlich das Gehirn wegpustete – näher konnte ein Mensch Gott kaum sein, oder? Dadurch wurde die Welt zu einem besseren Ort. Und wenn es um die Weisheit ging, war Dope durchaus vergleichbar mit Evas Apfel aus dem Paradies. Als hübscher Nebeneffekt kam noch hinzu, dass das Finanzamt keine Steuern dafür verlangen konnte.
    Alex blinzelte durch die Gardinen, um sicherzugehen, dass keiner von draußen zuschaute. Gras hatte die eigenartige Wirkung, ihm das Gefühl von Verfolgungswahn und Unverwundbarkeit zugleich zu geben. Hinter verschlossenen Türen war er der Meister seines Schicksals. Unter freiem Himmel galten die offiziellen Gesetze und Regeln – die Gesetze der Natur oder die Gesetze, die sich die zwei großen politischen Parteien ausgedacht hatten, damit sich ja nichts veränderte. Damit alle Sterne weiterhin fest am Firmament verankert blieben. Und damit all die Ganoven im Kongress ihre Amtszeit in Ruhe absitzen konnten.
    Draußen sah alles ruhig aus. Keine Bullen, kein Alter Zausel. In etwa einer halben Stunde würde die Sonne die Baumwipfel auf den Bergen im Westen berühren. Im September kam die Dämmerung schnell. Die Schatten wuchsen länger und länger, bis sie sich zu dunklen Armeen vereinten. Es war kurz vor sechs. Bald würde die Glocke im Kirchturm der Freien Baptistenkirche zum Sonntagsgottesdienst rufen. In den Bäumen zwitscherten die Vögel. Ein himmlischer Klang, göttlicher konnte keine Orgel klingen. Wenn die Vögel miteinander sprachen, dann war alles gut, auch wenn er in seinem Magen ein unheimliches Flattern verspürte.
    Alex ging raus auf die Terrasse. Er hatte ein Fernglas in der Hand. Durch eine kleine Lücke zwischen den Bäumen war das Grundstück der Smiths zu sehen. Er stellte das Fernglas scharf und sah die neue Frau von Gordon Smith. Die Rothaarige ging gerade zur Scheune. Normalerweise spionierte Alex anderen Leuten nicht hinterher. Das überließ er lieber der CIA, die ihre eigenen Bürger beschattete. Doch sein Überlebensinstinkt sagte ihm, dass Neugier und Informationsbeschaffung noch lange nicht dasselbe waren. Er sah, wie die Rothaarige auf den Zaun zuging. Als eine Horde Ziegen aus dem hinteren Teil der Scheune auf sie zukam, trat sie ein paar Schritte zurück. Wahrscheinlich waren es dieselben Viecher, die den Alten Zausel aufgefressen hatten.
    Alex stellte das Fernglas so ein, dass er seinen Zaun sehen konnte. Die Stelle, die er repariert hatte, war noch ganz. Er hatte überlegt, dort eine Falle aufzustellen, zum Beispiel eine mit Rasierklingen gespickte Feder, die durch einen Stolperdraht ausgelöst wurde. Doch leider stand der Zaun auf dem Grundstück der Smiths, und das würde dann wirklich zu weit gehen. Mit Nachbarn musste man besonders tolerant sein. Selbst wenn sich ihr Viehzeug an alten Priestern gütlich tat, als wären sie eine Oblate beim katholischen Abendmahl.
    Alex ließ das Fernglas sinken. Mit der Welt war alles in Ordnung, zumindest in seinem Teil davon.
    Doch dann sah er den Schuppen.
    Die Türen standen offen, eine hing nur noch in einer Angel. Das blaue Licht der Speziallampen konkurrierte mit dem übermächtigen, orangefarbenen Sonnenball am Himmel. Irgendetwas hatte sich mit Macht Einlass verschafft. Oder es wollte hinaus . Nur: Im Schuppen war nichts weiter als …
    Siebenunddreißig wunderbare Wesen. Seine Babys. Seine Familie.
    Alex rannte die Terrassentreppe hinunter und nahm drei Stufen auf einmal. Das Fernglas baumelte an seinem Hals und schlug beim Laufen gegen seine Brust. Eine seiner paranoiden Fantasien war, dass jemand von seinem Hobby erfuhr und ihn abzocken wollte. Vielleicht auch ein Kiffer, der sich nichts aus der Gerechtigkeit des Karmas machte. Deshalb legte er großen Wert auf die Auswahl seiner Kunden. Aber eigentlich war es die Schuld der Regierung, eine harmlose kleine Pflanze zum Verbrecher abzustempeln und ihren Anbau gleichzusetzen mit Diebstahl und Gewalt. Dabei war sie doch auf diese Erde gebracht worden, um Harmonie und Frieden zu verbreiten.
    Die fünfzehn Meter bis zum Schuppen nahm er im Laufschritt. Atemlos riss er die Tür auf. Fast alle Topfpflanzen waren mit den Wurzeln herausgerissen worden. Ein paar blattlose, abgebrochene Stängel zeigten wie grüne

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