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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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wollte er nicht sterben. Er wollte nicht eines von Harmons Opfern werden. Selbst wenn Gott es so gewollt hatte, widersetzte sich David der Versuchung, sich seinem Schicksal zu ergeben. Er konnte sich schon vorstellen, wie seine Gemeinde über dieses Versagen tuscheln würde. Er sah es vor sich, wie die Männer ihre Stimme für einen neuen Kirchenältesten abgaben. Vor seinen Augen sah er eine verlassene, verlorene Kirche, die zu nichts Besserem mehr taugte, als den Nagetieren ein warmes Winterquartier zu bieten.
    » Sie habe ich gesucht«, gab David zur Antwort. Das Tuch vor seinem Mund dämpfte seine Stimme. Er stützte sich auf den Spaten, auch wenn er mittlerweile bis zur Hüfte im feuchtkalten Schlamm steckte. Trotz seines Mundschutzes war der Geruch immer unerträglicher geworden.
    »Warum tragen Sie diese Überfallmaske?«, fragte Harmon Smith. »Wollen Sie eine Bank ausrauben? Oder nur ein Grab?«
    »Ich wollte nachschauen, wie viele Teile von Ihnen auf meinem Friedhof begraben liegen.«
    »Um herauszufinden, ob Sie Ihren angemessenen Anteil erhalten haben?«
    »Sie haben drei Gräber.«
    »Und ich muss kein einziges davon benutzen«, entgegnete Harmon Smith. Er zog an den Zügeln, und Old Saint machte einen Schritt nach vorn. Erde rieselte ins Loch.
    David spürte, wie sich zwischen seinen Beinen etwas bewegte. Grässliche, schleimige Kreaturen. Er versuchte sich einzureden, dass unter dem Friedhof eine unterirdische Quelle liegen musste, die mit dem Bach verbunden war. Das Krabbelzeug waren sicher Salamander, die sich auf den Winterschlaf vorbereiteten. Aber irgendwie waren diese Viecher hier zu groß für Salamander. Und Salamander hatten keine Zähne ...
    Vorbestimmung. David schaute an dem hageren Gesicht mit den Kartoffelkäferaugen vorbei, das über ihm schwebte. Dahinter schwammen kleine Schäfchenwolken. Irgendwo da oben saß Gott der Herr auf seinem allmächtigen Thron und sah diesem Schauspiel zu, auch wenn er schon wusste, wie es ausging.
    Das musste doch langweilig sein, dachte David. Zugegeben, es hatte sicher einen hohen Unterhaltungswert, dabei zuzusehen, wie ein Prediger in einem tiefen Loch steckte und mit dem Tode kämpfte, auf dass seine Seele für immer und ewig mit Harmon Smiths Rückkehr verbunden sein würde. Wie oft noch würde David diese Szene immer wieder spielen müssen? Wie oft würde er sterben und neu geboren werden müssen, wie eine Marionette in Harmon Smiths skurrilem Puppentheater? Die Wiedergeburt Jesus Christus’ war die eine Sache, doch Harmon Smith kehrte nicht nur einmal zurück, sondern immer und immer wieder.
    »Ich habe versucht, mich auf Eure Wege zu begeben«, sagte David und sank wieder ein Stück tiefer in den Schlamm. Er konnte schon seine Füße nicht mehr bewegen.
    »Nun, das ist sehr zuvorkommend von Ihnen, Kirchen ältester Tester. Schade, dass Ihre Vorfahren diesem Weg nicht gefolgt sind.«
    »Ich habe nicht mit Ihnen geredet, Sie jämmerlicher Bastard.«
    Der Wanderprediger stieß ein rasselndes Lachen aus. Die Vögel in den Friedhofsbäumen hörten augenblicklich auf zu singen. Auch sein Pferd gab ein kicherndes Wiehern von sich. Harmon Smith hob seine knochige Hand. Sie sah aus wie Pergament, das um ein paar zerbrochene Stäbe gewickelt war. Mit dem Zeigefinger deutete er auf David, als wollte er gleich einen Feuerblitz oder einen Zauberspruch auf ihn loslassen.
    »Kein Respekt für jemanden, der auch ein Mann Gottes ist«, sagte Harmon. »Genau das hat den Menschen von Solom so viel Leid gebracht. Wären Sie nicht dem Neid und der Eifersucht erlegen gewesen, hätten wir alle in Frieden leben können. Doch sie mussten mich töten. Und ich durfte nicht zulassen, dass das das letzte Wort ist. Und auch Gott konnte das nicht.«
    David stützte sich mit den Unterarmen auf den Spatenstiel und versuchte sich hochzudrücken. Er hatte das Gefühl, dass er Boden gutmachte, auch wenn es sich anfühlte, als verlöre er einen seiner Stiefel. Da knallte etwas gegen sein Knie. Ein stechender Schmerz durchfuhr sein Bein.
    »Die Menschen, die Ihnen etwas angetan haben, sind längst tot«, presste David hervor. »Haben die Methodisten Sie nicht gelehrt zu vergeben?«
    »Ach, mit den Methodisten habe ich nichts mehr am Hut. Deshalb waren die Leute ja so verärgert. Ich habe mich den älteren Religionen zugewandt. Wenn man mehr von Gott erwartet und will, dass er den Garten des Lebens segnet, muss man ihm Blut geben. Ein gerechtes Abkommen. Leben gegen Leben.«
    Der dunkle

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