Someone like you - Dessen, S: Someone like you
verspeiste. »Seit die anderen Bescheid wissen, habe ich vielleicht einen Hunger.«
»Sei besser vorsichtig mit den Hotdogs«, meinte ich besorgt. »Du musst nicht gleich übertreiben.«
»Mir geht’s gut«, antwortete sie. Macon streichelte mir übers Bein. Ich hatte ihm während der gesamten Sportstunde die Ohren voll gejammert, dass alles meine Schuld sei; ich hätte mich von Ginny Tabor nicht austricksen lassen dürfen. Und dass sie die große Neuigkeit an eine noch größere Glocke gehängt hatte, so dass in Windeseile die gesamte Schule Bescheid wusste, war natürlich ebenfalls meine Schuld. Doch Scarlett fuhr fort: »Jetzt schau mich nicht die ganze Zeit so an, als hättest du Schiss, dass ich gleich explodiere. Ich bin nicht sauer auf dich.«
»Trotzdem, es tut mir so Leid«, sagte ich zum ungefähr zwanzigsten Mal. »Ehrlich.«
|177| »Weswegen?«, fragte sie. »Es ist wirklich nicht deine Schuld, sondern Ginnys. Dass die auch ihre blöde Klappe nicht halten kann. Aber jetzt Schluss damit, vergiss es einfach. Wenigstens habe ich es nun hinter mir.«
»Nein, wirklich«, widersprach ich. Macon verdrehte entnervt die Augen. Ich hatte mir schon lang und breit ausgemalt, wie ich Ginny mit bloßen Händen erwürgen würde. »Es tut mir so
Leid
.«
»Halt die Klappe und gib mir lieber die Tüte mit den Chips.« Scarlett tippte mir auffordernd auf die Schulter und deutete auf meinen Schoß, wo die Tüte lag.
»Gib sie ihr lieber, schnell, sonst macht sie sich noch über meine Polster her.« Macon nahm die Tüte und reichte sie nach hinten.
»Ich habe Hunger«, meinte Scarlett mit vollem Mund. »Ich esse ab jetzt für zwei.«
»Aber dann solltest du keine Hotdogs essen.« Macon wandte sich zu ihr um. »Jedenfalls nicht ständig. Du musst vor allem Obst und Gemüse essen, viel Eiweiß, Joghurt. Ja, und Vitamin C ist auch wichtig. Melonen, Orange, so Zeug eben. Grüne Paprika. Haben jede Menge Vitamin C.«
Wir starrten ihn entgeistert an.
»Was ist?«, fragte er.
»Seit wann bist du der Schwangerschaftsexperte?«, fragte ich zurück.
»Keine Ahnung.« Er sah plötzlich aus, als wäre ihm das Thema peinlich. »Ich meine, natürlich kenne ich mich nicht speziell damit aus. Aber so was weiß doch jeder.«
»Melonen, mh?« Scarlett leerte die Chipstüte.
»Vitamin C.« Macon ließ den Motor an. »Sehr wichtig.«
|178| Als wir von unserer Mittagspause auf das Schulgelände zurückkamen, war nicht mehr zu übersehen, dass Scarlett angeglotzt wurde. Sobald wir uns näherten, hörten die Leute auf zu reden. Macon latschte ungerührt weiter, doch Scarlett machte ein ziemlich verkniffenes Gesicht. Ich hoffte nur, dass die Hotdogs nicht geradewegs wieder oben rauskommen würden.
»Wie können sich Menschen nur so anstellen?«, meinte Macon vernehmlich, als wir an der Oberklatschbase, Ginny Tabor, vorbeikamen, die neben Elizabeth Gunderson stand; beide starrten uns an und dachten dabei garantiert an Michael. »Als ob hier noch nie jemand eine schwangere Frau gesehen hätte!«
»Macon«, wisperte ich. »So was hilft uns auch nicht weiter.«
Scarlett sah beim Gehen stur geradeaus, als würde sich die ganze Situation in Luft auflösen, wenn sie sich nur genügend abschottete. Was die anderen wohl mehr schockierte? Dass Scarlett schwanger oder dass Michael der Vater war? Natürlich wurden immer wieder einmal Mädchen an unserer Schule schwanger; doch in der Regel verschwanden sie dann für einige Monate und kehrten anschließend mit Babyfotos im Portemonnaie zurück. Einige brachten ihre Babys allerdings auch mit in die Schule und trugen sie stolz zur Kinderkrippe hinüber, deren Gelände an den Schulhof angrenzte. Oft konnte man beobachten, wie Kleinkinder auf »ihrer Seite« des Zauns auf die Klettergerüste turnten oder gleich zum Zaun rannten, um ihren Müttern zuzuwinken, die auf dem Weg zum Unterricht vorbeiliefen. Aber Mädchen wie uns, wie Scarlett, passierte so etwas nicht. Und falls doch, ging man diskret damit um. Das Problem wurde – wie auch immer – in aller Stille |179| gelöst. Man hörte höchstens mal Gerüchte, aber nie etwas Konkretes.
Doch in diesem Fall lief ja ohnehin alles anders als sonst. Und sofern irgendjemand von uns Michael Sherwood vielleicht schon vergessen haben sollte: Nun würde es garantiert lange dauern, bis er – wieder – in Vergessenheit geriet.
|180| Kapitel neun
Während all das geschah – und es war schließlich turbulent genug –, mussten wir uns plötzlich
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