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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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Einheitsrat davon zu überzeugen, dass die von ihm vorgeschlagene Vorgehensweise tatsächlich funktionieren würde: Er nahm die Umwandlung an sich selbst vor. Er machte sich selbst zu einem Mönch. Und einige Monate später trat er dann als Cyborg erneut vor den ER.« Marin hielt inne und neigte den Kopf zur Seite. »Entschuldigen Sie«, erklärte er dann. »Es geschieht hier gerade einiges. Dieses Mal konnte der Einheitsrat es überhaupt nicht mehr abwarten. Alle Mitglieder wollten ewig leben.«
    Ich starrte die verstaubten Gestalten an, die rings um den Tisch saßen. Ich war von ihnen wie hypnotisiert: Ihre Blicke waren ausdruckslos, jegliche Bewegung nur noch eine fast vergessene Erinnerung.
    »Nachdem das schließlich erfolgt war, konnte sich der Rat wieder ganz dem neu gegründeten System zuwenden. Es gab natürlich reichlich Kinderkrankheiten. Revolten, Ausschreitungen – das System fiel genauso rasch wieder auseinander, wie es gegründet worden war. Die Vereinigung versagte einfach. Und dann zeigte sich, zu allseitigem Entsetzen, dass auch Dennis Squalor selbst allmählich versagte.«
    Kieth stand jetzt auf der anderen Seite des Tisches und fuhr mit einer Fingerspitze über die Schulter einer der reglosen Gestalten. »Die Hirnfunktionen nahmen ab«, sagte er geistesabwesend. »Ist ganz unausweichlich. Lässt sich durch einen Verhaltens-Chip zwar verändern, aber es ist irreparabel.«
    Marin nickte, immer noch mir zugewandt. »Irreparabel und für den Einheitsrat entsetzlich offensichtlich. Squalors Technik barg winzige Fehler, und sofort begriffen sie alle, dass sie dem Untergang geweiht waren. Danach ging alles sehr schnell: Squalor wurden immense Befugnisse und ein gewaltiges Budget zugebilligt, um nach einer Lösung zu suchen. Die Entscheidungsgewalt des Einheitsrates wurde immer weiter per Vollmacht den Staatssekretären übertragen, die seitdem den ganzen Laden mehr oder weniger alleine schmeißen. Der ER wurde, wie Sie selbst sehen können, im Prinzip ausgeschaltet eigentlich in eine Art ›Winterschlaf-Modus‹ versetzt –, bis ein ›Heilmittel‹ gegen ihren zunehmenden geistigen Verfall gefunden wäre. Auch Squalor war schon zu weit geschädigt, um überhaupt noch eine Lösung für das Problem finden zu können. Während er immer weiter dem Wahnsinn anheimfiel, gründete er die Cyber-Kirche. Auch wenn er noch einen letzten Schritt unternommen hatte, von dem er glaubte, dieser könne ihn doch noch retten.«
    Mit zusammengekniffenen Augen blickte Belling Marin an. »Wollen Sie damit sagen, der Einheitsrat vegetiert seit ungefähr Zwanzigjahren nur noch vor sich hin, und deren Scheiß- Staatssekretäre schmeißen den Laden jetzt?«
    Marin nickte. »Natürlich gab es niemals eine offizielle Erklärung oder eine Amtsübergabe, doch plötzlich befanden sich die Staatssekretäre in der idealen Position. Sie waren vollständig anonym, man hatte ihnen alle Vollmachten übertragen, und es gab keinerlei Vorkehrungen, sie abzusetzen oder abzuwählen oder ihre Macht anderweitig auch nur im Mindesten einzuschränken. Es war natürlich in deren Interesse, das alles so blieb wie es war. Wäre in irgendeiner Art und Weise die Aufmerksamkeit auf die tatsächlichen Gegebenheiten gelenkt worden, hätte das durchaus zu ihrer Absetzung führen können. Also wurden entsprechende Schritte eingeleitet. Beispielsweise wurde der SSD gegründet, dem dann immense Befugnisse zugestanden wurden. Squalor verschwand für ein paar Jahre von der Bildfläche, auch wenn er dieses Gebäude hier praktisch nie verlassen hat. Die Staatssekretäre gingen davon aus, er sei tot oder zumindest total arbeitsunfähig. Sie sahen auch keinen Grund, nach ihm zu suchen. Als er dann mit der Cyber-Kirche plötzlich wieder auftauchte, war es nicht gerade einfach, ihn wieder loszuwerden.«
    »Faszinierend«, merkte Belling gedehnt an. »Wo ist Squalor denn? Sie können diese Nachhilfestunde in Geschichte ja noch zu Ende bringen, während wir ihm sämtliche Schaltkreise herausreißen.«
    »Halt die Schnauze!«, sagte ich leise. »Er will hiermit auf irgendetwas hinaus.«
    »Mr Cates, Sie sind ein bemerkenswert zivilisierter Krimineller. Aber vielleicht hat Mr Orel recht: Die Zeit läuft uns davon. Gentlemen, ich darf Ihnen Dennis Squalor vorstellen -oder das, was von ihm übrig ist.«
    Er ging um den Tisch herum und blieb neben dem schwarzen Kasten stehen, der ihm bis zum Kinn reichte. Einen Moment lang starrten wir ihn bloß an. Kieth war der Erste,

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