Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch
schneller. Okay? Ich werde jetzt loslassen, und wenn ich das tue, dann nimmst du dir einen Augenblick Zeit, wieder zu Atem zu kommen, und dann erklärst du mir ganz genau, warum du gerade auf der Flucht bist, okay?«
Er starrte mich an, seine Lippen bewegten sich, doch es war kein Wort zu hören. Ich wartete.
»Du weißt, dass ich das mühelos machen kann, oder?«
Er nickte.
»Okay.« Ich ließ ihn los. Er machte einen Satz rückwärts, hustete und lehnte sich gegen ein paar seiner Geräte. Dann rieb er sich vorsichtig den Hals und blickte mich finster an.
»Na, war das nötig?«
Beiläufig setzte ich mich. Ich führte hier den üblichen Tanz auf, spielte nur meine Rolle. »Ich muss genau wissen, was für ein ›Päckchen‹ du mitschleppst. Es gibt schon genug Leute, die mir das Leben schwer machen, okay? Ich kann’s wirklich nicht gebrauchen, wenn die Gestalten, die hinter dir her sind, sich mit denen zusammentun, die hinter wir her sind. Sonst artet das Ganze noch zu einer lustigen Betriebsfeier des gesamten SSD aus.«
Mit einer Ruhe, die fast schon etwas Zeremonielles hatte, massierte sich Kieth weiter den Hals, bis er sein inneres Gleichgewicht wiedergefunden zu haben schien. »Hör zu, Kumpel, ich mach dir keinen Ärger, verstehst du? Ich kann meine Eskorte da draußen jederzeit abschütteln. Was meinst du wohl, warum die immer noch auf der Straße herumhängen, statt hier drinnen ein paar Schädel einzuschlagen? Weil man sich auf der Straße erzählt, ich sei wirklich hier, aber die können mich einfach nichtfinden.
Pass mal auf«, erklärte er und deutete auf eines der schwarzen Kästchen, die hier überall aufgestapelt waren. »Siehst du das hier? Ich kann dieses ganze Zimmer nicht einfach verschwinden lassen. Die gehen jedes Mal vorbei – wirklich jedes Mal. Und das hier?« Er deutete auf ein noch kleineres Kästchen. »Das stört alles, was die gegen mich zum Einsatz bringen können. Die sind nicht blöd, das weißt du ja selbst. Denen ist bekannt, dass ich wahrscheinlich hier bin. Aber sie kriegen’s einfach nicht raus. Ist natürlich alles illegal, jeder einzelne Chip, jede Nanofaser. Eigentlich sollte kein Zivilist wissen, dass es dieses Zeug überhaupt gibt.«
Das klang interessant. Allmählich fasste ich wieder Vertrauen zu Picks Empfehlungen.
»Ein Schutzraum, was? Es gibt immer Möglichkeiten, in einen Schutzraum einzudringen, Kieth, wenn der SSD es darauf anlegt und die erforderliche Energie aufbringt. Man holt sich Baupläne, man nutzt Schallbildgeber, und dann vergleicht man die Hohlräume, die man auf dem Bildschirm sieht mit denen, die man selbst gefunden hat.«
Höhnisch verzog Kieth das Gesicht. »›Schutzräume‹ – ich habe die Buden gesehen, die ihr in dieser gottverlassenen Stadt als ›Schutzräume‹ bezeichnet. Amateure! Die Technik ist doch seit mindestens zwei Jahren veraltet, meine Freunde! Das Einzige, was euch in diesen Möchtegern-Schutzräumen überhaupt noch überleben lässt, das ist die Tatsache, dass dem SSD in letzter Zeit das Budget zusammengestrichen wird, und der ER gesteht denen einfach nicht genug Schotter zu, um sich die erforderliche Ausrüstung zu kaufen, verstehste? Wenn die Bullen wirklich nach einem suchen, dann können sie einen in Nullkommanix finden. Dieses Gebäude hier …« – ungeduldig wedelte er mit der Hand – »… stammt aus der Zeit vor dem ›Großen V‹. Davon gibt’s keine Baupläne mehr. Ty hat’s selbst überprüft. Das Ding ist ausgebrannt, war ’ne Ruine und ist dann aus dem Schutt wieder aufgebaut worden. Unsere lieben Freunde, die Bullen, könnten Tage damit verbringen, sich die Wände hier anzusehen und die ganzen Anomalien zu untersuchen.«
Ich nickte. »Okay, ich glaub dir ja. Bist du daran interessiert, mit uns zusammenzuarbeiten?«
Er blickte zu Gatz hinüber, dann schaute er wieder mich an und tat so, als sei er ganz furchtbar entspannt. Aber die Art und Weise, in der er meine Hände im Auge behielt, verriet mir deutlich, dass ich zumindest einen gewissen Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. »Na, das hängt ja wohl ganz davon ab, oder? Wie wär’s denn, wenn du uns ein paar Details verraten würdest, dann könnte Ty ja auch eine Entscheidung fällen. Nur das Grundlegendste – nichts, was irgendwie alles vermasseln könnte.«
»Geht um ein Attentat. Bezahlung vorerst aufgeschoben, dann aber beachtlich. Sehr schwierig. Zielperson ist Dennis Squalor.«
Kieth wurde auffallend ruhig, dann richtete er seine Nase
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