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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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mich um. Scarlett stand hinter mir. Eigentlich sah sie genauso aus wie vor fünf Minuten, als ich sie oben in meinem Zimmer allein gelassen hatte. Sie war in der Zwischenzeit, sofern möglich, höchstens
noch
ein bisschen dicker geworden. Scarletts Bauch wölbte sich jetzt, im neunten Monat, so stark nach oben und außen, dass man, wenn sie ein Zimmer betrat, erst Bauch sah und dann Scarlett. Das Kleid, das sie auf dem Ball tragen würde, hatte Camerons Mutter, die Schneiderin von Beruf war, extra für sie gemacht. Mrs Newton freute sich so sehr, dass ihr eigenbrötlerischer Sohn mit Begleiterin auf den offiziellen Abschlussball unseres Jahrgangs gehen würde, dass sie Stunden, ja,
Tage
damit zugebracht hatte, das perfekte Umstandsabendkleid zu nähen: Schwarzweiß, hoch angesetzte Taille im Empirestil, sanft die Knie umspielend und mit einem tiefen Ausschnitt, der Scarletts eindrucksvollen Busen betonte. Scarlett sah in dem Kleid zwar gigantisch, aber auch gigantisch gut aus. Wobei ihr stolzes, strahlendes Lächeln das Tüpfelchen auf dem i war, die Krönung. Dieses Lächeln rundete ihre Erscheinung erst richtig ab.
    »Da-da!«, sagte sie und wedelte übermütig mit den Armen, als wäre sie der erste Preis bei einer Rateshow. »Wahnsinn, was?«
    Sie grinste mich so entwaffnend an, dass ich trotz allem zurücklächelte. Seit wir beschlossen hatten auf den Abschlussball zu gehen und genau das zu machen, wovon
Seventeen -Leserinnen
träumen, war mit jeder Form von Normalität endgültig Schluss gewesen. Aber objektiv gesehen war unser Leben schon seit geraumer Zeit nicht mehr normal, ja nicht einmal ein bisschen normal.
    Zwischen meiner Mutter und mir hatte sich seit Januar etwas verändert. Fast unmerklich, mit bloßem Auge kaum |311| zu erkennen – aber es war definitiv so. Man merkte es daran, wie sie in manchen Situationen den Mund hielt, in denen sie eigentlich am liebsten ihren Senf dazugegeben, das Gespräch an sich gerissen hätte – eben gerne meine
Mutter
gewesen wäre. Sie holte Luft, die Worte formten sich bereits hinter ihren Lippen . . . und dann ließ sie es sein, atmete tief aus und sah mir in die Augen, während zwischen uns etwas ablief, von dem der Rest der Welt nichts mitbekam. Sie hielt sich also mit knapper Not zurück. Konzentrierte sich stattdessen auf andere Aufgaben: verkaufte Oma Halleys Haus, besuchte sie häufiger als frü her , begann ein neues Buch zu schreiben, und zwar über die Erfahrung, sich wieder als Tochter zu fühlen. Vielleicht würde ich ebenfalls in diesem Werk auftauchen. Vielleicht auch nicht.
    Seit der Nacht bei uns im Garten hatte ich Macon kaum noch gesehen. Er kam ohnehin immer seltener zur Schule, und wenn, hatte ich meine eigene Technik entwickelt, ihm aus dem Weg zu gehen. Doch wenn ich ihm begegnete, versetzte es mir nach wie vor einen Stich, genauso wie mir mein Handgelenk morgens beim Aufwachen immer noch leicht wehtat oder meine Rippen schmerzten, wenn ich nachts in einer bestimmten Stellung im Bett lag. Im März hörte ich, dass seine Mutter ihn rausgeschmissen hatte, und machte mir Sorgen. Und als ich Mitte April mitkriegte, dass er mit Elizabeth Gunderson liiert war, flennte ich zwei Tage und zwei Nächte lang.
    Doch ich zwang mich dazu, mich auf etwas zu konzentrieren, das wichtiger war, viel wichtiger: das Baby. Als wir im sechsten Monat zur Ultraschalluntersuchung gingen, sah ich es zum ersten Mal. Klein, verschwommen, kaum erkennbar. Doch es hatte Hände und Füße und Augen und |312| eine Nase. Die Ärztin erkannte sogar das Geschlecht. Scarlett wollte es allerdings nicht wissen. Sie wollte sich überraschen lassen.
    Wir veranstalteten eine Babyparty bei mir zur Hause, luden Cameron und seine Mutter dazu ein, die anderen Mädchen aus Scarletts Selbsthilfegruppe, sogar Ginny Tabor. Sie brachte eine riesige gelbe Stoffente für das Baby mit, die quakte, wenn man draufdrückte. Aber irgendetwas stimmte nicht mit dem Teil, denn es quäkte sofort los, wenn man es nur leicht berührte, und hörte nicht wieder auf, bis man ihm buchstäblich den Kopf abriss – eine Option, die einem bei Ginny leider nicht zur Verfügung stand. Camerons Mutter nähte ein Set erste Babyausstattung, komplett mit Bettwäsche, Wickeltischauflage etcetera, und alles passte perfekt zusammen. Meine Eltern schenkten Scarlett einen Gutschein für zehnmal Babysitting, damit sie auch mal Zeit für sich hatte, wenn sie wollte. Ich ließ als Geschenk ein Foto vergrößern und rahmen:

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