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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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beim Namen. Stattdessen wurde es bei Scarlett und Marion im Haus sehr still. Schweigen erfüllte die Räume bis unter die Decke. Für Marion war die Sache im Grunde bereits erledigt. Sie kümmerte sich um alles Notwendige, fuhr mit Scarlett mehrmals zu Beratungs- und Vorbereitungsterminen in die Klinik. Scarlett dagegen sagte fast nichts mehr und wurde immer stiller, wäh rend die Woche verging.
    An jenem Freitag fuhr meine Mutter mich zur Schule. Ich hatte ihr erzählt, Scarlett habe etwas vor und könne mich nicht wie sonst jeden Tag mitnehmen. Doch als wir auf der Lakeview Road an einer Ampel anhielten, stand |133| plötzlich Marions Wagen vor uns. Die beiden bemerkten uns nicht. Scarlett hatte den Kopf zur Seite gedreht und starrte auf die Straße. Marions Ellbogen ragte auf der Fahrerseite durch das geöffnete Fenster; wie immer rauchte sie. Es kam mir ohnehin nach wie vor völlig unwirklich vor, dass Scarlett schwanger war. Und wenn ich sie das nächste Mal wieder traf, würde es auch schon wieder vorbei sein. Ausgelöscht, vergessen.
    »Da vorne ist ja Scarlett«, sagte meine Mutter. »Du hast doch gesagt, sie käme heute nicht zur Schule.«
    »Tut sie auch nicht, sie hat einen Termin.«
    »Ist sie krank?«
    »Nein.« Ich drehte das Radio lauter. Die Stimme meines Vaters erfüllte den Wagen.
Es ist acht Uhr vier, hallo, ich heiße Brian und Sie hören T104 – der einzig gute Grund, morgens aufzustehen . . .
    »Wenn sie zum Arzt muss, ist anscheinend irgendetwas nicht in Ordnung«, sagte meine Mutter. Endlich schaltete die Ampel auf Grün. Scarlett und Marion bogen nach links ab, Richtung Innenstadt.
    »Ich glaube nicht, dass es ein Arzttermin ist«, sagte ich. »Keine Ahnung, was für ein Termin.«
    »Vielleicht Zahnarzt«, meinte sie nachdenklich. »Apropos: Du musst auch mal wieder zum Zahnarzt, zur Vorbeugeuntersuchung und um dir die Zähne reinigen zu lassen.«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, wiederholte ich.
    »Wird sie den ganzen Tag fehlen oder bloß zu spät kommen?«
    »Hat sie nicht gesagt.« Ich rutschte unbehaglich auf meinem Sitz herum und schaute stur geradeaus auf den gelben Schulbus, der vor uns herfuhr.
    |134| »Ich dachte, ihr zwei erzählt euch
alles
.« Sie sah mich kurz an und lachte. »Ist doch so, oder?«
    Was sollte das denn jetzt wieder? Was wollte sie mir damit sagen? Alles, was sie in letzter Zeit von sich gab, kam mir vor wie Doppelbotschaften, deren geheimen Subtext man mit einem speziellen Gerät oder Dechiffriercode entschlüsseln musste. Doch ich besaß weder das eine noch das andere. Am liebsten hätte ich gebrüllt
Scarlett hat gleich ei
ne
Abtreibung! Bist du jetzt zufrieden?
, nur um ihr Gesicht zu sehen. Ich stellte mir vor, wie sie auf der Stelle explodierte und sich in einer Rauchwolke auflöste; oder vielleicht wür de sie auch schmelzen, so dass am Ende nur eine Pfütze zurückblieb, wie bei der bösen Hexe aus dem
Zauberer von Oz
. Endlich bog sie auf den Parkplatz ab. In meinem Leben war ich noch nie so froh gewesen die Schule zu sehen.
    »Danke.« Ich gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und stieg aus.
    »Komm bitte gleich nach der Schule heim«, rief sie mir nach. »Ich koche uns was. Wir müssen noch über deinen Geburtstag reden.«
    Mein sechzehnter Geburtstag. Am nächsten Tag! Es war so viel passiert, dass ich im Prinzip gar nicht mehr daran gedacht hatte. Dabei hatte ich den Tag noch vor wenigen Monaten kaum erwarten können, denn er bedeutete alles, wonach ich mich sehnte: Führerschein, Freiheit . . .
    »Geht klar. Bis heute Abend.« Ich entfernte mich vom Wagen, ließ mich in der Menge der anderen auf den Haupteingang zutreiben. Soeben durchquerte ich die große Eingangshalle und war schon wieder auf dem Weg nach draußen, als Macon neben mir auftauchte. So war es immer: Ich sah ihn nie kommen, doch plötzlich war er da, wie aus dem Nichts. Zauberei.
    |135| »Hi.« Macon legte mir den Arm um die Schulter. Er roch nach Erdbeerbonbons, Zigarettenrauch und Aftershave – eine wilde Mischung, nach der ich mittlerweile süchtig war, so toll fand ich sie. »Wie läuft’s?«
    »Meine Mutter macht mich wahnsinnig.« Wir verließen das Gebäude. »Als sie mich heute zur Schule fuhr, hätte ich sie beinahe abgemurkst.«
    »Sie hat dich hergefahren?« Er blickte sich suchend um. »Wo steckt Scarlett überhaupt?«
    »Hat einen Termin oder so was.« Bei ihm nicht sofort mit der Wahrheit rauszuplatzen fand ich viel schwieriger als meine Mutter

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