Sommer der Entscheidung
wie sie vom Parkplatz fuhr und in Richtung Highway davonstob. Sie befürchtete, dass das gerade der aufregendste Moment ihres Sommers gewesen war. So plötzlich, wie er geschehen war, war er auch schon vorüber.
Billy kam von da an jeden Tag zum Stand. Eine Woche lang redete sich Nancy ein, dass er sich nur langweile, dass er niemanden kenne und dass ihm ihr hübsches Gesicht reiche, um sich mit ihr zu unterhalten. Manchmal kam er auch, wenn Helen da war, und unterhielt sich mit ihrer Mutter auf respektvolle, charmante Weise – aber natürlich widerstand Helen ihm. Sie war gegen seinen Charme selbstverständlich immun.
Freitagabend – dass Billy sie zum ersten Mal gesehen hatte, war eine Woche her – saß Nancy auf der Veranda. Ihre Füße stemmte sie gegen das Geländer. Helen, die bereits vor dem Morgengrauen aufgestanden war, hatte sich schon schlafen gelegt. Nancy war zu erschöpft, um zu schlafen. Es war ein schrecklich anstrengender Tag gewesen, weil jeder, der bei ihr etwas kaufte, lang und breit über den neuesten Klatsch berichtete. Wenn sie noch ein einziges Wort über die Hühneraugen von Mrs. Maidie hörte, würde sie der alten Frau einen ganzen Eimer mit reifen Tomaten auf den Fuß fallen lassen, nur damit sie etwas Neues zu jammern hatte.
Und zum ersten Mal, seitdem sie sich kennengelernt hatten, war Billy nicht am Stand vorbeigekommen.
Sie hörte ein Motorengeräusch, noch bevor sie das Licht der Scheinwerfer auf der Straße sehen konnte. Und sie sah die Scheinwerfer, bevor sie das Auto erkannte. Sie sah zu, wie Billy Whitlock die Geschwindigkeit seiner Corvette drosselte und dann ein Stückchen hinter ihrer Auffahrt zum Halten brachte. Dann rollte der Wagen zurück und bog auf das Grundstück.
„Ich werd verrückt.“ Bevor sie die Worte aussprach, wurde ihr bewusst, wie sie gerade aussah. Sie hatte geduscht, nachdem sie nach Hause gekommen war, und ihre Haare waren noch nass. Sie hatte sich billige geblümte Hosen und ein blaues Hemdchen angezogen, wie sie es früher als Kind angehabt hatte. Ihre Schuhe standen oben in ihrem Zimmer. Sie trug nichts an Make-up im Gesicht außer ein paar verstreuten Sommersprossen, die sie nie loswurde. Sie sah, um es kurz zu machen, ungefähr aus wie zwölf.
Er hatte den Wagen geparkt und kam auf sie zu, bevor sie fliehen konnte.
„Ein schöner Abend“, sagte er und hielt bei den Ahornbäumen im Vorgarten an.
Er wartete darauf, auf die Veranda eingeladen zu werden. Ihre Gedanken gingen in alle möglichen Richtungen, aber daran gab es keinen Zweifel. Sie winkte ihn heran, und er kam die Stufen herauf.
„Du willst mir doch nicht erzählen, dass du zufällig hier herumfährst, oder?“, fragte sie.
„Darf ich mich setzen?“
Sie deutete auf einen Stuhl, der ihr gegenüberstand, aber er setzte sich neben sie auf die Hollywoodschaukel, indem er sie ein wenig mit seiner Hüfte zur Seite stieß.
Nancy fühlte Blitze durch sie hindurchschießen, als sie seinen Körper so dicht neben ihrem spürte. Seit einer Woche hatte sie nachts wach gelegen und sich einen Moment wie diesenausmalen wollen, aber ihre Vorstellungskraft hatte dazu nicht ausgereicht. Sie hatte keine Erfahrungen mit Jungs.
„Dan hat mir erzählt, wo du wohnst“, sagte er.
„Jeder weiß, wo ich wohne. Jeder weiß alles über jeden hier.“
„Das hier ist wirklich das platte Land, nicht wahr?“
Mittlerweile wusste sie, dass er aus Richmond stammte. Sie erkannte es am Auto, an seiner Kleidung und an seinem Akzent, dass er aus dem reichen Teil von Richmond stammte. Es war offensichtlich.
„Du wirst nächstes Jahr an der Universität auf dich aufpassen müssen“, sagte sie. „Oder du musst den nächsten Sommer hier in der echten Hölle verbringen: mit Unkrautjäten und Stallausmisten.“
„Ich wollte nicht sagen, dass es mir auf dem Lande nicht gefällt. Es ist hübsch hier. Die ganze Gegend ist hübsch.“
Sie sah das ganz anders. Natürlich. Für sie waren Bürgersteige und Geschäfte hübsch, große Häuser mit gepflegten Gärten, Frauen, die Pillbox-Hütchen und weiche weiße Handschuhe auf Partys trugen, die auf unendlich großen, grünen, kurz geschnittenen Rasen unter weißen Zelten stattfanden.
„Warum bist du hier?“, wollte sie wissen. „Warum schrubbst du heute Abend keine Töpfe?“
„Ich habe heute frei.“
„An einem Freitag?“
„Dans Familie hilft ihm am Freitag aus. Er braucht mich heute nicht. Ich habe mich angestrengt und war schon um fünf Uhr
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