Something like love
sehen.
»Ich… äh…« Sie schweigt einen Moment. »Ich habe mich gefragt, ob… ob da was ist zwischen dir und Jason.«
»Was? Nein! Wie kommst du denn darauf?«
»Weil du jeden Tag mit ihm zusammen zu Mittag isst.«
»Ich dachte, darüber wärst du nicht sauer. Ich hab dir doch gesagt, es ist, weil…«
»Ich bin nicht sauer. Ich dachte nur… Ich sehe doch, wie du dich verhältst, wenn du mit ihm zusammen bist.«
Das kann heikel werden. Ich könnte sie fragen, was genau sie damit meint. Natürlich würde ich das gern wissen. Aber dann müssten wir darüber reden. Es ist besser, nicht näher drauf einzugehen.
»Wir sind einfach nur befreundet«, sage ich. »Du weißt doch, dass er mit Erin zusammen ist.«
»Ja, ich weiß.«
»Wir verstehen uns nur gut, mehr ist da nicht.«
Ich sehe Danielle an, dass sie mir nicht glaubt. Wir sind uns vertraut. Sie kennt mich. Und weil wir uns vertraut sind und sie mich kennt, lässt sie es bei meiner Antwort bewenden. Daran erkennt man eine gute Freundin. Wenn sie einem ein Gespräch erspart, das man nicht führen möchte.
Als ich zum Englischunterricht gehe, laufe ich in die falsche Richtung. Ich komme garantiert zu spät. Das ist keine bewusste Entscheidung – irgendetwas bringt mich dazu, einen anderen Weg als sonst einzuschlagen. Man ist so an die tägliche Routine gewöhnt, dass man manchmal gar nicht weiß, wie man von A nach B gelangt. Und plötzlich kommt man an einen bestimmten Punkt, ohne zu wissen, wie man dort gelandet ist. Ich bin zwar daran gewöhnt, zwischen den einzelnen Unterrichtsstunden einfach abzuschalten, aber heute verspüre ich den starken Drang, mich für eine andere Richtung zu entscheiden. Also tu ich es.
Und da steht Jason. Gleich um die Ecke.
»Hey«, sagt er. »Man sieht dich doch sonst nie vor der vierten Stunde.«
»Tja… aber hier bin ich.«
»Schön. Was hast du jetzt?«
»Äh… Englisch.«
»Bei Mrs DeFranco?«
»Nein, bei Ms Martin.«
»Sie soll ganz nett sein.«
»Ja, ich mag sie.«
Es klingelt.
»Sehen wir uns beim Essen?«, fragt Jason.
»Ja.«
Wir gehen gleichzeitig los und stoßen zusammen. Ich mit ihm oder er mit mir. Schwer zu sagen.
»Oh!«, sage ich. »Tut mir leid!«
»Nein, es war meine Schuld. Ich habe diese Sache mit dem Pass-auf-wo-du-langgehst immer noch nicht ganz begriffen.«
Wir machen einen neuen Versuch loszugehen, ohne zusammenzustoßen. Wir machen beide einen Schritt zur selben Seite, dann zur anderen.
»Boah«, sagt Jason. »Vielleicht sollte einer von uns den anderen vorgehen lassen.«
»Ich bleib stehen.«
»Ich geh jetzt los.«
Jason schafft es schließlich.
Alle Schüler gehen in ihre Klassen. Ich bleibe einfach stehen und versuche, all das zu begreifen. Was hat mich dazu gebracht, diesen Weg zu wählen, obwohl ich wusste, dass ich zu spät kommen würde? War das vorherbestimmtes Schicksal? Oder habe ich mein Schicksal beeinflusst?
14
Heute ist einer dieser typischen Frühlingssonntage. Mom arbeitet im Garten und sät Sonnenblumensamen. Dad liegt mit einem neuen Kreuzworträtselheft in seinem Liegesessel. Erin ist hier. Wir sitzen in meinem Zimmer und gucken einen Film. Genau wie wir das schon tausendmal vorher gemacht haben. Nur dass heute etwas anders ist.
Heute habe ich ein schlechtes Gewissen.
Erin hat nichts dagegen, dass Jason und ich die Mittagspause zusammen verbringen. Sie weiß, dass wir inzwischen befreundet sind. Bevor wir alle zusammen Pizza essen waren, hatte sie sich Sorgen gemacht, dass wir uns vielleicht nicht mögen würden, und dabei freute sie sich schon so sehr auf gemeinsame Unternehmungen. Deshalb ist sie erleichtert, dass Blake Jason als ebenbürtig akzeptiert und dass auch ich gern mit ihm zusammen bin. Keine Ahnung, ob der Goldene Kreis irgendwas zu ihr gesagt hat – lange genug angestarrt haben sie uns ja. Und selbst wenn, würde Erin ihr Geschwätz nie im Leben ernst nehmen. In Erins Vorstellung existieren Jason und ich ausschließlich in Verbindung mit ihr. Manchmal ist das bei ihr wirklich so – dann sieht sie nur das, was sie sehen will. Eine Art Tunnelblick, der sie für alles andere blind macht.
Erin will wissen, was Jason über sie gesagt hat. Aber Jason spricht eigentlich nie über Erin. Wann immer ich sie erwähne, ändert er drei Sekunden später das Thema. Dabei erwähne ich sie weitaus seltener, als ich eigentlich sollte. Und genau deshalb fällt es mir schwer, Erins Fragen zu beantworten.
»Aber was hat er denn gesagt?«, will sie
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