Someone like you - Dessen, S: Someone like you
noch so jung ist wie du. Aber es ist sehr wichtig, dass du mir alles erzählst, sowohl um deinetwillen als auch für dein Baby. Also sei bitte ganz offen mit mir.«
»Sie hat Recht«, bestätigte ich. Scarlett warf mir noch einen ihrer tödlichen Blicke zu. Ich hielt den Mund und konzentrierte mich wieder auf Elvis.
Scarlett zwirbelte verkrampft den Saum ihres Krankenhaushemdes um ihren Finger. »Ich habe ziemlich oft Sodbrennen«, gab sie schließlich zögernd zu. »Und in letzter Zeit war mir häufig schwindelig.«
»Alles im Bereich des Normalen«, meinte die Ärztin. Behutsam drückte sie Scarlett zurück, so dass sie wieder auf dem Rücken lag, und ließ ihre Hand unter das Hemd gleiten. Sie tastete Scarletts Bauch ab, hielt ihr Stethoskop daran und horchte. »Hast du mehr Appetit als sonst?«
»Ja, ich könnte die ganze Zeit essen.«
»Das ist in Ordnung. Pass nur auf, dass du viel Vitamin C und Eiweiß zu dir nimmst. Bevor du gehst, gebe ich dir eine Broschüre mit Ernährungstipps, dann können wir |206| auch gerne noch mal ausführlicher darüber sprechen.« Sie hängte sich das Stethoskop wieder um den Hals, blätterte durch ihre Unterlagen und klopfte mit dem Finger auf das Klemmbrett mit den Unterlagen. »Dein Blutdruck ist okay, die Urinprobe hast du abgegeben . . . möchtest du noch irgendetwas mit mir besprechen? Mich vielleicht etwas fragen?«
Scarlett warf mir einen grimmigen Blick zu, aber ich hatte gar nichts gesagt und es auch nicht vor. Stattdessen blätterte ich die Seite um, begann einen Artikel über Innenpolitik zu lesen und tat so, als hörte ich gar nicht zu.
»Eine Frage habe ich tatsächlich«, meinte Scarlett leise. »Wie weh tut es?«
»Was?«
»Die Geburt. Wenn das Baby kommt. Ist es wirklich so schlimm?«
Dr. Roberts lächelte. Mal wieder. »Es hängt von mehreren Umständen ab, Scarlett, aber ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass es nicht wehtut. Außerdem kommt es sehr darauf an, für welche Art Geburt du dich entscheidest. Manche Frauen möchten keinerlei Betäubung, Beruhigungsmittel oder anderen Medikamente; das nennt man ›natürliche Geburt‹. Ich empfehle dir gern ein paar Schwangerschaftskurse, in denen du diverse Atemtechniken lernen kannst, die helfen können, den Geburtsvorgang zu erleichtern.«
»Aber Sie sagen, es tut weh.«
»Ich habe gesagt, es kommt darauf an«, erwiderte Dr. Roberts einfühlsam. »Doch wenn ich ganz ehrlich sein soll – ja, es tut weh. Andererseits, denk doch einmal daran, wie viele Frauen es hinter sich gebracht
und
überlebt haben, sonst hätten sie ja gar nicht davon erzählen kön nen . |207| Wir alle sind nur auf der Welt, weil Frauen Kinder gebären und die Schmerzen ertragen, ertragen
können
. So furchtbar kann es also gar nicht sein, nicht wahr?«
»Wenn Sie meinen«, sagte Scarlett düster und legte eine Hand auf ihren Bauch.
»Du brauchst eine volle Dröhnung Beruhigungsmittel«, sagte ich, als wir ins Auto stiegen, um zum Supermarkt zu fahren. Samstags arbeiteten wir von zwölf bis sechs. Ich fuhr. Scarlett machte es sich neben mir auf dem Beifahrersitz bequem und stöhnte genervt vor sich hin. Ich redete weiter: »Sie sollten dir einfach so viel geben, dass du nichts mehr mitkriegst. Als würde man dir mit einem Baseballschläger eins verpassen.«
»Ja«, meinte sie, »aber fürs Baby ist das schlecht.«
»Der Baseballschläger?«
»Nein, die Medikamente. Ich glaube, ich sollte wirklich so einen Geburtsvorbereitungskurs machen. Atmen lernen.«
»Lamaze-Technik?«
»Ja, oder irgendetwas in der Art.« Sie blätterte durch die Broschüren, die die Ärztin uns gegeben hatte. Broschüren, Infomaterial, Umschläge mit Pröbchen, alles umsonst. Und überall fröhliche Schwangere auf den Titelblättern. »Vielleicht kommt Marion ja mit.«
»Bestimmt. Dann kann sie bei der Geburt dabei sein. Wäre doch cool, oder?«, sagte ich.
»Ich weiß nicht. Sie faselt immer noch was von Adoption, und zwar so, als gäbe es gar keine Alternative. Hat sogar schon Kontakt zu einer Spezialagentur aufgenommen«, meinte Scarlett.
»Sie ändert ihre Meinung bestimmt noch, wart’s ab.«
»Ich schätze eher, dass sie dasselbe über mich sagt.« Wir |208| fuhren auf den Parkplatz von
Milton’s Supermarket
, auf dem es wie jeden Samstag von Menschen und Autos bereits wimmelte. »Früher oder später wird eine von uns nachgeben müssen.«
Ein paar Stunden später, nach – jedenfalls kam es mir so vor – Tausenden schreiender
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