Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
Vom Netzwerk:
sich dort im Inneren des Mönchs befand, blieb weiterhin unergründlich: Fünf schwarze Kästchen unterschiedlicher Größe, miteinander verbunden durch etwas, das aussah wie Plastikrohre.
    »Das ist die Fusions-Energiezelle«, erklärte Kieth und tippte mit einem langen Metallwerkzeug auf das größte der Kistchen. »Für eine Million Yen kann man in praktisch jeder Stadt des ganzen Systems gleich zehn Stück kaufen. Die Rohre da sind Datenbusse und Stromleitungen – alles schön in Kabelschächten zusammengefasst. Lasst Ty einen Moment Zeit, ein paar Dinge rauszukriegen.«
    »Viereinhalb«, sagte ich und musste gegen das Bedürfnis ankämpfen, aufzuspringen wie ein Raubtier und im Käfig hin und herzutigern.
    Was Kieth weiter vor sich hinmurmelte, war nicht mehr verständlich; unablässig bewegten sich seine Lippen, während seine Fingerspitzen über die Kabelschächte strichen; unter seinen geübten Fingern öffneten sich der Reihe nach sämtliche Sektionen. Sofort quoll ein gänzlich unübersichtliches Durcheinander vielfarbiger Kabel daraus hervor.
    »Das Scheißding ist ja ein wandelndes Waffenarsenal!«, sagte er plötzlich. »Cates, du hast echt Glück gehabt! Diese Dreckskerle verfügen über mehr Feuerkraft, als du dir vorstellen kannst – alles in Armen und Beinen versteckt.« Weitere lautlose Lippenbewegungen, dann beugte er sich vor, stieß einen kurzen Grunzlaut aus und berührte mit seinem komischen, langgezogenen Werkzeug einen kleinen schwarzen Punkt im Inneren der Körperhöhle. Ein Blitz flammte auf, und plötzlich roch es nach Ozon.
    »Einen hab ich! Kieth weiß jetzt, worauf er achten muss.« Weitere Blitze waren zu sehen, als er mit dem Werkzeug mal hierhin, mal dorthin piekste. »Milton, könntest du Ty wohl diese kleine graue Box mit dem roten Knopf geben?«
    Milton verdrehte ihren drahtigen, kleinen Körper, wühlte im Rucksack und warf Kieth eine Schachtel zu; geschickt fing der Techie sie auf. Dann hielt Kieth sie in das Inneres des Mönchs, wedelte damit hin und her und nickte schließlich. »Der ist jetzt still. Zumindest kann er nicht mehr mit Mutter Kirche reden. Und Ty glaubt, dass er auch nicht mehr geortet werden kann.«
    »Drei dreißig! Was genau heißt in diesem Zusammenhang bitte schön ›glauben‹, verdammte Scheiße?«
    »Das heißt, es besteht immer noch die Möglichkeit, dass sie ihn auf verschiedene andere Arten aufspüren können: Strahlungssignatur. Hirnwellen-Scan. Eingebaute Funkfeuer mit Totmann-Schaltung. Ty würde ein paar Stunden brauchen, um sämtliche Möglichkeiten auszuschließen, okay? Wir haben noch drei Minuten, und ich muss ihn noch wiederbeleben. Wir haben keine Zeit. Ich leite jetzt die Wiederbelebung ein.«
    Weitere Werkzeuge: Kieth fuchtelte so rasch damit herum, dass sie vor meinen Augen verschwammen. Wir wussten nicht genau, wie die Cyber-Kirche überhaupt für das Überleben der Mönche sorgte – zumindest nicht, was ihre Gehirne anging. Ich seufzte und rieb mir die Augen. Sie fühlten sich an, als habe irgendjemand Sand hineingestreut.
    »Fessel das Ding, Milton!«
    Während Kieth weiterarbeitete, verschnürte Milton dem Cyborg mit kräftigem Draht Hand- und Fußknöchel.
    »Jetzt geht’s los, Leute!«, rief Kieth. »Macht euch bereit!«
    »Milton!«, schrie ich.
    »Okay, okay, verdammt noch mal!« Sie eilte ein Stück weiter zurück und holte eine schwere Pistole, die auf der Straße nur als › Panzerstopper ‹ bekannt war. Auch uralt, aber sie würde diesen Mönch mit einem einzigen Schuss in sehr komplexen, aber trotzdem gänzlich unbrauchbaren Schrott verwandeln.
    Kieth holte tief Luft und veränderte eine Einstellung. Nichts geschah. Einen nach dem anderen starrten wir einander an. Es hatte etwas von Augapfel-Pingpong: Ich blickte Kieth an, er blickte mich an, ich blickte Milton an, wir alle schauten den Mönch an. Ohne Vorwarnung ergriff der Cyborg das Wort. Er sprach total ruhig, und seine Stimme wurde automatisch verstärkt, um den Lärm zu übertönen. Es war fast wie Zauberei.
    »Ich stelle fest, dass ich gefesselt bin und in unbefugter Weise in mein System eingegriffen wurde«, sagte die Maschine. »Erklären Sie dies.«
    Wir alle sackten ein wenig in uns zusammen und atmeten erst einmal tief durch. Wäre dieser Mönch in der Lage gewesen, uns anzugreifen, hätte er das auch getan, dessen war ich mir sicher.
    »Man hat dich entführt«, schrie ich zurück und keuchte schwer; die Anspannung der letzten Zeit forderte ihren Tribut.

Weitere Kostenlose Bücher