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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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es nicht mehr. Aber wenn ein Mönch einen vor Jahren schon einmal gescannt hatte, dann standen ihm diese Informationen immer noch zur Verfügung, und manchmal sprach solch ein Mönch sein Gegenüber tatsächlich mit Namen an.
    Ich blickte an dem Cyborg vorbei, die gewaltige, schwindelerregend breite Straße hinab, die vor uns lag. »Geh mir aus dem Weg, verdammte Scheiße!«, grollte ich. Ich spielte immer noch die Rolle, die ich mir angewöhnt hatte. Man wusste ja nie, wer einen gerade beobachtete.
    Die Maschine huschte davon und sprach jemanden an, der hinter uns die Straße hinabging. Ich blickte nach links und starrte auf den Schweber-Stellplatz des SSD, eine riesige Freifläche, einen Häuserblock vom ›Rock‹ entfernt. Dort hatten die Cops eine ganze Flotte ihrer Standard-Schweber abgestellt -kleine Maschinen für zwei bis drei Passagiere, keine der großen, fetten Dinger, die man mit Sturmtruppen regelrecht vollstopfen konnte. Ein paar Brecher und Officers standen dort herum; einige schauten mich an, während ich weiterging. Es war immer schlecht, die System-Bullen anzustarren. Das gefiel denen nicht, und sie erteilten gerne Lektionen. Aber ich brachte es nicht über mich, den Blick abzuwenden. Alle Schweber sahen ungepflegt und angeschlagen aus; die Panzerungen waren unsauber geflickt, man sah deutlich, dass die Geräte schon einiges durchgemacht hatten. Nicht ein einziger dieser Schweber sah auch nur ansatzweise neu aus.
    »Hier runter«, sagte Jabali und deutete nach rechts. Ich folgte seiner Handbewegung, und wir gingen eine Seitenstraße hinab, die vom ›Rock‹ fortführte – ›The Rock‹, auch bekannt als ›Cop Centrah, die gottverdammte Leitstelle der Bullen. ›Cop Centrah war eine eigene Scheiß-Welt: vier mal vier Häuserblocks, in denen es nichts außer Cops gab. In dieser Welt gab es eine ganz andere Schwerkraft, und Leute wie ich gingen in der Atmosphäre dieser Welt einfach drauf, wenn wir ihr zu nahe kamen. Der Hauptturm war uralt und ragte vor uns weit in die Höhe; er war das höchste Gebäude von ganz New York. Von seinem Dach aus stiegen den ganzen Tag über ständig Schweber in die Höhe oder landeten dort.
    Während wir weitergingen, musste ich bewusst mein Schritttempo verändern. Wir waren jetzt zu einem vermeintlich sorglosen ›Spazieren‹ übergegangen. Mein Herz hämmerte in der Brust, trieb mein saures Blut durch meinen ganzen Körper, sodass es nach und nach sämtliche meiner Knochen verätzen konnte. Natürlich blieb man immer schön auf dem Bürgersteig, schließlich sausten ständig irgendwelche Pedicabs die Straßen hinauf und hinunter. Die Fahrer schrien einen an, man solle aus dem Weg gehen, und auf der Rückbank saßen immer zwei oder drei fette Arschlöcher. Also ging ich zur Seite, um eine der ausgemergelten, erschöpften Gestalten, die vor die Kabinen gespannt waren, an uns vorbeizulassen. Seine Passagiere schrien ihn unterdessen ständig an, er solle endlich seinen Arsch bewegen. Mir ging bei dem Gebrüll nur durch den Kopf, dass ich vielleicht doch keinen so schlechten Weg im Leben eingeschlagen hatte. Es mochte mir ja richtig scheiße gehen, aber wenigstens war ich nicht diese arme Sau da.
    Jabali stieß nur einen Grunzlaut aus, als wir die gewünschte Position passiert hatten. Dr. Daniel Terries lebte in einem schmalen fünfgeschossigen Haus, das so aussah, als würde es lediglich durch die angrenzenden Gebäude vor dem Einsturz bewahrt. Ich schaute es mir genau an, ohne auch nur den Kopf zu bewegen. Es war ein alter Bau – nun ja, jedes Gebäude in New York war alt. Aber das hier hatte man offensichtlich renoviert, die Bausubstanz verstärkt und die Wohnräume mit dem mittlerweile üblichen Komfort ausgestattet. Mehrere Male umrundeten wir den Häuserblock, blickten immer wieder verstohlen zu unserem Ziel hinüber, überquerten schließlich die Straße und zahlten an einem Verkaufsstand zweihundert Yen für zwei winzige Kaffee. Ich lehnte mich gegen die Wand und schaute alles andere an, nur nicht das Gebäude, das uns eigentlich interessierte. Ich nahm schnappschussartig so viel wie möglich von meiner Umgebung auf, während ich bald hierhin, bald dorthin schaute. Dabei genoss ich diesen Fingerhut warmen bräunlichen Sirups.
    Natürlich musste es in dem aufwändig sanierten Ding ein Apartment-Interface-System geben, das grundlegende Sicherheitsvorkehrungen traf allesamt nutzlos – und einfache Kammerdieneraufgaben erfüllte. Ein Aufzug, eine

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