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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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gerichtet, wo irgendwo Terries stecken musste. Seine Stimme hatte mir zumindest einen Anhaltspunkt verschafft. Schmerzhaft grelles Licht fiel in das Labor, als sich die Aufzugstüren tatsächlich öffneten. Doch ich zwang mich dazu, in diesem Gleißen nach Terries zu suchen. Ich entdeckte ihn hinter der Reihe von Monitoren. Sein Gesicht wirkte wie ein rötlicher Vollmond, die Augen hatte er wegen des Gleißens zusammengekniffen. Auch Jabali sah ich. Er kauerte zu meiner Rechten. Ich ignorierte ihn.
    Automatisch hob ich die Hand, legte auf den guten Doktor an, und sofort spürte ich hinter mir eine Bewegung, rasch und effizient. Etwas Kaltes, Metallisches berührte mich am Hinterkopf.
    »Mach’s nicht, du Schwachkopf«, sagte der Cop leise, »sonst reiße ich dir die Beine ab und verprügele dich damit!«
    Eine Sekunde lang spürte ich seinen Atem, warm und süßlich, und ich stellte mir vor, wie Tausende und Abertausende dieser winzigen Drohnen mich umwirbelten wie ein unsichtbarer Windstoß, wie sie tief in ihn eindrangen und seinen Tod vorbereiteten. Ich sah, wie Terries auf der anderen Seite des Raumes die Augen aufriss und mich entsetzt anstierte. Einen Moment lang war er wie erstarrt. Ich suchte mir mein Ziel genau aus. Zwischen zwei Bildschirmen gab es eine Lücke, und dahinter konnte ich Terries’ Bauch erkennen. Ein Bauchschuss wäre nicht sofort tödlich. Doch er wäre schmerzhaft und verhinderte jegliche weitere Aktivität – sehr nützlich, wenn man jemanden ausschalten wollte, ohne endgültig über sein Schicksal entscheiden zu müssen. Wie ein roter Mond stieg Terries’ Kopfüber den Gerätschaften auf, rasiert und gepflegt. Ich hätte nur einen einzigen Finger bewegen müssen, um ihn umzubringen – wenn ich das gewollt hätte.
    Mein Blick glitt hinüber zu Jabali, der reglos dastand, die Waffe halb gesenkt. Er erwiderte meinen Blick und löste ostentativ zwei Finger vom Griff seiner Automatik. Zwei Cops hinter mir! Selbst mit meinem ganzen Geschick hatte ich wohl kaum eine Chance, gleich beide auszuschalten. Ich schaute wieder zu Terries hinüber. Alles hier ging so dermaßen rapide den Bach runter, dass ich kaum hinterherkam. Ich wusste, dass ich keine Gnade verdient hatte. Ich wusste, dass ich ein wirklich schlechter Mensch war. Aber das hier wurde allmählich lächerlich.
    Mit dem Wissen, völlig im Arsch zu sein, geht ein gewisses Gefühl der Freiheit einher, dachte ich. Avery Gates, der Weltenzerstörer, und betätigte den Abzug genau in dem Moment, in dem der eine Cop mir mit aller Kraft den Lauf seiner Waffe in den Nacken rammte. Mein Schuss verfehlte sein Ziel. Terries kreischte zwar auf und stürzte zu Boden, aber ich hatte ihn offensichtlich nicht erledigt. Denn auf dem Boden kreischte er weiter und schlug um sich wie ein Besessener.
    »Du«, sagte der Cop, dessen Lippen fast mein Ohr berührten, »bist aber wirklich ein ganz echter Schwachkopf, was?«
    Ich schloss die Augen und dachte nur: Jou. Ich hörte das Rascheln von Stoff und verzog das Gesicht, kurz bevor mich der Griff seiner Waffe am Schädel traf.

XII
    Tag sechs:
    vielleicht überlebte ich das Ganze
    ja sogar
     
     
    Als ich aus vernebelter Halbbewusstlosigkeit erwachte, musste ich feststellen, dass ich in einem Raum eingesperrt war – zusammen mit echten Arschlöchern.
    Sie waren zu zweit: riesige Burschen mit ständig aufgeschrammten Fingerknöcheln und hässlichen Nikotinflecken an den Fingern. Der eine davon war schon älter, vielleicht dreißig. Er wurde allmählich kahl und fett. Er trug einen purpurnen Anzug, der so geschickt geschnitten war, dass er beinahe sogar seinen beachtlichen Wanst verbarg. Der Stoff schimmerte jedes Mal, wenn der Kerl sich bewegte. Mit ausladenden Bewegungen legte er Hut und Jackett ab, sobald er den Raum betrat – und das hatte er schon Dutzende Male getan, und jedes Mal nahm er sich genauso viel Zeit, Hut und Jackett sorgfältig wieder anzuziehen, wenn er wieder ging. Es wäre durchaus unterhaltsam gewesen, ihn bei diesem Spiel zu beobachten, wenn er nicht jeden Augenblick, den er sich in diesem Raum aufhielt, damit verbracht hätte, mich nach Strich und Faden zu verprügeln.
    Der andere saß auf einem Tisch nahe der Tür dieses Verhörzimmers, kaute auf dem Tabak frisch zerbröselter Zigaretten herum und beobachtete das Schauspiel. Er sah aus, als würde er jeden Moment aus seinem Anzug platzen. Sein Hemdkragen mühte sich redlich, die hervortretenden Adern und Muskelpakete an seinem Hals

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