Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche
geworden war. Wir drehten uns immer noch um die eigene Achse, jetzt aber sehr viel langsamer, und schrammten dabei unsanft über den Boden. Meine Hand umklammerte immer noch Henses Mantel, so fest, dass meine Fingerknöchel schmerzten, und ich schaute den Colonel an. Zu meiner großen Überraschung lächelte sie. Ihre Zähne waren makellos weiß und perfekt, eindeutig das Ergebnis anständiger ärztlicher Behandlungen.
»Mr Gates«, sagte sie, und zum ersten Mal klang ihre Stimme doch ein wenig unsicher, »während dieser Aktion hier waren Sie wirklich verdammt nutzlos.«
Irgendetwas krachte, dann rollte Marko zurück in die Kabine. Er war voller Staub und Dreck, aus einer tiefen Schnittwunde in der Stirn quollen erschreckende Mengen Blut. Unsicher kam er auf die Knie, und es gelang ihm tatsächlich, mehr oder minder aufrecht zu bleiben.
»Lebt hier hinten noch jemand? Dieser Mann da«, sprach er sofort weiter, ohne eine Antwort auf seine Frage abzuwarten, »ist völlig wahnsinnig! Der hat den ganzen Absturz lang nur gelacht, als wäre das hier bloß ein Riesenspaß!«
»Weichei!«, drang Happlings spöttische Stimme aus Henses Mantel. »Dieses Weichei hat im Cockpit gebetet! Zu Gott oder so!«
Mit einem lauten Stöhnen und einem letzten Zittern kam der Schweber knirschend zum Stillstand.
»Gott sei Dank, verfluchte Scheiße noch mal«, murmelte Marko.
Sofort sprang Hense auf und ging mit forschen Schritten Richtung Cockpit. »Happ? Bei Ihnen alles in Ordnung?«
»Alles prima«, rief Happling zurück. »Ich glaube, der Pilot ist der Einzige, der einen Absturz mit diesem Kahn hier überleben soll!«
Paris. Genau wie Newark eine Geisterstadt, dabei aber viel größer, dachte ich. »Mir geht es auch gut«, sagte ich, zwang mich dazu, meine Sicherheitsgurte zu lösen und mich aufzurichten. Meine Beine zitterten, vor meinen Augen drehte sich alles. »Danke der Nachfrage, verdammt.«
»Mr Marko«, sagte Hense, »das war gute Arbeit. Wenn Sie jetzt bitte unsere Position bestimmen würden? Und dann scannen Sie doch bitte einmal die Umgebung und lassen Sie mich wissen, was uns da draußen erwartet.«
Happling erschien in der Luke, die Hände gegen die Oberschwelle gestützt. Er sah frisch und munter und unverletzt aus, der Dreckskerl. »Wir sind eine halbe Meile hinter der Stadtgrenze von Paris, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen«, erklärte er zufrieden. »Ich habe noch etwas erkennen können, bevor es uns runtergerissen hat.«
Marko kniete immer noch auf dem Deck. »Klar, klar. Lassen Sie mir eine Minute Zeit! Ich will nur gerade versuchen, meine Lungenflügel wieder in meinen Brustkorb zurückzuwürgen.« Zitternd holte er tief Luft und griff dann nach seiner Tasche. Es beruhigte mich doch sehr, dass auch seine Arme zitterten, als er sich bewegte. Wenigstens war dieser Scheiß-Techie genauso erschöpft wie ich.
Zufrieden schaute ich zu, wie der junge Bursche einige seiner Gerätschaften zusammensammelte und dann mit matten Handbewegungen die ersten Befehle eingab. Wieder war sein Gesicht in das kränklich-grüne Licht seines kleinen Displays getaucht. »Ich sehe da draußen keinerlei Lebensformen«, sagte er. »Sieht ganz so aus, als wären wir nur eine Meile von der Innenstadt entfernt, genau wie der Captain gesagt hat. Ich habe auch schon das Funkfeuer geortet. Das sollte uns eigentlich geradewegs zu dessen Ursprung führen -ich vermute, zu Mr Kieth.« Matt ließ er den Arm sinken und blickte sich um. »Ich schätze mal, von hier aus geht’s zu Fuß weiter.«
Happling beute sich vor und gab ihm einen Klaps auf den Rücken. »Du kannst dich ja auf meine Schulter setzen -wie so ’n Scheiß-Papagei.«
Hense war schon wieder ganz in ihre Arbeit vertieft: Mit einigen sehr effizienten Bewegungen überprüfte sie ihre Waffe und blickte sich um. »Wir sind alle noch am Leben, und wir sind unverletzt. Gehen wir! Ist ja nicht so, als hätten wir ewig Zeit. «
Happling richtete sich auf. »Genau. Sammel deinen Kram zusammen, Marko!« Dann blickte der große Mann mich an, doch er sagte kein Wort, sondern kam in die Kabine gestürmt und holte sich seine Tasche mit den Waffen, riss sie auf und zog eines der Shredder-Gewehre hervor. Er warf das Magazin aus, überprüfte es mit unbekümmerter Miene, und ließ es dann wieder einrasten. Ein fast unhörbar leises Heulen verriet mir, dass die Waffe jetzt die Patronen durchzählte. Dann leuchtete das kleine Display des Gewehrs grün auf, und Happling grinste.
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