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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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die sich mal hierhin, mal dorthin ausrichteten. Für die Bewegungen waren winzige Motoren verantwortlich, wahrscheinlich auf Nanotech-Basis. Die Kameras ragten ein wenig aus den leeren, dunklen Augenhöhlen heraus und bewegten sich leicht ruckartig, auch wenn man es fast nicht bemerkte. Genauer hinschauen wollte ich dann doch nicht.
    »Ich versichere Ihnen«, erklärte der Mönch ruhig, »ich kann wunderbar sehen. Ich weiß nicht, warum Sie meine Religion verachten. Das ist eine bessere Form der Existenz. Eine ewige Existenz, die zur Erlösung führt. Ich wäre durchaus bereit, mit Ihnen allen über diese Dinge zu sprechen. Sie dürfen mich dabei auch gerne weiterhin gefesselt lassen, wenn Sie das als tröstlich empfinden. Jene, die keine Hoffnung haben, fürchten sich nur allzu oft vor dem, was sie nicht verstehen.«
    Ich rieb mir die Augen. »Kieth, kommst du alleine mit dem Ding klar? Wir brauchen noch ein paar Geräte, und in diesem verlassenen Newark-Scheiß-New-Jersey ist die Auswahl nicht gerade riesig.«
    »Ty fühlt sich ganz wohl mit dem Wissen, ohnehin verdammt zu sein. Und Ty arbeitet sowieso besser alleine.«
    »Milton, Gatz, kommt! Wir müssen noch eine lange Liste abarbeiten, bevor wir das Land verlassen können.«
    Milton zerrte ein letztes Mal an den Fesseln des Mönchs und sprang dann auf. »Jawohl, Meistärr. Ich kommä schon, Meistärr.«
    Gatz wandte mir seinen skelettartigen Schädel zu. »Ave, ich würde gerne hier bleiben, wenn das okay ist.«
    Misstrauisch schaute ich ihn an. »Echt?«
    »Ich arbeite gerade an was.«
    »Also gut«, entschied ich. Man wusste wirklich nie, was Gatz gerade durch den Kopf ging. Sein Gesicht wirkte wirklich ständig völlig verschlafen, aber ich kannte ihn immerhin gut genug, um die wenigen Augenblicke zu respektieren, in denen er tatsächlich eine eigene Meinung vertrat. »Los geht’s, Schwestern.«
    »Gates«, sagte Milton, »wenn du uns weiter Mädels und Schwestern nennst, wirst du ein Eunuch sein, bevor das alles hier vorbei ist.« Dabei klang sie sehr fröhlich, als wolle sie mich damit keineswegs angreifen. Ich schüttelte bloß den Kopf und dachte: Wahrscheinlich würd ich ’s nicht mal merken.
    Schweigend verließen wir die Lagerhaus-Ruine und bahnten uns den Weg durch die Schuttberge, die einst Newark gewesen waren. Eine ganze Menge Städte hatte es ziemlich übel erwischt während der Ausschreitungen – bevor der SSD die Dinge in die Hand genommen hatte. Tatsächlich hatte sich Newark selbst einige wenige Monate lang als unabhängiger Stadtstaat organisiert und sich geweigert, den Einheitsrat oder die Nationalen Regierungen anzuerkennen. Nachdem der SSD dann Zeit gefunden hatte, diese Rebellion niederzuschlagen, war von der Stadt nicht mehr allzu viel übrig geblieben, deswegen verfügte Newark über praktisch gar keine Infrastruktur mehr. Drahtlose Telefone waren illegal und sowieso schwer zu finden. Es war leichter, an KomLinks mit geschlossenen Kanälen zu kommen -wie die Teile, die Kieth uns organisiert hatte –, aber die funktionierten nur, wenn alle Links auf die gleiche Frequenz eingestellt waren. Bargeld hatte ich keines mehr, und in Newark hatte ich auch keinerlei Kontakte – ich wusste nicht mal, ob es in dieser Wüste hier überhaupt irgendwelche Profis gab, mit denen ich hätte Kontakt aufnehmen können –, also würden wir für den Rest der Dinge, die wir noch benötigten, auf die Suche gehen müssen. So schlimm war das jetzt auch nicht. Diese Wüste hier war zugleich auch ein Dschungel aus uralter, verrostender Tech, und vieles davon würde man bergen und wieder zum Einsatz bringen können.
    »Und was, wenn wir diesem armen Mistkerl da den Stecker rausziehen und dann herausfinden, dass er wirklich ein wahrer Gläubiger ist? Der die Ewigkeit abwartet und darauf hofft, eines Tages Gott persönlich die Hand schütteln zu können?«, fragte sich Milton plötzlich.
    »Um Gottes willen«, beklagte ich mich. »Ich …« Ich hielt inne und neigte den Kopf zur Seite.
    »Ich was?«
    Ich hob die Hand und zog meine Waffe. »Halt die Klappe. Mach doch zur Abwechslung einfach mal die Ohren auf!«
    Einen Moment lang standen wir dort zwischen geborstenen Steinen und verbogenem Metall, beschienen nur vom Mondlicht, von nichts sonst, und vor und hinter uns erstreckten sich kaum erkennbare Umrisse bis zum Horizont. Ich hörte Milton atmen, laut und angestrengt; es war die Art Atmen, die mir meinen Job normalerweise vereinfachte. Ich schloss die Augen

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