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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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»man zieht keine Waffe, wenn man sie nicht auch benutzen will, verdammt! Und Sie wollen diese Waffe gar nicht benutzen. Und deswegen sind Sie ein Schwachkopf.«
    Kurz blickte Jabali zu mir herüber. Ich erwiderte seinen Blick nicht. Doch ich schüttelte fast unmerklich den Kopf. Ich wollte den Doc nicht umbringen; ich brachte ohnehin schon tagtäglich mehr als genug Leute um. Rings um uns war immer noch das Geheul dieser offiziellen Ankündigung zu hören, gedämpft von Beton und Glas, und ich hob ganz langsam die Hände.
    ›Unschlüssigkeit‹ war ein Charakterzug, der einem Revolverhelden nicht gerade gut zu Gesicht stand. Diese Unschlüssigkeit konnte einen das Leben kosten, und mich beschlich ein äußerst ungutes Gefühl. Wie schwarzer Pudding füllte es nach und nach meine Magengrube.
    »Es tut mir leid«, sagte Terries sanft und zuckte die Achseln. Man spürte deutlich, dass er es gewohnt war, das Sagen zu haben. Und er dachte, weil er jetzt diese Waffe in der Hand hielt, hätte er auch hier das Sagen. Noch vor einem Moment war er erschüttert gewesen, zögerlich, verängstigt. Jetzt allerdings grinste er mich an, als hätte niemand hier im Raum um die sechzig Leute umgebracht – sie umgebracht, während er ihnen in die Augen geblickt hatte. »Wenn Sie durch diese Tür dort gehen, startet bei mir der Countdown zu einem raschen, entsetzlichen Tod.«
    »Sie haben doch eine Blutprobe von mir«, merkte ich an. »Damit können Sie arbeiten. Sie brauchen mich doch überhaupt nicht.«
    Er nickte. »Ja, vielleicht, Mr Cates. Aber ich habe Ihnen nur eine sehr kleine Menge Blut abgenommen. Und wir wissen auch nicht, wie sich diese Nanobots verhalten. Wer weiß, vielleicht sind die irgendwie auf Ihre Biorhythmus-Signatur eingestellt und wandeln sich um, wenn Sie sich nicht in unmittelbarer Nähe befinden. Vielleicht werden sie auch inaktiv oder zerstören sich selbst, wenn sie sich nicht in einem lebenden Biosystem befinden.« Er zuckte die Schultern. »Mr Cates, Sie jetzt einfach gehen zu lassen wäre fast so, als würde ich Selbstmord begehen.«
    »Sie möchten also, dass ich in nächster Zeit ständig an Ihrer Seite bleibe?«, lächelte ich. »Was kommt als Nächstes? Werden Sie mich auffordern, mich selbst zu fesseln?«
    Jabali stieß ein belustigtes Schnauben aus. Terries lächelte, und als er mit der freien Hand eine komplizierte Geste vollführte, die offensichtlich dem Gebäude-Interface galt, schrillten bei mir sämtliche Alarmglocken. Avery Cates, der Vollidiot. Das Licht erlosch. Das Labor hatte keine Fenster, und die Dunkelheit hier war völlig undurchdringlich. Während das Adrenalin durch meine Adern gepumpt wurde, ließ ich mich fallen und plumpste wie ein nasser Sack schmerzhaft auf den Fußboden. Zwei Schüsse waren zu hören, das Mündungsfeuer erhellte den Raum wie Stroboskoplampen, und so sah ich Jabali und Terries gleich einem bizarren Stillleben, in gänzlich unwirklich blau-grauen Farben.
    Augenblicklich kroch ich weiter, so leise wie möglich. Einen Großteil des Grundrisses dieses Labors hatte ich noch im Kopf zumindest von dem Teil, den ich schon gesehen hatte. Natürlich hatte ich die einzelnen Entfernungen nicht abgemessen. Aber notfalls könnte ich mich ja an den Wänden entlangtasten. Der Boden roch nach Desinfektionsmittel, und mein eigener Atem kam mir heiß und sauer vor, während ich auf Ellbogen und Knien immer weiterrobbte. Das hatte ich nun davon, so gottverdammt faul und arrogant gewesen zu sein: Ein beschissener Zivilist hatte mich dazu gebracht, durch die Gegend zu kriechen! Das hatte ich nun von meiner Unentschlossenheit.
    »Mr Gates«, hörte ich Terries sagen, und dann krachte dreimal hintereinander Jabalis Waffe, gefolgt von einem scharrenden Geräusch – Schuhe, die über den Fußboden rutschen. Dann hörte ich, wie irgendetwas Schweres zu Boden krachte. Terries lernte sehr rasch, dass er hier in Wirklichkeit eben nicht das Sagen hatte. Außerdem lernte er eine der goldenen Regeln eines jeden Feuergefechts: Man konnte nur dann im ›Vorteil‹ bleiben, wenn man nichts tat, was die Lage nicht auch für einen selbst deutlich verschlechterte.
    Ich blickte auf, schaute mich hastig um. Ganz in der Nähe entdeckte ich die winzigen Leuchtknöpfe des Aufzugs. Deren Position prägte ich mir genau ein und kroch langsam darauf zu.
    »Sie sollten wissen«, erklärte Terries, und seine Schauspielerstimme war rechts hinter mir, hinter dem Tisch mit den Bildschirmen, »dass ich eine

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