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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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irgendetwas ist schiefgelaufen. Er ist der erste SSD-Officer, der zur Cyber-Kirche konvertiert ist – auch wenn er rein formal kein Mitarbeiter des SSD mehr ist. PR-technisch ein echter Albtraum, das kann ich Ihnen flüstern. Wenn der morgen als ›Bruder Dawson‹ auftaucht, werden die Vids einen Mordsspaß mit ihm haben.«
    Ich ließ mich wieder gegen die Rückenlehne sinken. »Ach du meine Fresse.« Ich fühlte mich wie bedröhnt. Immer wieder musste ich daran denken, dass wir mit dem Job noch nicht einmal richtig angefangen hatten, und ich war schon jetzt erschöpft. Um ein Haar hätte man mich heute umgebracht.
    Ich schaute Marin nicht an. »Sie wissen, dass die Cyber-Kirche Moje dafür bezahlt, mich zu schikanieren. Mich zu eliminieren.«
    Er nickte. »Natürlich. Aber ich habe das Problem, dass ich offiziell keinen hinreichenden Verdacht habe, um gegen die Kirche zu ermitteln. Also tut Colonel Moje offiziell überhaupt nichts Falsches – schließlich sind Sie ein bekannter Krimineller. Derzeit steht es nicht in meiner Macht, Moje aufzuhalten. Ich könnte natürlich seinen Namen an ein paar geheime Kanäle weiterleiten – es gibt Hunderte von Dingen, deretwegen ich AIA-Ermittlungen einleiten könnte, ihn mit sofortiger Wirkung suspendieren lassen und dafür sorgen, dass dieser Dreckskerl für alle Zeiten in einem Verhörzimmer verschwindet. Aber damit würde ich meine eigenen Interessen preisgeben – und noch bin ich nicht bereit, das zu tun.«
    Ich starrte weiterhin geradeaus. »Ich verstehe kein Scheiß-Wort von dem, was Sie sagen.«
    Wieder nickte Marin. »Wir alle haben unsere Grenzen, Mr Cates.«
    Den Rest des Fluges nahm ich überhaupt nicht richtig wahr. Ich döste in meinem Sitz, die langsam trocknende Kleidung juckte auf der Haut. Marin sagte nichts mehr, auch wenn er häufig vor sich hin summte, und hin und wieder glaubte ich, sein Gesumme seien in Wirklichkeit geflüsterte Worte, als antworte er Leuten, die nicht da waren.
    Plötzlich erstarrte er und verstummte. Einige Sekunden blieb es so, und ich fragte mich, ob ich den Schweber wohl selbst würde landen müssen, während Marin auf der Rückbank Höllenqualen durchlitt und tobte. Dann verkrampfte er, als durchliefe eine Welle seinen ganzen Körper, und wandte mir ruckartig den Kopf zu.
    »Ich habe noch mehr schlechte Neuigkeiten, Mr Cates«, sagte er und steuerte den Schweber in einen sanften Bogen. »New York steht in Flammen.«
    Meine Langeweile war wie weggeblasen. Ich richtete mich in meinem Sitz auf. »Was?!«
    »Gestern ist es in Battery Park zu Unruhen wegen der Lebensmittelverknappung gekommen. Eine unzureichend große SSD-Einheit wurde ausgeschickt, um die Revolte niederzuschlagen, und die arroganten Arschlöcher haben genau das getan, was sie immer tun: Sie haben versucht, die Aufständischen mit einer Machtdemonstration zu beeindrucken. In dem Gefecht, das dann folgte, sind zwei SSD-Officers ums Leben gekommen. Es wurden zwar auch fünfhundert Bürger getötet, aber anscheinend haben zwei tote System-Cops ausgereicht, um alle Beteiligten zu Höchstleistungen anzuspornen, und die Ausschreitungen haben sich auf einen Großteil der Insel ausgedehnt. Derzeit ist der SSD damit beschäftigt, sämtliche Zufahrten zu blockieren – mit Gewalt.«
    Ich rieb mir die Augen. »Gottverdammt«, murmelte ich. »Das verkompliziert alles.«
    Solche Aufstände hielten nie lange an. Eine Schar fast verhungerter, unwissender Gestalten, die mit Steinen um sich warfen, konnten sich nie lange gegen die System-Bullen halten, vor allem nicht, wenn die Sturmtruppen landeten und Schweber herbeiriefen. Aber in der Zwischenzeit konnte reichlich Schaden angerichtet werden. Bislang hatte ich drei Aufstände miterlebt. Einer hatte drei Tage lang gedauert, und die Vollidioten hatten sogar schon einen Bürgermeister gewählt, der für sie sprechen sollte. Jetzt war der Mann tot. Schön war das damals nicht gewesen.
    »Das bedeutet leider, dass ich Sie nicht unmittelbar nach New York bringen kann«, fuhr Marin fort. Wir näherten uns gerade Manhattan. Ich sah schwarze Rauchsäulen aufsteigen. »Ich kann Sie in die Nähe schaffen, in den Norden der Insel, aber das war’s auch schon. Nach Süden müssen Sie sich alleine durchschlagen – falls Sie wirklich nach Süden müssen.«
    Nördlich der Seventieth Street gab es in Manhattan nichts mehr. Während der Aufstände – der Aufstände – waren gewaltige Teile der Stadt dem Erdboden gleichgemacht worden, genau wie in

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