Some like it heiß
beschreiben, das der digitalen Generation, die mit instant gratification, der sofortigen Befriedigung all ihrer Bedürfnisse aufgewachsen ist, zu verdeutlichen:»Eine Kassette nannte man damals die Tonträger. Früher waren Dateien nämlich in einer kleinen Plastikbox gefangen, festgehalten auf einem dünnen schwarzen Band … das sich immer so aufwickelte, so dass man es sorgfältig mit einem Bleistift entwirren musste. Ein Mixtape war eine Kassette ohne Beschriftung – die Musik war die Botschaft.« Ich legte die Kassette mit zitternden Fingern in den Rekorder und hörte … nichts. Fünfundvierzig Minuten nichts.
Als Frau dachte ich natürlich: Was will er mir damit
sagen
? I am like the Stille, oder – er liebt mich so sehr, dass es keine Worte dafür gibt, oder – in unserer Beziehung ist alles möglich?
Nach fünfundvierzig Minuten habe ich die Kassette umgedreht – das Lied war auf der anderen Seite! Es war »I’ll Be There« von The Jackson Five, und glücklicherweise ist er seitdem da.
Er hat in den letzten Monaten viele graue Haare bekommen. Er ist mein Menopausenmitstreiter geworden, mein Beifahrer auf der Achterbahn, und er ist zu einem tapferen Kämpfer herangewachsen, ein norddeutscher David gegen einen heißblütigen Goliath, mit einer Artillerie aus Geduld, Durchhaltevermögen, Liebe und Humor.
Diese Überlebenstechniken sind bitter nötig, denn die Wechseljahre sind ein weiblicher Lebensabschnitt voller Ironie, aber ohne Witz. Genau in dem Moment, in dem sich eine Frau mit Lust und Laune ohne lästige Gedanken an Verhütung oder Verpflichtungen durch alle Betten, Strände und sonstige Gelegenheiten vögeln könnte, hat sie keinen Bock mehr.
Dreißig Prozent aller Frauen in den Wechseljahren leben mit einem verminderten Sexualtrieb, auch bekannt als Libidolosigkeit oder auf Englisch »hypoactive sexual desire disorder«
.
Schon wieder ist der Östrogenmangel schuld. Die Eierstockarbeiterinnen, die sich jeden Tag mehr wie kleine Lech Wałęsas benehmen – und wahrscheinlich auch so aussehen –, gestalten solidarisch ihren bisher größten Akt des Widerstands, einen letzten Schrei uteralen Ungehorsams: die Schrumpfung der Vagina! If they can’t use it, no one can. Diese Occupy
-
Bewegung verursacht vaginale Atrophie: Die Scheidenwände werden dünner und weniger elastisch – ein schmerzvolles Problem, gerade beim Geschlechtsverkehr. Durch die vaginale Trockenheit und Verengung verschwindet der Genuss, weil es verdammt weh tut.
Oder es ist einfach
too darn hot
to have sex. Ich staune immer wieder, wenn ich mit meinem Fahrrad durch Berlin-Schöneberg radle und die Schilder für Gay-Sexsaunas bemerke. Schwule Männer ticken offensichtlich ganz anders als Frauen. Welche Frau würde freiwillig in so einer Hitze Sex haben wollen? »Get off me – it’s too hot!!! FUCK!!!« In den Wechseljahren haben wir selbst eine innere Sexsauna eingebaut, Fußbodenheizung und Tropendusche inklusive. Aber es ist nicht immer so zum Verzweifeln. Bei manchen Frauen kommt es durch den Wechsel der Hormonproduktion zu einem Anstieg von Testosteron, einer Art sexueller Freistoß in der Nachspielzeit. Sie erleben ein unerwartetes Herbsterwachen, entdecken ihre innere Schlampe und investieren viel Zeit und Energie in fucking anything that moves. Sie machen damit eigentlich nur das, was Männer über sechzig seit jeher machen: Sie schnappen sich ein junges, hübsches Babe. Die alten Politiker sind die schlimmsten: Lafontaine, Joschka Fischer, Sarkozy, Bill Clinton – es sind immer die Politiker, die das machen, nie die Politikerinnen. Zumindest hören wir nichts davon. Ich würde allerdings gerne mal Angela Merkel mit ihrem Boy Toy erleben –zum Beispiel Bastian Schweinsteiger. Angie und Schweini – Schwangielina! Man sieht sie immer zusammen in der Umkleidekabine. Das wäre etwas: Angie und Schweini, das neue Traumpaar auf der Titelseite der Bunten nach dem dreiwöchigen romantischen Liebesurlaub auf Bali. Angie sagt: »BEI MIR TRIFFT ER IMMER INS TOR!«
Für andere Frauen ist die verlöschende Liebesglut ein »Es reicht!«
-
Moment, eine Zeit der Befreiung und Neuorientierung. Manche verlassen ihren Partner oder ändern ihre Sexualpräferenz, andere sind einfach froh, endlich in Ruhe gelassen zu werden und ihre Bücher ohne Unterbrechung zu Ende lesen zu können. Ich habe vage Erinnerungen an die Stimme meiner Mutter am Freitagabend hinter der verschlossenen Schlafzimmertür: »Stop that! I’m
reading
!«
Auf
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