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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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sich gefühlt, als er in die Küche gekommen war und Betsy auf dem Boden vor dem Ofen gelegen hatte. Ungewöhnlich war nur die klaffende Wunde an Betsys Hüfte. Eigentlich verstümmelte der Wanderprediger seine Opfer nicht. Sie hatten selten einen schönen Tod, aber sie blieben meistens ganz. Manche behaupteten zwar, der Wanderprediger habe Rebecca Smith auf dem Gewissen, aber Arvel war sich ziemlich sicher, dass es einfach nur ein Verkehrsunfall auf einer kurvigen Bergstraße gewesen war. In den Tagen vor dem Unfall war Harmon Smith nirgendwo gesehen worden, und ihr Tod passte auch sonst nicht ins Schema des Priesters.
    Doch jetzt war er zurück. So viel stand fest. In der ersten Nacht, als Betsy im Krankenhaus von Titusville lag, hatte Arvel bis früh um drei wachgelegen und gehorcht, ob er nicht von irgendwoher Hufschläge vernahm. Jedes Mal, wenn Digger bellte, machte sein Herz einen wilden Satz. Einmal war er zum Fenster gegangen, um nach der Scheune der Smiths zu sehen, doch die Fenster waren dunkel und der Mond verbarg sich hinter den Wolken. Letzte Nacht hatte er zusammengerollt auf einem Sofa im Wartezimmer des Krankenhauses verbracht. Auf seinem Schoß hatte er eine Zeitschrift liegen, damit es so aussah, als wartete er auf eine Diagnose. Aber richtig schlafen konnte er trotzdem nicht. In einem Alptraum verfolgte ihn der Wanderprediger auf dem Ziegenpfad, der vom Angelloch heraufführte.
    Er goss Betsy eine Tasse Tee ein und überprüfte noch einmal das Schloss an der Hintertür. Er war sich allerdings nicht sicher, ob sich tote Priester von Schlössern aufhalten ließen. So viel er wusste, war die Tür verschlossen gewesen, als Betsy ihren Unfall hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie gefallen war oder sich am Kopf gestoßen hatte. Nur einen dumpfen Kopfschmerz verspürte sie, wie an jenem Morgen, als Arvel sie betrunken gemacht und sich auf althergebrachte Weise mit ihr verlobt hatte.
    Betsy stammte von hier, sie trug das Blut der Romingers und der Testers in sich. Er hätte wahrhaftig eine schlechtere Wahl treffen können: Betsy war eine anständige Köchin und schwatzte nicht allzu viel, sie achtete die Männer und befolgte die Sitten und Gebräuche der Gegend. Sie konnte köstliche Konserven und Sauerkraut machen, schreckte nicht davor zurück, ein Huhn zu schlachten, und sie ließ Arvels Gefummel über sich ergehen, wenn er einmal im Monat nach Befriedigung verlangte. Sie kannte auch die Geschichten vom Wanderprediger, wie alle anderen, die hier aufgewachsen waren. Doch sie sprach nie davon, und sie schien auch keine Verbindung herzustellen zwischen ihrem Unfall und der Rückkehr des Predigers. Es bestand also immer noch die Möglichkeit, dass es der Wanderprediger doch auf Betsy abgesehen hatte.
    Arvel wusste nicht genau, was der Wanderprediger mit seinen Opfern machte, und er wollte es auch gar nicht wissen. Aber eins war ihm klar: Wenn er diesmal überlebte, dann würde er wahrscheinlich sowieso schon tot sein, wenn der Wanderprediger das nächste Mal seine Runden drehte. Und das wäre für Arvel voll und ganz in Ordnung.
    Heute war Sonntag. An einem Sonntag war Harmon Smith vor all diesen Jahren umgebracht worden. Etwas Schlimmeres konnte es für einen Prediger wohl kaum geben. Und mit Sicherheit würde sich auch Zeke heute Nacht draußen herumtreiben. Vielleicht würde er sich im Garten aufhalten, mit einer Hacke über der Schulter, oder er huschte im Obsthain herum wie ein zerfetzter Drachen.
    Arvel machte einen Löffel Zucker in den Tee und brachte ihn hoch zu Betsy. Zum Glück war er heute Nacht nicht allein.

 
     
     
    40. KAPITEL
     
    »Da wäre nur noch eine Sache«, sagte Sarah.
    »Ist mir egal«, meinte Sue und hielt noch immer die Bergsteigeraxt umklammert. »Wenn ich schon so durchgeknallt bin, das alles hier zu glauben, dann können Sie mir das auch noch erzählen.«
    »Der Wanderprediger holt immer nur einen. Er hat es bei mir versucht, aber irgendwie war ich ihm wohl nicht gut genug. Ich will mich ja nicht beschweren, aber ich will mein Glück auch nicht herausfordern. Und es kann sein, dass er mittlerweile bereit ist, auch Zugezogene wie Sie zu nehmen. Eine Seele ist und bleibt eine Seele, egal, woher sie kommt.«
    »Das Risiko gehe ich ein. Ich habe mir so viel Mühe gegeben, mir hier etwas aufzubauen, da werde ich nicht kampflos das Feld räumen.«
    »Ziemlich entschlossen für ein zartes Wesen wie Sie! Aber ich weiß nicht, ob man mit einer Hacke wirklich einem

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