Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch
eben gefährlich aus, und das war häufig genug, um durchzukommen. Alles war nur Show. Seine beiden Begleiter stellten sich als schmierige, schmutzige Frauen heraus, die ganz offensichtlich Angst hatten. Ich hätte auch Angst, wenn ich in meinem Körperinneren genug mit Drogen gefüllte Kondome versteckt hätte, um damit eine ganze Elefantenherde umzubringen.
Kurz blickte ich zu der Schlacht hinüber, die zu meiner Linken immer noch unvermindert tobte, dann trat ich dem Trio geradewegs entgegen. Ungefähr drei Meter vor mir blieben sie stehen, und der Dutchman richtete seine Pumpgun auf mich. Das machte mir nichts aus. Ich hatte schon oft genug miterlebt, dass irgendjemand eine Waffe auf mich richtete, und die Abenteuer der letzten Zeit hatten mich dazu gebracht, noch einmal darüber nachzudenken, was eigentlich die größte Gefahr für mein Leben darstellte. Wer nicht gerade ein Killer-Cyborg oder ein Elite-Officer des System-Sicherheitsdienstes war, konnte mein Blut nicht in Wallung bringen.
»Das ist es nicht wert, Freund«, sagte der Dutchman. Er sprach mit einem so schweren Akzent, dass er kaum zu verstehen war, und wenn er sprach, schien er sämtliche Wörter erst mühsam zusammenklauben zu müssen. Ich schnippte ihm meine Zigarettenkippe entgegen und atmete den Rauch aus. Früher waren die Zigaretten einfach besser gewesen. Es war das Gleiche wie beim Fusel. Klar, man konnte Zigaretten kriegen, und wenn man genug Yen hatte, konnte man sogar richtig gute kaufen – doch die besten stammten nun mal aus der Zeit vor der Vereinigung. Vielleicht war das ja alles nur verklärende Scheiße, aber wirklich jeder war fest davon überzeugt, dass die Dinger von damals besser schmeckten, obwohl sie schon so alt waren, und obwohl selbst die Schrott-Zigaretten von heute geradezu unverschämt teuer waren. Für die meisten von uns waren das die einzigen, die wir überhaupt zu Gesicht bekamen.
»Hör zu, du bescheuerter Käskopp, du kennst mich doch! Du hast dir mit Kev Gatz ein Zimmer geteilt. Wir sind uns schon begegnet.«
Mit zusammengekniffenen Augen blickte er mich an, und wieder zuckten Arm- und Schultermuskeln. Schön sah das nicht aus.
» Ya«, sagte er schließlich, und sein grobes, rotes Gesicht verzog sich zu einem hässlichen Lächeln. »Ich dich schon gesehen. Klar.« Abrupt verschwand das Lächeln. »Geh aus Scheiß-Weg.«
Ich hob die Hände. »Ich muss bloß Marcel finden.« Das Lächeln kehrte zurück. »Marcel? Ya, Marcel kenne ich. Er verstecken. Ich dir sage, wo ist. Fünfhundert Yen.«
Zorn stieg in mir auf, vor allem getrieben von der Erschöpfung. Ich war diese ständigen Hindernisse einfach leid. Mit diesem Grinsen auf seinem tomatenroten Gesicht hatte der Dutchman mir die Laune endgültig versaut, also machte ich ihn fertig. Es war geradezu lächerlich einfach. Große Typen -vor allem große Typen, die reichlich dafür gezahlt haben und viele körperliche Beschwerden über sich ergehen lassen, um überhaupt so groß zu werden überschätzen normalerweise das Ausmaß an Gewalt, das erforderlich ist, um sie zu brechen.
Man brauchte nicht mal irgendeine besondere Straßenkampftechnik: Ich nickte nur, blickte auf die Straße, wartete einen Herzschlag lang schweigend ab und sprang dann auf das Muskelpaket zu. Bevor der Dutchman überhaupt reagieren konnte, hatte ich die Waffe schon erreicht, prallte dagegen und sorgte so dafür, dass sie ihm mit voller Wucht gegen die Nase krachte. Sofort sackte der Kerl in die Knie, die Nase nur noch eine blutige Masse. Ich hielt die Waffe fest, als sie ihm aus den Händen glitt. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war irgendein Drogenbaron, der sich der Reihe meiner zahlreichen Verehrer anschloss, also schwenkte ich die Waffe herum und richtete sie auf die beiden Kuriere. »Ihr bleibt hier«, riet ich ihnen. »Ich bin gleich fertig.« Während der Dutchman sich noch auf dem Boden wand, detonierte ganz in der Nähe des Ladens ein Sprengsatz und trieb uns einen Schwall Heißluft entgegen. Besorgt blickten die beiden Kuriere hinüber, doch ich behielt sie weiterhin im Auge. Dann versetzte ich dem Dutchman einen leichten Tritt; er stöhnte auf.
»Du hast Knochen wie ein Vögelchen, mein Freund«, sagte ich. »Erzähl mir einfach nur, was ich über Marcel wissen will, dann kannst du gerne mit deiner Lieferung weitermachen. Komm mir noch mal in die Quere, und ich breche dir jeden einzelnen Hohlknochen in deinem Leib. Hast du mich verstanden?«
Erneut stöhnte
Weitere Kostenlose Bücher