Sommer der Entscheidung
fertig.“
„Deswegen bist du nicht zum Stand gekommen?“
„Ach, es ist dir aufgefallen? Hast du mich vermisst?“
Sie hatte ihn vermisst, wie sich ein grauer Himmel nach Sonnenschein sehnt. Ihr Job war unerträglich. Ihr Leben warunerträglich, und sie war sich nicht sicher, was sie daran ändern sollte. Dann war Billy Whitlock aufgetaucht, und plötzlich hatte sie einen Grund aufzustehen, zu planen und ein wenig zu träumen.
„Du hast mir noch nicht geantwortet“, bemerkte er.
Ihre Hände zitterten. Sie war solch eine Novizin, eine Anfängerin, ein Landei. Sie schloss die Augen. „Billy, was willst du?“
„Was heißt das?“
Die Fassade von Weltgewandtheit, die sie bis dahin hatte aufrechthalten können, schmolz dahin. „Ich bin ein Niemand. Du bist jemand. Ich bin arm, und du bist reich. Ich bin ein Mädchen vom Lande, und du bist ein Junge aus der Stadt.“
„Du bist blond, ich bin brünett“, sagte er. Sie konnte sein Grinsen in der Stimme hören.
Sie stampfte mit dem Fuß auf, was das Schaukeln abdämmen ließ. „Ich meine es ernst, du nicht!“
„Nancy, alles was ich will, ist ein wenig Gesellschaft. Ich werde hier noch einige Monate sein. Können wir nicht einfach ein bisschen Zeit miteinander verbringen? Ein wenig Spaß zusammen haben? Ich mag dich. Magst du mich nicht?“
Sie öffnete die Augen wieder und drehte ihren Kopf, um ihn anzusehen. Das war ein Fehler. Er lehnte sich zu ihr herüber. Ihre Lippen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, und es war einfach zu spät, um aufzustehen und damit ein Drama zu veranstalten.
Sie wollte sich nicht anstellen. Sie wollte ihn küssen. Nancy nahm an, dass er mehr wollte, aber wenigstens war das für sie ein Anfang.
Der Kuss war das Beste, was ihr jemals passiert war. William war im Küssen erfahren, sie nicht. Aber das schien ihmnichts auszumachen, auch wenn sie nicht so recht wusste, wo sie mit ihrer Nase hin sollte und wie weit man die Lippen auseinandermachte. Er lächelte, obwohl er sie noch küsste.
„Gefällt dir das?“, fragte er leise.
„Hmmm.“
Und ihr gefiel auch der nächste Kuss und der danach. Und alles, was in den darauffolgenden Wochen passierte, gefiel ihr noch besser.
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
20. KAPITEL
V or Kayleys Tod war jeder Samstag ein besonderer Tag. Mack hatte sich vorgenommen, an Samstagen rigoros keine Termine zu machen, um sie zusammen mit Tessa und Kayley verbringen zu können. Als Kayley gestorben war, verwandelten sich die Samstage in Wochentage, die nie zu enden schienen. Die einzige Möglichkeit, wie Mack sie durchstehen konnte, war, dass er sich so viel wie möglich vornahm.
Dieser bestimmte Samstag drohte eine Ewigkeit zu dauern. Im Haushalt gab es nichts zu tun, weil am Freitag die Haushaltshilfe geputzt hatte. Nicht nur war kein Staubkörnchen zu sehen, und alles war aufgeräumt, auch der Kühlschrank war voll mit den Lebensmitteln, die Mack ihr zu kaufen aufgetragen hatte.
Sein Computer hielt keine wichtigen E-Mails bereit, und der Anrufbeantworter war immer noch abgeschaltet. Sein Palm Pilot zeigte nichts unter der Rubrik „Termine“, da ein geplantes Golfturnier – Golfen war eh nicht gerade seine Lieblingssportart – abgesagt worden war. Auch der Hund war nicht mehr da, mit dem er im Park hätte spazieren gehen können. Seine Frau war fort – mit ihr hätte er sonst in einem Restaurant frühstücken gehen können –, die Tochter …
Er aß ein paar Cornflakes mit Milch, duschte und rasierte sich und sah der Wahrheit ins Gesicht, dass dies der ideale Tag wäre, um nach Toms Brook hinauszufahren. Aber er hatte keine Lust dazu.
Als er sich im Schlafzimmer anzog, stellte Mack fest, dass seine Einsamkeit ein Ausmaß erreicht hatte, das nahe an einer Krise war. Er wollte die Leere in seinem Leben mit Farbe füllen. Seine Frau war vielleicht nur noch physisch da; ihre Vergangenheit war ausgelöscht.
Ihre Vergangenheit war ausgelöscht.
Er sah sich im Schlafzimmer um und registrierte, dass Tessas Nachtschrank leer war, nichts auf der Kommode lag, dass die Wand, wo früher gerahmte Bilder von Kayley hingen, keine Spuren der Vergangenheit mehr zeigte. Aber plötzlich kam ihm der Tag nicht so vor, als sei er ein leeres Gefäß, das mit Inhalt gefüllt werden müsse.
Eine Stunde später trat er einen Schritt zurück und sah sich die Sachen an, die Tessa vor langer Zeit in Kartons in den Keller verbannt hatte. Er hatte sie hervorgeholt und
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