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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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mein Handgelenk fest, mit der anderen griff er nach der Autokanüle. Mit meiner freien Hand stoppte ich ihn mitten in der Bewegung, umklammerte fest seinen Unterarm – was ihn vermutlich ziemlich schmerzte. Erschreckt blickte er mich an.
    »Wollen Sie wieder andeuten, ich sei ein wildes Tier, Dr. Terries?«
    Auf seinem Gesicht spiegelten sich gleich mehrere Emotionen wider, schön eine nach der anderen. Ich hätte Terries jede einzelne davon beschreiben können: das genaue Ausmaß seines Entsetzens, die ohnmächtige W 7 ut, die hektische Suche nach einem durchführbaren, Erfolg versprechenden Plan.
    Beim Pläneschmieden wirkte der gute Doktor, als würde er ein Flussdiagramm abarbeiten … Die Mühe den Mund aufzumachen aber sparte ich mir. Ich hatte deutlich erklärt, was ich meinte, und der Doktor verzog die Lippen zu einem nicht sonderlich gelungenen Grinsen und schüttelte den Kopf.
    »Bestimmt nicht, Mr Gates!«, widersprach er mir schnell und machte keinerlei Anstalten, sich aus meinem Griff zu befreien. Er schwitzte ein wenig. »Ich meinte das voller Respekt. Ich bin kein …« Er hielt inne und suchte nach der perfekten Möglichkeit, mir zu schmeicheln, ohne allzu arschkriecherisch zu klingen. Geradezu Mitleid erregend hellte sich sein Gesicht auf. »Ich bin kein Macher, verstehen Sie? Etwas anderes habe ich wirklich nicht gemeint.«
    Ich grinste ihn an, kaum wahrnehmbar und ohne jegliche Spur von Belustigung. Dann ließ ich seinen Arm los und wandte mich Jabali zu. »Hast du das gehört? Wir sind Macher!«
    Jabali schaute mich an, als habe er keinen blassen Schimmer, was hier eigentlich vor sich gehe, doch er grinste trotzdem. »Ach Scheiße, Boss.«
    Ich spielte genau die Rolle, die Dr. Terries von mir erwartete. Von dem Augenblick an, da ich plötzlich hinter ihm auf der Straße aufgetaucht war, hatte er mich in eine Schublade gesteckt. Für ihn war ich der typische Downtown-Schlägertyp, wie er immer in den Vids dargestellt wurde: unwissend, gewalttätig und gierig. Und vielleicht war ich das auch, ganz abhängig von meiner jeweiligen Tagesform. Aber jetzt war das nur noch ein Mittel zum Zweck, um Dr. Terries schön ängstlich zu halten. Denn sollte er auch nur einen Moment lang vermuten, es ginge uns überhaupt nicht darum, ihn umzubringen, würde es völlig unmöglich, mit ihm klarzukommen.
    Terries schluckte heftig und atmete tief durch, den Blick fest auf die Vene in meinem Arm gerichtet, die immer weiter hervortrat. Geschickt ließ er die Autokanüle vorschnellen. Kurz spürte ich, wie das Gerät meine Haut zusammenkniff. Schon eine Sekunde später verging der Schmerz wieder, schließlich wurde sofort ein Schmerzmittel appliziert. Das durchsichtige Entnahmeröhrchen füllte sich langsam mit meinem tiefroten Blut.
    »Ich habe Teile Ihrer Akte eingesehen«, sagte Terries plötzlich, blickte zu mir auf und leckte sich über die Lippen. »Einiges davon ist frei zugänglich – nicht durch Marins Dienststelle zensiert, meine ich –, und das stellt eine doch recht interessante Lektüre dar.«
    Ich wog ab, ob ich seine Worte als Beleidigung auffassen sollte oder nicht, und entschied mich dann dafür, seine Bemerkung unkommentiert stehen zu lassen. Es war immer gut, unberechenbar zu sein. Das sorgte dafür, dass die Bauerntrampel immer schön ängstlich blieben. Leute schätzten es sehr, irgendwelche Spielregeln zu lernen. Denn wenn man erst einmal die Spielregeln beherrschte, konnte man auch das Endergebnis beeinflussen. Aber wenn es keine Regeln mehr gab, dann war es wohl das Beste, immer schön dafür zu sorgen, dass bloß kein Arm und kein Bein aus dem Sicherheit spendenden Käfig herausragte.
    »Hatten Sie wirklich … öhm … mit Dennis Squalor zu tun?«, fuhr er fort und schaute dabei zu, wie die Autokanüle ihre Arbeit verrichtete.
    Ich nickte, mein Gesicht völlig ausdruckslos. Ich dachte nicht gern an die Stunden zurück, die ich unter der Westminster Abbey verbracht hatte: Ich hatte Squalor gejagt, ich hatte Mönche umgebracht – und ich hatte mitansehen müssen, wie Kev Gatz gestorben war.
    Terries wartete einen weiteren Moment ab. »Das ist sehr aufregend«, sagte er schließlich, zog die Autokanüle geschickt wieder zurück und drückte einen kleinen Gazetupfer auf die winzige Wunde. »In gewisser Weise war Squalor wirklich ein
    Genie. Hat Erstaunliches auf dem Gebiet der Kybernetik und der Substitution biologischer Systeme vollbracht. Er hätte Preise einheimsen können, Professuren

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