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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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das rasch in ein sanftes, volles Schallen überging: Es war das Geräusch, mit dem sämtliche Vid-Schirme der Stadt gleichzeitig zum Leben erwachten. Normalerweise blieben diese Displays lautlos und zeigten nur Laufschriften. Doch sämtliche neueren Schirme waren auch auf Klangausgabe ausgelegt, und sie brachen in ohrenbetäubenden Stereosound aus, sobald eine wichtige Ankündigung anstand.
    »Achtung«, dröhnte eine computergenerierte Stimme mit angenehmem Klang. Sie klang sehr beherrscht. Mich erinnerte sie an die Mönche. »Gemäß einem Notfall-Beschluss nach Vorschrift Sechs-Sechs-Zehn hat der System-Sicherheitsdienst den allgemeinen Notstand ausgerufen. Alle Bürger sind aufgefordert, ihre Wohnungen bis auf Weiteres nicht zu verlassen. Zuwiderhandlung steht unter Strafe. Achtung: Gemäß einem Notfall-Beschluss nach Vorschrift Sechs-Sechs …«
    Immer und immer wieder wurde die Nachricht wiederholt, und wir starrten einander bloß an. Schweiß strömte mir über den Rücken – so langsam, dass es juckte.
    »Dieser Scheiß hier«, sagte Jabali gedehnt, »ist mir zu hoch.«
    Unverwandt blickte ich Terries’ Rücken an, während der unablässig weiterwühlte. »Der Name, Doc: Wie lautet er?« Ich wollte wissen, wer mir das angetan hatte. Ich erinnerte mich daran, wie ich auf den Knien gelegen hatte, eine kalte Waffe gegen den Schädel gepresst. Ich erinnerte mich daran, wie man mir gesagt hatte, ich würde meine Strafe bekommen. Unruhig zuckten meine Hände. Ich erinnerte mich an die Situation damals, und ich wollte mich rächen.
    »Kieth«, antwortete Terries, während er sich bis zum Boden des kleinen Rollwagens vorkämpfte. »Ty Kieth. Ein komischer Name, finden Sie nicht? Aber solche Leute sind immer bloß clever. Immer nur clever und nie wirklich smart.«
    Der Name schien in der Luft zu hängen. Ich kannte Ty Kieth. Ich kannte ihn schon seit Jahren. Er hatte mir geholfen, als ich die Cyber-Kirche erledigt hatte, und er hatte mir dabei geholfen, meine Organisation in Manhattan aufzubauen, Sicherheitsnetzwerke und Kommunikationssysteme einzurichten. Ich kannten diesen kahlen Dreckskerl mit der ständig zuckenden Riesennase.
    Und ich wusste genau, dass er nicht derjenige war, nach dem ich in Wirklichkeit suchte. Ty Kieth mochte ja zu vielen Dingen in der Lage sein. Aber er hätte niemals seine Zeit damit verschwendet, so etwas zu bauen – es sei denn, man hätte ihn dazu gezwungen … oder man hätte ihm unvorstellbare Mengen Yen dafür gezahlt. Ty Kieth wollte doch nichts anderes, als in aller Ruhe in seinem Labor mit irgendwelchem Scheiß herumzuspielen. Als er vor ein paar Jahren New York verlassen hatte, war es unmöglich gewesen, ihn dazu zu bewegen, doch noch zu bleiben: nicht durch Geld, egal wie viel, nicht durch Betteln und Flehen. Er hatte gesagt, er müsse forschen.
    Ty Kieth in Paris, dachte ich. Für den Anfang gar nicht so schlecht.
    »Danke, Doc«, sagte ich und bedeutete Jabali mit einer Handbewegung, das Labor wieder zu verlassen. »Es tut mir leid, dass ich …«
    Der ältere Mann stand immer noch vor dem kleinen Wagen und drehte sich jetzt zu uns um. Ich stockte. Er richtete eine Waffe auf uns. Sie glitzerte und schimmerte: Sie war brandneu und sah aus, als sei sie noch kein einziges Mal abgefeuert worden. Es war eine Roon, das allerneueste Modell. Ich denke mal, so ein Spielzeug wie die kostete ungefähr sechzigtausend Yen. Ich war der reichste Mensch, den ich kannte, und selbst ich hatte noch nie zuvor eine derart teure Waffe gesehen.
    Terries hielt die Roon, als könne sie ihm jeden Moment in der Hand explodieren. Doch sein Finger lag an genau der richtigen Stelle. Also entschied ich mich dafür, reglos stehen zu bleiben und kein Risiko einzugehen.
    »Es tut mir leid, Mr Gates«, sagte er und lächelte. »Sie sind der einzige Grund dafür, dass ich noch nicht sterbe.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht zulassen, dass Sie wieder gehen.«

XI
    Tag fünf:
    mit dem Wissen, völlig im Arsch zu sein,
    geht ein gewisses Gefühl der Freiheit
    einher
     
     
    Ich entschied mich, alles nicht noch schlimmer zu machen, und blieb stehen. Außerdem richtete der Doktor ja immer noch die Waffe auf mich. Jabali und ich waren mehr oder weniger unbewusst in die alte ratsame Routine verfallen und hatten genügend Abstand voneinander gehalten. In diesem Augenblick nutzte mein Begleiter diesen Vorteil aus, zog die eigene Waffe und richtete sie seinerseits auf den guten Doktor.
    »Doc«, sagte er,

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