Some like it heiß
fing an auszuflippen. Durch mein Übergewicht kriegte ich Schwierigkeiten mit meinen Bandscheiben, was meine Sportmöglichkeiten begrenzte und mich noch dicker und deprimierter machte und Babuschka immer wütender. Ich fürchtete, dass mein sehr begabter Kostümdesigner Stefan Reinberger in ganz Europa nicht genügend Pailletten finden würde, um meinen expandierenden Popo zu bedecken. Außerdem hatte ich neuerdings ein Überbein am linken Fuß, von den megageilen goldenen Vierzehn-Zentimeter-High-Heels, die ich für Beyoncés »Single Ladies« am Anfang des zweiten Akts tragen sollte.
All das, weil ich als Teenager den Film »Fame« so geliebt und das Titellied als Motivationshilfe nonstop auf meinem Zimmer gesungen hatte? Nur weil »I want to live forever!« und »I want to learn how to fly – high«? Und das in Deutschland? Total unrealistisch! Was bedeutet
fame
anyway? Wann ist man berühmt, wann lebt man das Leben eines wirklich richtig Prominenten?
Alle möchten prominent sein. Aber Prominenz ist relativ. Kennt jemand irgendjemanden aus dem »Perfekten Promi-Dinner«? »Ach ja, das ist der junge Sohn aus ›Unser Charly‹ und das die ostdeutsche Tischtennisweltmeisterin von 1983!« Niemand kennt diese Leute! Es ist bitter. There’s always someone more famous than you. For every No Angel there’s a Spice Girl. For every Westerwelle there is a Nelson Mandela. For every Veronika Ferres there’s an Angelina Jolie. Es ist deprimierend. Du bist Veronika Ferres, gehst glücklich lächelnd durch Deutschland und denkst: Ach, mein Leben ist gut! Ich bin in jedem Fernsehfilm, ich hab schon mehrmals die Wale und die Welt gerettet, und ich bin wöchentlich in der Bunten – es geht mir prima. Berlinale kommt, Angelina Jolie kommt – tschüs, Vroni.
Wie berühmt ist berühmt genug? Ich möchte gerne genau so berühmt sein wie Christine Neubauer, die Schauspielerin. Sie hat genügend Arbeit – die Rente ist sicher –, sie ist berühmt, aber not too berühmt, sie kann problemlos nach Mailand oder Madrid jetten, schön shoppen gehen, und niemand erkennt sie – und sie ist trotzdem respektiert und wird von ihrer Fanbase in Deutschland sehr geliebt.
Und sie macht super Projekte! Christine Neubauer ist immer Hauptdarstellerin in meinen Lieblingsfilmen. Ich gebe es zu, ich bin abhängig, I am addicted to these Wohlfühlfernsehfilme: Freitagabend, Viertel nach acht. Mit Titeln wie: »Prosecco-Sommer« oder »Familie durch Zufall«. Die erfolgreiche Single-Karrierefrau erbt das heruntergekommene Hotel der Großmutter, ein böser Industrieller möchte ihr das Grundstück wegnehmen, aber mit der großzügigen Hilfe der Dorfbewohner und des gutaussehenden Tierarztes entdeckt sie die Natur und ihre eigene Weiblichkeit wieder, rettet das Hotel und verliebt sich in den Tierarzt. In Südafrika! Eine Liebe in Kapstadt! Herrlich!
Wenn ich nur ein einziges Mal Hotelerbin in einem Film sein würde und Erol Sander meine Tiere zur Reparatur geben könnte, dann wäre endlich alles perfekt …
Mitten in the Winter hier, die Laune’s pretty drastisch.
Why not have some Spaß instead of being so dramatisch?
Miteinander’s much more fun, so let’s get going everyone.
Die Nummer lief rund, und um uns tobte eine Bande von Technikern, Bühnenarbeitern und Promo-People. Ich sang und tanzte und scannte gleichzeitig alles um mich herum, inklusive meiner Musiker und Tänzer, um die Laune zu erfassen. Ich war die Hauptdarstellerin, aber auch die Koproduzentin und immer noch das jüngste Kind einer chaotischen Familie mit einer starken Neigung zu Drogen und Alkohol – ich warte immer auf den ersten Streit, das erste fliegende Glas, die ersten Tränen. So eine Show zu machen ist wie eine ganz, ganz lange Autofahrt mit vielen Kindern auf dem Rücksitz: Ist ihnen warm genug, haben sie genug zu essen, do they needa Pinkelpause? Sind wir schon da?
Wir machten eine Kaffeepause, und ich rannte schnell zu meiner Garderobe, um mein Handy zu checken. Seit meinem Heimatbesuch war ich in einem andauernden Ausnahmezustand, immer bereit für bad news from home.
Als ich meine Mutter zum letzten Mal im Krankenhaus sah, wusste ich, dass sie nie wieder nach Hause kommen würde. Sie lag da, winzig in ihrem Krankenbett, mitten in einem Netzwerk aus piepsenden Monitoren, Atmungsgeräten und Gummischläuchen, ein kleines Boot, vertäutin einem stürmischen elektronischen Meer. Ihre Füße schmerzten wegen ihrer Neuropathie, und sie bat mich, ihr eine
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